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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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was später noch deutlicher werden wird, dass Geldgier und Geiz keines-
wegs zusammenfallende Erscheinungen sind, wenn sie auch die gleiche
Grundlage, die Wertung des Geldes als absoluten Zweckes, teilen.
Beide stellen, wie alle vom Geld ressortierenden Erscheinungen, nur
besondere Ausbildungsstufen von Tendenzen dar, deren niedere oder
höhere Staffeln auch an anderweitigen Inhalten sichtbar werden. Beide
zeigen sich konkreten Objekten gegenüber und ohne Beziehung auf
deren Geldwert an der psychologisch sehr merkwürdigen Sammelsucht
jener Persönlichkeiten, die das Volk den Hamstern vergleicht: Menschen,
die kostbare Sammlungen jeglicher Art aufspeichern, ohne von den
Gegenständen selbst einen Genuss zu ziehen, ja oft sogar, ohne sich über-
haupt noch weiter um sie zu kümmern. Nicht der subjektive Reflex des
Habens, um dessentwillen sonst erworben und besessen wird, trägt hier den
Wert, sondern die ganz objektive, von keinen persönlichen Konsequenzen
begleitete Thatsache, dass diese Dinge eben in ihrem Besitze sind, ist
für solche Persönlichkeiten wertvoll. Diese Erscheinung, die in ein-
geschränkter und weniger extremer Form sehr häufig ist, pflegt einfach
als Egoismus behandelt zu werden, mit dessen gewöhnlichen Formen
sie allerdings die negative Seite teilt, den Ausschluss aller Anderen von
dem eigenen Besitz; dennoch unterscheidet sie sich von diesen durch
eine Nüance, die auf folgendem Umweg darzustellen ist.

Es muss immer wieder hervorgehoben werden, dass der Gegensatz
von Egoismus und Altruismus die Motivierungen unseres Handelns
keineswegs vollständig umfasst. Wir haben thatsächlich auch ein ob-
jektives
Interesse daran, dass gewisse Ereignisse oder Dinge wirklich
oder nicht wirklich werden, und zwar völlig ohne Rücksicht auf irgend
welche, ein Subjekt treffenden Folgen derselben. Es ist uns wichtig,
dass in der Welt eine Harmonie, eine Ordnung nach Ideen, eine Be-
deutsamkeit -- die keineswegs in die üblichen Schemata des Ethischen
oder Ästhetischen hineinzupassen braucht -- herrsche, und wir fühlen
uns zur Mitwirkung dazu aufgefordert, ohne doch immer danach zu
fragen, ob dies irgend einer Persönlichkeit, dem Ich oder einem Du,
zur Freude oder Förderung gereicht. Auf dem religiösen Gebiet kommen
die drei Motivierungen in einer Weise zusammen, die die Stellung der
hier fraglichen besonders durchsichtig macht. Die Erfüllung religiöser
Gebote kann aus rein egoistischen Gründen geschehen, sei es in ganz
grober Weise aus Furcht oder Hoffnung, sei es, etwas feiner, um des
guten Gewissens oder des inneren Befriedigungsgefühles willen, das
diese Erfüllung mit sich bringt. Sie kann ferner altruistischen Wesens
sein: die Liebe zu Gott, die Hingabe des Herzens an ihn lässt
uns seinen Geboten gehorchen, wie wir die Wünsche eines geliebten

was später noch deutlicher werden wird, daſs Geldgier und Geiz keines-
wegs zusammenfallende Erscheinungen sind, wenn sie auch die gleiche
Grundlage, die Wertung des Geldes als absoluten Zweckes, teilen.
Beide stellen, wie alle vom Geld ressortierenden Erscheinungen, nur
besondere Ausbildungsstufen von Tendenzen dar, deren niedere oder
höhere Staffeln auch an anderweitigen Inhalten sichtbar werden. Beide
zeigen sich konkreten Objekten gegenüber und ohne Beziehung auf
deren Geldwert an der psychologisch sehr merkwürdigen Sammelsucht
jener Persönlichkeiten, die das Volk den Hamstern vergleicht: Menschen,
die kostbare Sammlungen jeglicher Art aufspeichern, ohne von den
Gegenständen selbst einen Genuſs zu ziehen, ja oft sogar, ohne sich über-
haupt noch weiter um sie zu kümmern. Nicht der subjektive Reflex des
Habens, um dessentwillen sonst erworben und besessen wird, trägt hier den
Wert, sondern die ganz objektive, von keinen persönlichen Konsequenzen
begleitete Thatsache, daſs diese Dinge eben in ihrem Besitze sind, ist
für solche Persönlichkeiten wertvoll. Diese Erscheinung, die in ein-
geschränkter und weniger extremer Form sehr häufig ist, pflegt einfach
als Egoismus behandelt zu werden, mit dessen gewöhnlichen Formen
sie allerdings die negative Seite teilt, den Ausschluſs aller Anderen von
dem eigenen Besitz; dennoch unterscheidet sie sich von diesen durch
eine Nüance, die auf folgendem Umweg darzustellen ist.

Es muſs immer wieder hervorgehoben werden, daſs der Gegensatz
von Egoismus und Altruismus die Motivierungen unseres Handelns
keineswegs vollständig umfaſst. Wir haben thatsächlich auch ein ob-
jektives
Interesse daran, daſs gewisse Ereignisse oder Dinge wirklich
oder nicht wirklich werden, und zwar völlig ohne Rücksicht auf irgend
welche, ein Subjekt treffenden Folgen derselben. Es ist uns wichtig,
daſs in der Welt eine Harmonie, eine Ordnung nach Ideen, eine Be-
deutsamkeit — die keineswegs in die üblichen Schemata des Ethischen
oder Ästhetischen hineinzupassen braucht — herrsche, und wir fühlen
uns zur Mitwirkung dazu aufgefordert, ohne doch immer danach zu
fragen, ob dies irgend einer Persönlichkeit, dem Ich oder einem Du,
zur Freude oder Förderung gereicht. Auf dem religiösen Gebiet kommen
die drei Motivierungen in einer Weise zusammen, die die Stellung der
hier fraglichen besonders durchsichtig macht. Die Erfüllung religiöser
Gebote kann aus rein egoistischen Gründen geschehen, sei es in ganz
grober Weise aus Furcht oder Hoffnung, sei es, etwas feiner, um des
guten Gewissens oder des inneren Befriedigungsgefühles willen, das
diese Erfüllung mit sich bringt. Sie kann ferner altruistischen Wesens
sein: die Liebe zu Gott, die Hingabe des Herzens an ihn läſst
uns seinen Geboten gehorchen, wie wir die Wünsche eines geliebten

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[226/0250] was später noch deutlicher werden wird, daſs Geldgier und Geiz keines- wegs zusammenfallende Erscheinungen sind, wenn sie auch die gleiche Grundlage, die Wertung des Geldes als absoluten Zweckes, teilen. Beide stellen, wie alle vom Geld ressortierenden Erscheinungen, nur besondere Ausbildungsstufen von Tendenzen dar, deren niedere oder höhere Staffeln auch an anderweitigen Inhalten sichtbar werden. Beide zeigen sich konkreten Objekten gegenüber und ohne Beziehung auf deren Geldwert an der psychologisch sehr merkwürdigen Sammelsucht jener Persönlichkeiten, die das Volk den Hamstern vergleicht: Menschen, die kostbare Sammlungen jeglicher Art aufspeichern, ohne von den Gegenständen selbst einen Genuſs zu ziehen, ja oft sogar, ohne sich über- haupt noch weiter um sie zu kümmern. Nicht der subjektive Reflex des Habens, um dessentwillen sonst erworben und besessen wird, trägt hier den Wert, sondern die ganz objektive, von keinen persönlichen Konsequenzen begleitete Thatsache, daſs diese Dinge eben in ihrem Besitze sind, ist für solche Persönlichkeiten wertvoll. Diese Erscheinung, die in ein- geschränkter und weniger extremer Form sehr häufig ist, pflegt einfach als Egoismus behandelt zu werden, mit dessen gewöhnlichen Formen sie allerdings die negative Seite teilt, den Ausschluſs aller Anderen von dem eigenen Besitz; dennoch unterscheidet sie sich von diesen durch eine Nüance, die auf folgendem Umweg darzustellen ist. Es muſs immer wieder hervorgehoben werden, daſs der Gegensatz von Egoismus und Altruismus die Motivierungen unseres Handelns keineswegs vollständig umfaſst. Wir haben thatsächlich auch ein ob- jektives Interesse daran, daſs gewisse Ereignisse oder Dinge wirklich oder nicht wirklich werden, und zwar völlig ohne Rücksicht auf irgend welche, ein Subjekt treffenden Folgen derselben. Es ist uns wichtig, daſs in der Welt eine Harmonie, eine Ordnung nach Ideen, eine Be- deutsamkeit — die keineswegs in die üblichen Schemata des Ethischen oder Ästhetischen hineinzupassen braucht — herrsche, und wir fühlen uns zur Mitwirkung dazu aufgefordert, ohne doch immer danach zu fragen, ob dies irgend einer Persönlichkeit, dem Ich oder einem Du, zur Freude oder Förderung gereicht. Auf dem religiösen Gebiet kommen die drei Motivierungen in einer Weise zusammen, die die Stellung der hier fraglichen besonders durchsichtig macht. Die Erfüllung religiöser Gebote kann aus rein egoistischen Gründen geschehen, sei es in ganz grober Weise aus Furcht oder Hoffnung, sei es, etwas feiner, um des guten Gewissens oder des inneren Befriedigungsgefühles willen, das diese Erfüllung mit sich bringt. Sie kann ferner altruistischen Wesens sein: die Liebe zu Gott, die Hingabe des Herzens an ihn läſst uns seinen Geboten gehorchen, wie wir die Wünsche eines geliebten

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/250>, abgerufen am 23.11.2024.