z. B. an den Charakter der Steuerleistungen in Hinsicht auf äussere und innere Schwankungen, je nachdem sie von dem einen oder von dem anderen Objekt erhoben werden. Im angelsächsischen und nor- mannischen England galten alle Auflagen ausschliesslich dem Land- besitz; im 12. Jahrhundert schritt man dazu, Pachtzinse und Vieh- besitz zu belasten; bald nachher wurden bestimmte Teile des beweg- lichen Eigentums (der 4., 7., 13. Teil) als Steuer erhoben. So wurden die Steuerobjekte immer beweglicher, bis schliesslich das Geldeinkommen als das eigentliche Fundament der Besteuerung auftritt. Damit erhält diese einen bis dahin unerhörten Grad von Beweglichkeit und Nüan- zierung und bewirkt, bei grösserer Sicherheit des Gesamterträgnisses, doch eine sehr viel grössere Variabilität und jährliche Schwankung in der Leistung des Einzelnen. -- Aus dieser unmittelbaren Bedeutung und Betonung vom Boden oder vom Geld für das Tempo des Lebens erklärt sich einerseits der grosse Wert, den sehr konservative Völker auf den Ackerbau legen. Die Chinesen sind überzeugt, dass nur dieser die Ruhe und Beständigkeit der Staaten sichert, und wohl aus diesem Zusammenhange heraus haben sie auf den Verkauf von Ländereien einen ungeheuren Stempel gesetzt; so dass die meisten Landkäufe dort nur privatim und unter Verzicht auf die grundbuchliche Eintragung vollzogen werden. Wo dennoch jene durch das Geld getragene Be- schleunigung des wirtschaftlichen Lebens sich durchgesetzt hat, da sucht sie nun, andrereits, die ihr widerstrebende Form des Grund- besitzes dennoch nach sich zu rhythmisieren. Im vorigen Jahrhundert gab der pennsylvanische Staat Hypotheken auf Privatländereien und liess die einzelnen Abschnitte derselben als Papiergeld kursieren: Franklin schrieb darüber, diese Scheine seien in Wirklichkeit ge- münztes Land. Entsprechend ist bei uns von konservativer Seite hervorgehoben worden, dass die Hypothekengesetzgebung der letzten Jahrzehnte auf eine Verflüssigung des Grundbesitzes hinarbeite und diesen in eine Art Papiergeld verwandle, das man in beliebig vielen Anteilscheinen weggeben könne; so dass, wie auch Waldeck sich aus- drückte, der Grundbesitz nur dazusein scheine, um subhastiert zu werden. Bezeichnend genug mobilisiert das moderne Leben seine Inhalte auch im äusserlichsten Sinne und an manchen Punkten ausserhalb der all- bekannten. Das Mittelalter und noch die Renaissance hatte das, was uns jetzt "Mobilien" in engster Bedeutung sind, wenig im Gebrauch. Schränke, Kredenzen, Sitzbänke waren in die Täfelung eingebaut, Tische und Stühle so schwer, dass sie oft unbeweglich waren, die kleinen, hin und her zu schiebenden Einrichtungsgegenstände fehlten fast ganz. Seitdem erst sind die Möbel gleichsam mobil geworden wie
z. B. an den Charakter der Steuerleistungen in Hinsicht auf äuſsere und innere Schwankungen, je nachdem sie von dem einen oder von dem anderen Objekt erhoben werden. Im angelsächsischen und nor- mannischen England galten alle Auflagen ausschlieſslich dem Land- besitz; im 12. Jahrhundert schritt man dazu, Pachtzinse und Vieh- besitz zu belasten; bald nachher wurden bestimmte Teile des beweg- lichen Eigentums (der 4., 7., 13. Teil) als Steuer erhoben. So wurden die Steuerobjekte immer beweglicher, bis schlieſslich das Geldeinkommen als das eigentliche Fundament der Besteuerung auftritt. Damit erhält diese einen bis dahin unerhörten Grad von Beweglichkeit und Nüan- zierung und bewirkt, bei gröſserer Sicherheit des Gesamterträgnisses, doch eine sehr viel gröſsere Variabilität und jährliche Schwankung in der Leistung des Einzelnen. — Aus dieser unmittelbaren Bedeutung und Betonung vom Boden oder vom Geld für das Tempo des Lebens erklärt sich einerseits der groſse Wert, den sehr konservative Völker auf den Ackerbau legen. Die Chinesen sind überzeugt, daſs nur dieser die Ruhe und Beständigkeit der Staaten sichert, und wohl aus diesem Zusammenhange heraus haben sie auf den Verkauf von Ländereien einen ungeheuren Stempel gesetzt; so daſs die meisten Landkäufe dort nur privatim und unter Verzicht auf die grundbuchliche Eintragung vollzogen werden. Wo dennoch jene durch das Geld getragene Be- schleunigung des wirtschaftlichen Lebens sich durchgesetzt hat, da sucht sie nun, andrereits, die ihr widerstrebende Form des Grund- besitzes dennoch nach sich zu rhythmisieren. Im vorigen Jahrhundert gab der pennsylvanische Staat Hypotheken auf Privatländereien und lieſs die einzelnen Abschnitte derselben als Papiergeld kursieren: Franklin schrieb darüber, diese Scheine seien in Wirklichkeit ge- münztes Land. Entsprechend ist bei uns von konservativer Seite hervorgehoben worden, daſs die Hypothekengesetzgebung der letzten Jahrzehnte auf eine Verflüssigung des Grundbesitzes hinarbeite und diesen in eine Art Papiergeld verwandle, das man in beliebig vielen Anteilscheinen weggeben könne; so daſs, wie auch Waldeck sich aus- drückte, der Grundbesitz nur dazusein scheine, um subhastiert zu werden. Bezeichnend genug mobilisiert das moderne Leben seine Inhalte auch im äuſserlichsten Sinne und an manchen Punkten auſserhalb der all- bekannten. Das Mittelalter und noch die Renaissance hatte das, was uns jetzt „Mobilien“ in engster Bedeutung sind, wenig im Gebrauch. Schränke, Kredenzen, Sitzbänke waren in die Täfelung eingebaut, Tische und Stühle so schwer, daſs sie oft unbeweglich waren, die kleinen, hin und her zu schiebenden Einrichtungsgegenstände fehlten fast ganz. Seitdem erst sind die Möbel gleichsam mobil geworden wie
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z. B. an den Charakter der Steuerleistungen in Hinsicht auf äuſsere
und innere Schwankungen, je nachdem sie von dem einen oder von
dem anderen Objekt erhoben werden. Im angelsächsischen und nor-
mannischen England galten alle Auflagen ausschlieſslich dem Land-
besitz; im 12. Jahrhundert schritt man dazu, Pachtzinse und Vieh-
besitz zu belasten; bald nachher wurden bestimmte Teile des beweg-
lichen Eigentums (der 4., 7., 13. Teil) als Steuer erhoben. So wurden
die Steuerobjekte immer beweglicher, bis schlieſslich das Geldeinkommen
als das eigentliche Fundament der Besteuerung auftritt. Damit erhält
diese einen bis dahin unerhörten Grad von Beweglichkeit und Nüan-
zierung und bewirkt, bei gröſserer Sicherheit des Gesamterträgnisses,
doch eine sehr viel gröſsere Variabilität und jährliche Schwankung in
der Leistung des Einzelnen. — Aus dieser unmittelbaren Bedeutung
und Betonung vom Boden oder vom Geld für das Tempo des Lebens
erklärt sich einerseits der groſse Wert, den sehr konservative Völker
auf den Ackerbau legen. Die Chinesen sind überzeugt, daſs nur dieser
die Ruhe und Beständigkeit der Staaten sichert, und wohl aus diesem
Zusammenhange heraus haben sie auf den Verkauf von Ländereien
einen ungeheuren Stempel gesetzt; so daſs die meisten Landkäufe dort
nur privatim und unter Verzicht auf die grundbuchliche Eintragung
vollzogen werden. Wo dennoch jene durch das Geld getragene Be-
schleunigung des wirtschaftlichen Lebens sich durchgesetzt hat, da
sucht sie nun, andrereits, die ihr widerstrebende Form des Grund-
besitzes dennoch nach sich zu rhythmisieren. Im vorigen Jahrhundert
gab der pennsylvanische Staat Hypotheken auf Privatländereien und
lieſs die einzelnen Abschnitte derselben als Papiergeld kursieren:
Franklin schrieb darüber, diese Scheine seien in Wirklichkeit ge-
münztes Land. Entsprechend ist bei uns von konservativer Seite
hervorgehoben worden, daſs die Hypothekengesetzgebung der letzten
Jahrzehnte auf eine Verflüssigung des Grundbesitzes hinarbeite und
diesen in eine Art Papiergeld verwandle, das man in beliebig vielen
Anteilscheinen weggeben könne; so daſs, wie auch Waldeck sich aus-
drückte, der Grundbesitz nur dazusein scheine, um subhastiert zu werden.
Bezeichnend genug mobilisiert das moderne Leben seine Inhalte auch
im äuſserlichsten Sinne und an manchen Punkten auſserhalb der all-
bekannten. Das Mittelalter und noch die Renaissance hatte das, was
uns jetzt „Mobilien“ in engster Bedeutung sind, wenig im Gebrauch.
Schränke, Kredenzen, Sitzbänke waren in die Täfelung eingebaut,
Tische und Stühle so schwer, daſs sie oft unbeweglich waren, die
kleinen, hin und her zu schiebenden Einrichtungsgegenstände fehlten
fast ganz. Seitdem erst sind die Möbel gleichsam mobil geworden wie
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/573>, abgerufen am 23.11.2024.
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