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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

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Betrachtungen.
er zugleich im Himmel und auf Erden wohne,
daß er sitze zur Rechten des Vatters, und zu-
gleich mit uns vereiniget seye; daß er von uns
als eine Speis genossen, aber nicht verzehret
werde; daß er uns nähre; jedoch nicht in un-
sere Weesenheit verwandlet werde, sondern
uns in sich verändere. Welch Wunder-volle
Erfindungen seynd diese nicht der Göttlichen
Weißheit, so ja kein erschaffener Verstand be-
greiffen kan? Was noch mehr, hat diese Weiß-
heit eine Art erfunden, durch welche JEsus
weit vortheilhafftiger für uns in diesem Sacra-
ment, als, da er bey uns auf der Erden herum
wanderte zugegen; massen damahls nur allezeit
ein einiges Ort seine Allerheiligste Gegenwart
genossen, die übrige alle waren solcher Freuden
beraubt. Da er damahls einem eine Gnad
erwiesen, thate er deßwegen seine Barmher-
zigkeit nicht auch gegen andere zeigen; da er
hingegen in dem heiligen Sacrament sich aller
Orten, in allen Kirchen, Städt und Reich be-
findet; nur, damit er allen könne Gutes thun,
und alle erhöre, so zu ihme fliehen, alle tröste,
und mit Göttlichen Gaaben erfülle. Und da
wohnt er Tag und Nacht, gleich, als wartete
er nur auf uns. Er ist da endlichen, sich mit
uns auf eine weit vollkommnere Weis zu ver-
einigen, als er ehemahls persöhnlich gethan;
dann damahls hörte, und sahe man ihne nur;
Er theilte sich uns also nur äusserlich mit; da
aber kommt er mit Leib und Seel, GOtt- und

Mensch-

Betrachtungen.
er zugleich im Himmel und auf Erden wohne,
daß er ſitze zur Rechten des Vatters, und zu-
gleich mit uns vereiniget ſeye; daß er von uns
als eine Speis genoſſen, aber nicht verzehret
werde; daß er uns nähre; jedoch nicht in un-
ſere Weeſenheit verwandlet werde, ſondern
uns in ſich verändere. Welch Wunder-volle
Erfindungen ſeynd dieſe nicht der Göttlichen
Weißheit, ſo ja kein erſchaffener Verſtand be-
greiffen kan? Was noch mehr, hat dieſe Weiß-
heit eine Art erfunden, durch welche JEſus
weit vortheilhafftiger für uns in dieſem Sacra-
ment, als, da er bey uns auf der Erden herum
wanderte zugegen; maſſen damahls nur allezeit
ein einiges Ort ſeine Allerheiligſte Gegenwart
genoſſen, die übrige alle waren ſolcher Freuden
beraubt. Da er damahls einem eine Gnad
erwieſen, thate er deßwegen ſeine Barmher-
zigkeit nicht auch gegen andere zeigen; da er
hingegen in dem heiligen Sacrament ſich aller
Orten, in allen Kirchen, Städt und Reich be-
findet; nur, damit er allen könne Gutes thun,
und alle erhöre, ſo zu ihme fliehen, alle tröſte,
und mit Göttlichen Gaaben erfülle. Und da
wohnt er Tag und Nacht, gleich, als wartete
er nur auf uns. Er iſt da endlichen, ſich mit
uns auf eine weit vollkommnere Weis zu ver-
einigen, als er ehemahls perſöhnlich gethan;
dann damahls hörte, und ſahe man ihne nur;
Er theilte ſich uns alſo nur äuſſerlich mit; da
aber kommt er mit Leib und Seel, GOtt- und

Menſch-
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[78/0115] Betrachtungen. er zugleich im Himmel und auf Erden wohne, daß er ſitze zur Rechten des Vatters, und zu- gleich mit uns vereiniget ſeye; daß er von uns als eine Speis genoſſen, aber nicht verzehret werde; daß er uns nähre; jedoch nicht in un- ſere Weeſenheit verwandlet werde, ſondern uns in ſich verändere. Welch Wunder-volle Erfindungen ſeynd dieſe nicht der Göttlichen Weißheit, ſo ja kein erſchaffener Verſtand be- greiffen kan? Was noch mehr, hat dieſe Weiß- heit eine Art erfunden, durch welche JEſus weit vortheilhafftiger für uns in dieſem Sacra- ment, als, da er bey uns auf der Erden herum wanderte zugegen; maſſen damahls nur allezeit ein einiges Ort ſeine Allerheiligſte Gegenwart genoſſen, die übrige alle waren ſolcher Freuden beraubt. Da er damahls einem eine Gnad erwieſen, thate er deßwegen ſeine Barmher- zigkeit nicht auch gegen andere zeigen; da er hingegen in dem heiligen Sacrament ſich aller Orten, in allen Kirchen, Städt und Reich be- findet; nur, damit er allen könne Gutes thun, und alle erhöre, ſo zu ihme fliehen, alle tröſte, und mit Göttlichen Gaaben erfülle. Und da wohnt er Tag und Nacht, gleich, als wartete er nur auf uns. Er iſt da endlichen, ſich mit uns auf eine weit vollkommnere Weis zu ver- einigen, als er ehemahls perſöhnlich gethan; dann damahls hörte, und ſahe man ihne nur; Er theilte ſich uns alſo nur äuſſerlich mit; da aber kommt er mit Leib und Seel, GOtt- und Menſch-

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Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/115>, abgerufen am 24.11.2024.