Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtungen
nünfftigen Seel begabt, so fähig ist, das Gute
zu erkennen, und mit dem Willen solches zu er-
greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat
sich ihme selbst gegeben, und seine eigene Wee-
senheit, in und durch welche der Mensch be-
steht. Als er Ihme zu lieb den Himmel,
die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter
und Lebens-Nahrung erschaffen; was hat er
ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini-
gen. Und, da er Mensch worden, wolte er
ein schmertzhäfftes Leyden ertragen, und ster-
ben an einem Creutz, wie der gottloseste Ubel-
thäter. Was gabe er dann da dem Men-
schen? Er gabe sich selbst für ihne. Was ga-
be er ihme aber in dem Allerheiligsten Altars-
Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih-
me in der Erschaffung zukommen lassen? ...
Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge-
theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh-
rer; massen GOtt sich selbst gantz in seinem
zarten Fronleichnam uns geschenckt; und zwar
auf eine solche Art, daß der Heilige Prosper
gleichsam vor Erstaunung gantz ausser sich auf-
ruffte: Du hast nichts/ o GOtt! für dich
behalten/ so du uns nicht gegeben.
Nichts
wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri-
ent;
sintemahlen GOtt in diesem Allerheilig-
sten Liebs-Geheimnuß die ohnschätzbare Schä-
tze seiner ohnermessenen Reichthumen ausge-
gossen, da er uns gegeben so viel als er selbst,
als Mensch, hatte; das ist, sein Leib und Blut;

so

Betrachtungen
nünfftigen Seel begabt, ſo fähig iſt, das Gute
zu erkennen, und mit dem Willen ſolches zu er-
greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat
ſich ihme ſelbſt gegeben, und ſeine eigene Wee-
ſenheit, in und durch welche der Menſch be-
ſteht. Als er Ihme zu lieb den Himmel,
die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter
und Lebens-Nahrung erſchaffen; was hat er
ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini-
gen. Und, da er Menſch worden, wolte er
ein ſchmertzhäfftes Leyden ertragen, und ſter-
ben an einem Creutz, wie der gottloſeſte Ubel-
thäter. Was gabe er dann da dem Men-
ſchen? Er gabe ſich ſelbſt für ihne. Was ga-
be er ihme aber in dem Allerheiligſten Altars-
Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih-
me in der Erſchaffung zukommen laſſen? ...
Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge-
theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh-
rer; maſſen GOtt ſich ſelbſt gantz in ſeinem
zarten Fronleichnam uns geſchenckt; und zwar
auf eine ſolche Art, daß der Heilige Proſper
gleichſam vor Erſtaunung gantz auſſer ſich auf-
ruffte: Du haſt nichts/ o GOtt! für dich
behalten/ ſo du uns nicht gegeben.
Nichts
wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri-
ent;
ſintemahlen GOtt in dieſem Allerheilig-
ſten Liebs-Geheimnuß die ohnſchätzbare Schä-
tze ſeiner ohnermeſſenen Reichthumen ausge-
goſſen, da er uns gegeben ſo viel als er ſelbſt,
als Menſch, hatte; das iſt, ſein Leib und Blut;

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0047" n="10"/><fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
nünfftigen Seel begabt, &#x017F;o fähig i&#x017F;t, das Gute<lb/>
zu erkennen, und mit dem Willen &#x017F;olches zu er-<lb/>
greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat<lb/>
&#x017F;ich ihme &#x017F;elb&#x017F;t gegeben, und &#x017F;eine eigene Wee-<lb/>
&#x017F;enheit, in und durch welche der Men&#x017F;ch be-<lb/>
&#x017F;teht. Als er Ihme zu lieb den Himmel,<lb/>
die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter<lb/>
und Lebens-Nahrung er&#x017F;chaffen; was hat er<lb/>
ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini-<lb/>
gen. Und, da er Men&#x017F;ch worden, wolte er<lb/>
ein &#x017F;chmertzhäfftes Leyden ertragen, und &#x017F;ter-<lb/>
ben an einem Creutz, wie der gottlo&#x017F;e&#x017F;te Ubel-<lb/>
thäter. Was gabe er dann da dem Men-<lb/>
&#x017F;chen? Er gabe &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t für ihne. Was ga-<lb/>
be er ihme aber in dem Allerheilig&#x017F;ten Altars-<lb/>
Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih-<lb/>
me in der Er&#x017F;chaffung zukommen la&#x017F;&#x017F;en? ...<lb/>
Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge-<lb/>
theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh-<lb/>
rer; ma&#x017F;&#x017F;en GOtt &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gantz in &#x017F;einem<lb/>
zarten Fronleichnam uns ge&#x017F;chenckt; und zwar<lb/>
auf eine &#x017F;olche Art, daß der Heilige <hi rendition="#aq">Pro&#x017F;per</hi><lb/>
gleich&#x017F;am vor Er&#x017F;taunung gantz au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich auf-<lb/>
ruffte: <hi rendition="#fr">Du ha&#x017F;t nichts/ o GOtt! für dich<lb/>
behalten/ &#x017F;o du uns nicht gegeben.</hi> Nichts<lb/>
wiederholet der heilige Kirchen-Rath von <hi rendition="#aq">Tri-<lb/>
ent;</hi> &#x017F;intemahlen GOtt in die&#x017F;em Allerheilig-<lb/>
&#x017F;ten Liebs-Geheimnuß die ohn&#x017F;chätzbare Schä-<lb/>
tze &#x017F;einer ohnerme&#x017F;&#x017F;enen Reichthumen ausge-<lb/>
go&#x017F;&#x017F;en, da er uns gegeben &#x017F;o viel als er &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
als Men&#x017F;ch, hatte; das i&#x017F;t, &#x017F;ein Leib und Blut;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0047] Betrachtungen nünfftigen Seel begabt, ſo fähig iſt, das Gute zu erkennen, und mit dem Willen ſolches zu er- greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat ſich ihme ſelbſt gegeben, und ſeine eigene Wee- ſenheit, in und durch welche der Menſch be- ſteht. Als er Ihme zu lieb den Himmel, die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter und Lebens-Nahrung erſchaffen; was hat er ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini- gen. Und, da er Menſch worden, wolte er ein ſchmertzhäfftes Leyden ertragen, und ſter- ben an einem Creutz, wie der gottloſeſte Ubel- thäter. Was gabe er dann da dem Men- ſchen? Er gabe ſich ſelbſt für ihne. Was ga- be er ihme aber in dem Allerheiligſten Altars- Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih- me in der Erſchaffung zukommen laſſen? ... Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge- theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh- rer; maſſen GOtt ſich ſelbſt gantz in ſeinem zarten Fronleichnam uns geſchenckt; und zwar auf eine ſolche Art, daß der Heilige Proſper gleichſam vor Erſtaunung gantz auſſer ſich auf- ruffte: Du haſt nichts/ o GOtt! für dich behalten/ ſo du uns nicht gegeben. Nichts wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri- ent; ſintemahlen GOtt in dieſem Allerheilig- ſten Liebs-Geheimnuß die ohnſchätzbare Schä- tze ſeiner ohnermeſſenen Reichthumen ausge- goſſen, da er uns gegeben ſo viel als er ſelbſt, als Menſch, hatte; das iſt, ſein Leib und Blut; ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/47
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/47>, abgerufen am 21.11.2024.