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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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unkultiviertere sei, was freilich nicht hindern würde, dass sie mit einer
besseren Behandlung der Frauen verbunden ist. Denn überhaupt hat
grade die vorgeschrittnere und geldmässige Wirtschaft die Lage dieser
wie der Schwächeren überhaupt vielfach verschlimmert. Unter den
jetzigen Naturvölkern finden wir beide Formen manchmal bei einem
und demselben nebeneinander. Diese letztere Thatsache beweist, dass
ein wesentlicher Unterschied für die Behandlung der Frauen nicht
besteht, wenngleich im grossen und ganzen das Einsetzen eines so
persönlichen Wertes, wie die Dienstleistung ist, den Erwerb der Frau
doch in ganz anderer Weise über den eines Sklaven stellen muss, wie
ihr Kauf für Geld oder substanziellen Geldeswert. Nun gilt auch hier
das allenthalben Hervorzuhebende: dass die Herabdrückung und Ent-
würdigung menschlichen Wertes durch solches Erkauftwerden eine
geringere wird, wenn die Kaufsummen sehr gross sind. Denn in sehr
hohen Summen besitzt der Geldeswert eine Seltenheit, die ihn indivi-
dueller, unverwechselbarer färbt und ihn dadurch zum Äquivalent per-
sonaler Werte geeigneter macht. Bei den Griechen der heroischen
Zeit finden sich Geschenke des Bräutigams an den Vater der Braut
-- die freilich keinen eigentlichen Kauf darzustellen scheinen -- während
die Stellung der Frauen eine ganz besonders gute ist. Allein es wird
hervorgehoben, dass diese Gaben relativ sehr erhebliche waren.
So herabsetzend es wirkt, wenn entweder die Innerlichkeit oder die
Totalität des Menschen gegen Geld eingesetzt wird, so kann doch, wie
spätere Beispiele noch stärker beweisen werden, eine ungewöhnliche
Höhe der ins Spiel kommenden Summen eine Art Ausgleichung, ins-
besondere in Rücksicht der sozialen Stellung des Betreffenden, schaffen.
So hören wir, dass Eduard II. und III. ihre Freunde als Geiseln für
die Rückzahlung ihrer Schulden fortgaben und 1340 sollte sogar der
Erzbischof von Canterbury als Pfand -- nicht als Bürge -- für die
Schulden des Königs nach Brabant verschickt werden. Die Grösse der
Summen, um die es sich hier handelte, wehrte von vornherein die
Deklassierung ab, die durch ein derartiges Einsetzen von Personen um
Geld auf diese, wenn es sich um Lappalien gehandelt hätte, gefallen
wäre.

Der Übergang von dem Prinzip der Kaufehe, das wohl bei der
Mehrzahl der Völker irgendwann geherrscht hat, zu dem entgegen-
gesetzten: dem Prinzip der Mitgift, ist wahrscheinlich, wie angedeutet,
so zustande gekommen, dass die Gaben des Bräutigams seitens der
Eltern an die Braut weiter gegeben wurden, der man damit eine ge-
wisse ökonomische Selbständigkeit sichern wollte; die Ausstattung der
Frau durch die Eltern blieb dann bestehen und entwickelte sich weiter,

unkultiviertere sei, was freilich nicht hindern würde, daſs sie mit einer
besseren Behandlung der Frauen verbunden ist. Denn überhaupt hat
grade die vorgeschrittnere und geldmäſsige Wirtschaft die Lage dieser
wie der Schwächeren überhaupt vielfach verschlimmert. Unter den
jetzigen Naturvölkern finden wir beide Formen manchmal bei einem
und demselben nebeneinander. Diese letztere Thatsache beweist, daſs
ein wesentlicher Unterschied für die Behandlung der Frauen nicht
besteht, wenngleich im groſsen und ganzen das Einsetzen eines so
persönlichen Wertes, wie die Dienstleistung ist, den Erwerb der Frau
doch in ganz anderer Weise über den eines Sklaven stellen muſs, wie
ihr Kauf für Geld oder substanziellen Geldeswert. Nun gilt auch hier
das allenthalben Hervorzuhebende: daſs die Herabdrückung und Ent-
würdigung menschlichen Wertes durch solches Erkauftwerden eine
geringere wird, wenn die Kaufsummen sehr groſs sind. Denn in sehr
hohen Summen besitzt der Geldeswert eine Seltenheit, die ihn indivi-
dueller, unverwechselbarer färbt und ihn dadurch zum Äquivalent per-
sonaler Werte geeigneter macht. Bei den Griechen der heroischen
Zeit finden sich Geschenke des Bräutigams an den Vater der Braut
— die freilich keinen eigentlichen Kauf darzustellen scheinen — während
die Stellung der Frauen eine ganz besonders gute ist. Allein es wird
hervorgehoben, daſs diese Gaben relativ sehr erhebliche waren.
So herabsetzend es wirkt, wenn entweder die Innerlichkeit oder die
Totalität des Menschen gegen Geld eingesetzt wird, so kann doch, wie
spätere Beispiele noch stärker beweisen werden, eine ungewöhnliche
Höhe der ins Spiel kommenden Summen eine Art Ausgleichung, ins-
besondere in Rücksicht der sozialen Stellung des Betreffenden, schaffen.
So hören wir, daſs Eduard II. und III. ihre Freunde als Geiseln für
die Rückzahlung ihrer Schulden fortgaben und 1340 sollte sogar der
Erzbischof von Canterbury als Pfand — nicht als Bürge — für die
Schulden des Königs nach Brabant verschickt werden. Die Gröſse der
Summen, um die es sich hier handelte, wehrte von vornherein die
Deklassierung ab, die durch ein derartiges Einsetzen von Personen um
Geld auf diese, wenn es sich um Lappalien gehandelt hätte, gefallen
wäre.

Der Übergang von dem Prinzip der Kaufehe, das wohl bei der
Mehrzahl der Völker irgendwann geherrscht hat, zu dem entgegen-
gesetzten: dem Prinzip der Mitgift, ist wahrscheinlich, wie angedeutet,
so zustande gekommen, daſs die Gaben des Bräutigams seitens der
Eltern an die Braut weiter gegeben wurden, der man damit eine ge-
wisse ökonomische Selbständigkeit sichern wollte; die Ausstattung der
Frau durch die Eltern blieb dann bestehen und entwickelte sich weiter,

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[388/0412] unkultiviertere sei, was freilich nicht hindern würde, daſs sie mit einer besseren Behandlung der Frauen verbunden ist. Denn überhaupt hat grade die vorgeschrittnere und geldmäſsige Wirtschaft die Lage dieser wie der Schwächeren überhaupt vielfach verschlimmert. Unter den jetzigen Naturvölkern finden wir beide Formen manchmal bei einem und demselben nebeneinander. Diese letztere Thatsache beweist, daſs ein wesentlicher Unterschied für die Behandlung der Frauen nicht besteht, wenngleich im groſsen und ganzen das Einsetzen eines so persönlichen Wertes, wie die Dienstleistung ist, den Erwerb der Frau doch in ganz anderer Weise über den eines Sklaven stellen muſs, wie ihr Kauf für Geld oder substanziellen Geldeswert. Nun gilt auch hier das allenthalben Hervorzuhebende: daſs die Herabdrückung und Ent- würdigung menschlichen Wertes durch solches Erkauftwerden eine geringere wird, wenn die Kaufsummen sehr groſs sind. Denn in sehr hohen Summen besitzt der Geldeswert eine Seltenheit, die ihn indivi- dueller, unverwechselbarer färbt und ihn dadurch zum Äquivalent per- sonaler Werte geeigneter macht. Bei den Griechen der heroischen Zeit finden sich Geschenke des Bräutigams an den Vater der Braut — die freilich keinen eigentlichen Kauf darzustellen scheinen — während die Stellung der Frauen eine ganz besonders gute ist. Allein es wird hervorgehoben, daſs diese Gaben relativ sehr erhebliche waren. So herabsetzend es wirkt, wenn entweder die Innerlichkeit oder die Totalität des Menschen gegen Geld eingesetzt wird, so kann doch, wie spätere Beispiele noch stärker beweisen werden, eine ungewöhnliche Höhe der ins Spiel kommenden Summen eine Art Ausgleichung, ins- besondere in Rücksicht der sozialen Stellung des Betreffenden, schaffen. So hören wir, daſs Eduard II. und III. ihre Freunde als Geiseln für die Rückzahlung ihrer Schulden fortgaben und 1340 sollte sogar der Erzbischof von Canterbury als Pfand — nicht als Bürge — für die Schulden des Königs nach Brabant verschickt werden. Die Gröſse der Summen, um die es sich hier handelte, wehrte von vornherein die Deklassierung ab, die durch ein derartiges Einsetzen von Personen um Geld auf diese, wenn es sich um Lappalien gehandelt hätte, gefallen wäre. Der Übergang von dem Prinzip der Kaufehe, das wohl bei der Mehrzahl der Völker irgendwann geherrscht hat, zu dem entgegen- gesetzten: dem Prinzip der Mitgift, ist wahrscheinlich, wie angedeutet, so zustande gekommen, daſs die Gaben des Bräutigams seitens der Eltern an die Braut weiter gegeben wurden, der man damit eine ge- wisse ökonomische Selbständigkeit sichern wollte; die Ausstattung der Frau durch die Eltern blieb dann bestehen und entwickelte sich weiter,

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/412>, abgerufen am 25.11.2024.