Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.Betrachtungen nünfftigen Seel begabt, so fähig ist, das Gutezu erkennen, und mit dem Willen solches zu er- greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat sich ihme selbst gegeben, und seine eigene Wee- senheit, in und durch welche der Mensch be- steht. Als er Ihme zu lieb den Himmel, die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter und Lebens-Nahrung erschaffen; was hat er ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini- gen. Und, da er Mensch worden, wolte er ein schmertzhäfftes Leyden ertragen, und ster- ben an einem Creutz, wie der gottloseste Ubel- thäter. Was gabe er dann da dem Men- schen? Er gabe sich selbst für ihne. Was ga- be er ihme aber in dem Allerheiligsten Altars- Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih- me in der Erschaffung zukommen lassen? ... Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge- theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh- rer; massen GOtt sich selbst gantz in seinem zarten Fronleichnam uns geschenckt; und zwar auf eine solche Art, daß der Heilige Prosper gleichsam vor Erstaunung gantz ausser sich auf- ruffte: Du hast nichts/ o GOtt! für dich behalten/ so du uns nicht gegeben. Nichts wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri- ent; sintemahlen GOtt in diesem Allerheilig- sten Liebs-Geheimnuß die ohnschätzbare Schä- tze seiner ohnermessenen Reichthumen ausge- gossen, da er uns gegeben so viel als er selbst, als Mensch, hatte; das ist, sein Leib und Blut; so
Betrachtungen nünfftigen Seel begabt, ſo fähig iſt, das Gutezu erkennen, und mit dem Willen ſolches zu er- greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat ſich ihme ſelbſt gegeben, und ſeine eigene Wee- ſenheit, in und durch welche der Menſch be- ſteht. Als er Ihme zu lieb den Himmel, die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter und Lebens-Nahrung erſchaffen; was hat er ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini- gen. Und, da er Menſch worden, wolte er ein ſchmertzhäfftes Leyden ertragen, und ſter- ben an einem Creutz, wie der gottloſeſte Ubel- thäter. Was gabe er dann da dem Men- ſchen? Er gabe ſich ſelbſt für ihne. Was ga- be er ihme aber in dem Allerheiligſten Altars- Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih- me in der Erſchaffung zukommen laſſen? ... Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge- theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh- rer; maſſen GOtt ſich ſelbſt gantz in ſeinem zarten Fronleichnam uns geſchenckt; und zwar auf eine ſolche Art, daß der Heilige Proſper gleichſam vor Erſtaunung gantz auſſer ſich auf- ruffte: Du haſt nichts/ o GOtt! für dich behalten/ ſo du uns nicht gegeben. Nichts wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri- ent; ſintemahlen GOtt in dieſem Allerheilig- ſten Liebs-Geheimnuß die ohnſchätzbare Schä- tze ſeiner ohnermeſſenen Reichthumen ausge- goſſen, da er uns gegeben ſo viel als er ſelbſt, als Menſch, hatte; das iſt, ſein Leib und Blut; ſo
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Betrachtungen
nünfftigen Seel begabt, ſo fähig iſt, das Gute
zu erkennen, und mit dem Willen ſolches zu er-
greiffen; was hat er ihme gegeben? Er hat
ſich ihme ſelbſt gegeben, und ſeine eigene Wee-
ſenheit, in und durch welche der Menſch be-
ſteht. Als er Ihme zu lieb den Himmel,
die Stern, Element, Pflantzen, Kräuter
und Lebens-Nahrung erſchaffen; was hat er
ihme gegeben? Er gabe ihme von dem Seini-
gen. Und, da er Menſch worden, wolte er
ein ſchmertzhäfftes Leyden ertragen, und ſter-
ben an einem Creutz, wie der gottloſeſte Ubel-
thäter. Was gabe er dann da dem Men-
ſchen? Er gabe ſich ſelbſt für ihne. Was ga-
be er ihme aber in dem Allerheiligſten Altars-
Geheimnuß? Vielleicht alles das, was er ih-
me in der Erſchaffung zukommen laſſen? ...
Weit mehrer. Vielleicht, was er ihme mitge-
theilt, ihne zu erhalten? Ach! noch weit meh-
rer; maſſen GOtt ſich ſelbſt gantz in ſeinem
zarten Fronleichnam uns geſchenckt; und zwar
auf eine ſolche Art, daß der Heilige Proſper
gleichſam vor Erſtaunung gantz auſſer ſich auf-
ruffte: Du haſt nichts/ o GOtt! für dich
behalten/ ſo du uns nicht gegeben. Nichts
wiederholet der heilige Kirchen-Rath von Tri-
ent; ſintemahlen GOtt in dieſem Allerheilig-
ſten Liebs-Geheimnuß die ohnſchätzbare Schä-
tze ſeiner ohnermeſſenen Reichthumen ausge-
goſſen, da er uns gegeben ſo viel als er ſelbſt,
als Menſch, hatte; das iſt, ſein Leib und Blut;
ſo
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