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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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Aus dieser Gegenüberstellung wird die eigentliche Bedeutung des
oben Betonten ersichtlich, dass der Zweck eine Wechselwirkung zwischen
dem persönlich wollenden Ich und der ihm äusseren Natur bedeutet.
Der Mechanismus, der zwischen dem Willen und seiner Befriedigung
steht, ist einerseits Verbindung, andrerseits aber auch Trennung beider.
Er bedeutet die Unmöglichkeit für den Willen, aus sich selbst heraus
zu seiner Befriedigung zu gelangen, er stellt die Hemmung dar, die
er überwindet. Zweckmässigkeit ist also ihrem Wesen nach ein relativer
Begriff, weil sie immer das an sich Zweckfremde voraussetzt, in dessen
Umformung sie besteht. Wenn es dieser letzteren nicht bedürfte, der
Wille vielmehr als solcher schon seine Erfüllung in sich trüge, so käme
es gar nicht zu einer Zwecksetzung. Das eigene Thun, in das der
zweckbestimmte Wille sich fortsetzt, ist der erste Fall, an dem wir
dieses Doppelcharakters des Mittels inne werden: an ihm fühlen wir
ganz nahe den Widerstand des ausserseelischen Seins unser selbst
und die dirigierende Energie, die ihn überwindet -- eines am anderen
bewusstwerdend und sein spezifisches Wesen gewinnend. Wenn nun
das Thun den äusseren Gegenstand des Zweckes nicht unmittelbar er-
zeugen kann, sondern dazu erst ein anderes äusseres Ereignis einleiten
muss, das seinerseits das erwünschte Resultat bewirkt, so ist das da-
zwischengeschobene Geschehen unserem eigenen Handeln hier wesens-
gleich: beides ist gleichmässig Mechanismus, aber beides auch gleich-
mässig vom Geist zum Geiste führender Mechanismus; beides setzt sich
kontinuierlich an einander an, um die Kurve zu bilden, deren Anfangs-
und Endpunkte in der Seele liegen; die durchschnittliche Gliederzahl
dieser Kurve innerhalb eines bestimmten Lebensstiles zeigt nun die
Kenntnis und Beherrschung der Natur wie die Weite und Verfeinerung
der Lebensführung an. Und hier setzen die gesellschaftlichen Kom-
plikationen an, die in der Schaffung des Geldes gipfeln.

Zunächst ist folgender Zusammenhang klar. Wenn ein Zweck D
erreicht und dazu eine Kette mechanischer Vorgänge A B C produziert
werden soll, derart, dass B durch A, C durch B und D erst durch C
veranlasst wird, so ist diese in ihrem Inhalt und ihrer Richtung durch D
bestimmte Reihe von der Erkenntnis des Kausalzusammenhanges zwischen
ihren Gliedern abhängig. Wenn ich nicht schon wüsste, dass C imstande
ist, D hervorzurufen, B ebenso C u. s. w., so würde ich mit meinem
Verlangen nach D ganz hülflos dastehen. Niemals kann also eine
teleologische Kette erwachsen, ohne dass die umgekehrt gerichteten,
kausalen Verbindungen ihrer Glieder bekannt wären. Der Zweck
vergilt dies, indem er gewöhnlich seinerseits die psychologische An-
regung giebt, überhaupt nach kausalen Zusammenhängen zu forschen.

Aus dieser Gegenüberstellung wird die eigentliche Bedeutung des
oben Betonten ersichtlich, daſs der Zweck eine Wechselwirkung zwischen
dem persönlich wollenden Ich und der ihm äuſseren Natur bedeutet.
Der Mechanismus, der zwischen dem Willen und seiner Befriedigung
steht, ist einerseits Verbindung, andrerseits aber auch Trennung beider.
Er bedeutet die Unmöglichkeit für den Willen, aus sich selbst heraus
zu seiner Befriedigung zu gelangen, er stellt die Hemmung dar, die
er überwindet. Zweckmäſsigkeit ist also ihrem Wesen nach ein relativer
Begriff, weil sie immer das an sich Zweckfremde voraussetzt, in dessen
Umformung sie besteht. Wenn es dieser letzteren nicht bedürfte, der
Wille vielmehr als solcher schon seine Erfüllung in sich trüge, so käme
es gar nicht zu einer Zwecksetzung. Das eigene Thun, in das der
zweckbestimmte Wille sich fortsetzt, ist der erste Fall, an dem wir
dieses Doppelcharakters des Mittels inne werden: an ihm fühlen wir
ganz nahe den Widerstand des auſserseelischen Seins unser selbst
und die dirigierende Energie, die ihn überwindet — eines am anderen
bewuſstwerdend und sein spezifisches Wesen gewinnend. Wenn nun
das Thun den äuſseren Gegenstand des Zweckes nicht unmittelbar er-
zeugen kann, sondern dazu erst ein anderes äuſseres Ereignis einleiten
muſs, das seinerseits das erwünschte Resultat bewirkt, so ist das da-
zwischengeschobene Geschehen unserem eigenen Handeln hier wesens-
gleich: beides ist gleichmäſsig Mechanismus, aber beides auch gleich-
mäſsig vom Geist zum Geiste führender Mechanismus; beides setzt sich
kontinuierlich an einander an, um die Kurve zu bilden, deren Anfangs-
und Endpunkte in der Seele liegen; die durchschnittliche Gliederzahl
dieser Kurve innerhalb eines bestimmten Lebensstiles zeigt nun die
Kenntnis und Beherrschung der Natur wie die Weite und Verfeinerung
der Lebensführung an. Und hier setzen die gesellschaftlichen Kom-
plikationen an, die in der Schaffung des Geldes gipfeln.

Zunächst ist folgender Zusammenhang klar. Wenn ein Zweck D
erreicht und dazu eine Kette mechanischer Vorgänge A B C produziert
werden soll, derart, daſs B durch A, C durch B und D erst durch C
veranlaſst wird, so ist diese in ihrem Inhalt und ihrer Richtung durch D
bestimmte Reihe von der Erkenntnis des Kausalzusammenhanges zwischen
ihren Gliedern abhängig. Wenn ich nicht schon wüſste, daſs C imstande
ist, D hervorzurufen, B ebenso C u. s. w., so würde ich mit meinem
Verlangen nach D ganz hülflos dastehen. Niemals kann also eine
teleologische Kette erwachsen, ohne daſs die umgekehrt gerichteten,
kausalen Verbindungen ihrer Glieder bekannt wären. Der Zweck
vergilt dies, indem er gewöhnlich seinerseits die psychologische An-
regung giebt, überhaupt nach kausalen Zusammenhängen zu forschen.

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[187/0211] Aus dieser Gegenüberstellung wird die eigentliche Bedeutung des oben Betonten ersichtlich, daſs der Zweck eine Wechselwirkung zwischen dem persönlich wollenden Ich und der ihm äuſseren Natur bedeutet. Der Mechanismus, der zwischen dem Willen und seiner Befriedigung steht, ist einerseits Verbindung, andrerseits aber auch Trennung beider. Er bedeutet die Unmöglichkeit für den Willen, aus sich selbst heraus zu seiner Befriedigung zu gelangen, er stellt die Hemmung dar, die er überwindet. Zweckmäſsigkeit ist also ihrem Wesen nach ein relativer Begriff, weil sie immer das an sich Zweckfremde voraussetzt, in dessen Umformung sie besteht. Wenn es dieser letzteren nicht bedürfte, der Wille vielmehr als solcher schon seine Erfüllung in sich trüge, so käme es gar nicht zu einer Zwecksetzung. Das eigene Thun, in das der zweckbestimmte Wille sich fortsetzt, ist der erste Fall, an dem wir dieses Doppelcharakters des Mittels inne werden: an ihm fühlen wir ganz nahe den Widerstand des auſserseelischen Seins unser selbst und die dirigierende Energie, die ihn überwindet — eines am anderen bewuſstwerdend und sein spezifisches Wesen gewinnend. Wenn nun das Thun den äuſseren Gegenstand des Zweckes nicht unmittelbar er- zeugen kann, sondern dazu erst ein anderes äuſseres Ereignis einleiten muſs, das seinerseits das erwünschte Resultat bewirkt, so ist das da- zwischengeschobene Geschehen unserem eigenen Handeln hier wesens- gleich: beides ist gleichmäſsig Mechanismus, aber beides auch gleich- mäſsig vom Geist zum Geiste führender Mechanismus; beides setzt sich kontinuierlich an einander an, um die Kurve zu bilden, deren Anfangs- und Endpunkte in der Seele liegen; die durchschnittliche Gliederzahl dieser Kurve innerhalb eines bestimmten Lebensstiles zeigt nun die Kenntnis und Beherrschung der Natur wie die Weite und Verfeinerung der Lebensführung an. Und hier setzen die gesellschaftlichen Kom- plikationen an, die in der Schaffung des Geldes gipfeln. Zunächst ist folgender Zusammenhang klar. Wenn ein Zweck D erreicht und dazu eine Kette mechanischer Vorgänge A B C produziert werden soll, derart, daſs B durch A, C durch B und D erst durch C veranlaſst wird, so ist diese in ihrem Inhalt und ihrer Richtung durch D bestimmte Reihe von der Erkenntnis des Kausalzusammenhanges zwischen ihren Gliedern abhängig. Wenn ich nicht schon wüſste, daſs C imstande ist, D hervorzurufen, B ebenso C u. s. w., so würde ich mit meinem Verlangen nach D ganz hülflos dastehen. Niemals kann also eine teleologische Kette erwachsen, ohne daſs die umgekehrt gerichteten, kausalen Verbindungen ihrer Glieder bekannt wären. Der Zweck vergilt dies, indem er gewöhnlich seinerseits die psychologische An- regung giebt, überhaupt nach kausalen Zusammenhängen zu forschen.

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/211>, abgerufen am 23.11.2024.