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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

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Von dem H. Altars-Sacrament.
Es decken die weisse Gestalten die
Gaaben,

So unser Glaub nur allein offen kan
haben.
Exempel.

Die Seelige Himeldis, aus dem
heiligen Prediger-Orden, nachdeme sie
wunderbarlicher Weis das heilige Sacra-
ment empfangen, stirbt glück-
seelig.

Es lebte in Bononien diese Closter-Frau,
als ein Mägdlein von eilff Jahren, so
reiff an Tugenden, daß sie verdient, vor denen
ansonst gewöhnlichen Jahren mit dem heiligen
Ordens-Kleid angethan zu werden. Da sie
nun aus Begierd, den zarten Fronleichnam
zu empfangen, branne, als ware sie deßwegen
beständig an ihrer Oberin, und Beicht-Vatter.
Allein diese, in Betrachtung ihres zarten Al-
ters verschoben es von einem Monat auf den
andern, und von einem Fest-Tag auf den an-
dern. Es kame endlichen das hohe Fest der
Himmelfahrt Christi herbey; indeme dann nun
andere geistliche Schwestern zu dem Tisch des
HErrn getretten, machte sich Himeldis gantz
trostlos in einen Winckel, und beneydete ihre
Mitgespanninen wegen dem grossen Glück, so
sie hatten, und fienge an, bitterlich zu weynen,
und zu seuffzen, glaubend, sie seye die unglück-

seeligste
Von dem H. Altars-Sacrament.
Es decken die weiſſe Geſtalten die
Gaaben,

So unſer Glaub nur allein offen kan
haben.
Exempel.

Die Seelige Himeldis, aus dem
heiligen Prediger-Orden, nachdeme ſie
wunderbarlicher Weis das heilige Sacra-
ment empfangen, ſtirbt glück-
ſeelig.

Es lebte in Bononien dieſe Cloſter-Frau,
als ein Mägdlein von eilff Jahren, ſo
reiff an Tugenden, daß ſie verdient, vor denen
anſonſt gewöhnlichen Jahren mit dem heiligen
Ordens-Kleid angethan zu werden. Da ſie
nun aus Begierd, den zarten Fronleichnam
zu empfangen, branne, als ware ſie deßwegen
beſtändig an ihrer Oberin, und Beicht-Vatter.
Allein dieſe, in Betrachtung ihres zarten Al-
ters verſchoben es von einem Monat auf den
andern, und von einem Feſt-Tag auf den an-
dern. Es kame endlichen das hohe Feſt der
Himmelfahrt Chriſti herbey; indeme dann nun
andere geiſtliche Schweſtern zu dem Tiſch des
HErrn getretten, machte ſich Himeldis gantz
troſtlos in einen Winckel, und beneydete ihre
Mitgeſpanninen wegen dem groſſen Glück, ſo
ſie hatten, und fienge an, bitterlich zu weynen,
und zu ſeuffzen, glaubend, ſie ſeye die unglück-

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[29/0066] Von dem H. Altars-Sacrament. Es decken die weiſſe Geſtalten die Gaaben, So unſer Glaub nur allein offen kan haben. Exempel. Die Seelige Himeldis, aus dem heiligen Prediger-Orden, nachdeme ſie wunderbarlicher Weis das heilige Sacra- ment empfangen, ſtirbt glück- ſeelig. Es lebte in Bononien dieſe Cloſter-Frau, als ein Mägdlein von eilff Jahren, ſo reiff an Tugenden, daß ſie verdient, vor denen anſonſt gewöhnlichen Jahren mit dem heiligen Ordens-Kleid angethan zu werden. Da ſie nun aus Begierd, den zarten Fronleichnam zu empfangen, branne, als ware ſie deßwegen beſtändig an ihrer Oberin, und Beicht-Vatter. Allein dieſe, in Betrachtung ihres zarten Al- ters verſchoben es von einem Monat auf den andern, und von einem Feſt-Tag auf den an- dern. Es kame endlichen das hohe Feſt der Himmelfahrt Chriſti herbey; indeme dann nun andere geiſtliche Schweſtern zu dem Tiſch des HErrn getretten, machte ſich Himeldis gantz troſtlos in einen Winckel, und beneydete ihre Mitgeſpanninen wegen dem groſſen Glück, ſo ſie hatten, und fienge an, bitterlich zu weynen, und zu ſeuffzen, glaubend, ſie ſeye die unglück- ſeeligſte

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Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/66>, abgerufen am 28.11.2024.