nach ein gutes Geld verlangt, ist der Vorteil an einem aufgezwungenen schlechten eben nur in ihm nennenswert gross. Positiv erwies sich dies nun weiterhin, indem das Anwachsen des europäischen Verkehrs im 14. Jahrhundert die Einführung des Guldens als allgemeiner Ein- heit des Münzsystems und die Verdrängung der Silberwährung durch Goldwährung bewirkte. Schillinge und Pfennige waren nun Scheide- münze, die jedes Ländchen und Städtchen für seinen Verkehr und so wertlos, wie es wollte, prägen konnte. Deshalb betraf auch die Ver- leihung des Münzrechtes im Mittelalter zunächst nur silberne Münzen; das Recht, Goldmünzen zu schlagen, bedurfte besonderer Gestattung, die wohl nur der Regierung eines grösseren Territoriums gegeben wurde. Es ist für diese Korrelation äusserst bezeichnend, dass der letzte Rest der römischen Weltherrschaft, der dem Hofe von Byzanz -- bis zum 6. Jahrhundert -- verblieb, das ausschliessliche Recht war, Goldmünzen zu schlagen. Und endlich wird sie dadurch bestätigt, dass unter den Fällen der oben erwähnten lokalen Beschränktheit für die Papiergeldzirkulation innerhalb des ausgebenden Staates selbst, auch dieser vorkommt: in Frankreich gab es einmal Noten, welche überall, nur nicht in Hafenstädten, also nicht an den Punkten des weitausstrahlenden Verkehrs, gelten sollten. Ganz allgemein muss, sobald der Kreis sich erweitert, auch dem Fremden und den Bezugs- ländern die Währung annehmbar und verführerisch gemacht werden. Mit der Vergrösserung des Wirtschaftskreises geht nun -- ceteris pa- ribus -- Lockerung desselben Hand in Hand; die gegenseitige Einsicht in die Verhältnisse wird unvollkommner, das Vertrauen bedingter, die Vollstreckbarkeit der Ansprüche unsicherer. Unter solchen Umständen wird niemand Ware liefern, wenn das Geld, mit dem er bezahlt wird, nur in dem Kreise des Abnehmers mit Sicherheit verwendbar ist, während dies in anderen zweifelhaft ist. Er wird also ein Geld ver- langen, das an sich wertvoll ist, d. h. überall acceptiert wird. Die Steigerung des Substanzwertes des Geldes bedeutet die Vergrösserung des Kreises von Subjekten, in dem seine allgemeine Anerkennung ge- sichert ist, während in einem engeren Kreise seine Weiterverwertbar- keit sich auf besondere soziale, rechtliche, personale Garantien und Verknüpfungen hin ergeben kann. Setzen wir voraus, dass die Weiter- verwertbarkeit des Geldes das Motiv seiner Annahme ist, so bildet sein Substanzwert gleichsam das Pfand dafür, das auf Null sinken kann, wenn die Verwertbarkeit durch andre Mittel gesichert ist, und um so höher steigen muss, je grösser das Risiko ihrer ist. Nun aber bewirkt die wachsende wirtschaftliche Kultur, dass der sehr vergrösserte, schliesslich internationale Kreis in dieser Hinsicht die Züge erhält, die ursprüng-
nach ein gutes Geld verlangt, ist der Vorteil an einem aufgezwungenen schlechten eben nur in ihm nennenswert groſs. Positiv erwies sich dies nun weiterhin, indem das Anwachsen des europäischen Verkehrs im 14. Jahrhundert die Einführung des Guldens als allgemeiner Ein- heit des Münzsystems und die Verdrängung der Silberwährung durch Goldwährung bewirkte. Schillinge und Pfennige waren nun Scheide- münze, die jedes Ländchen und Städtchen für seinen Verkehr und so wertlos, wie es wollte, prägen konnte. Deshalb betraf auch die Ver- leihung des Münzrechtes im Mittelalter zunächst nur silberne Münzen; das Recht, Goldmünzen zu schlagen, bedurfte besonderer Gestattung, die wohl nur der Regierung eines gröſseren Territoriums gegeben wurde. Es ist für diese Korrelation äuſserst bezeichnend, daſs der letzte Rest der römischen Weltherrschaft, der dem Hofe von Byzanz — bis zum 6. Jahrhundert — verblieb, das ausschlieſsliche Recht war, Goldmünzen zu schlagen. Und endlich wird sie dadurch bestätigt, daſs unter den Fällen der oben erwähnten lokalen Beschränktheit für die Papiergeldzirkulation innerhalb des ausgebenden Staates selbst, auch dieser vorkommt: in Frankreich gab es einmal Noten, welche überall, nur nicht in Hafenstädten, also nicht an den Punkten des weitausstrahlenden Verkehrs, gelten sollten. Ganz allgemein muſs, sobald der Kreis sich erweitert, auch dem Fremden und den Bezugs- ländern die Währung annehmbar und verführerisch gemacht werden. Mit der Vergröſserung des Wirtschaftskreises geht nun — ceteris pa- ribus — Lockerung desselben Hand in Hand; die gegenseitige Einsicht in die Verhältnisse wird unvollkommner, das Vertrauen bedingter, die Vollstreckbarkeit der Ansprüche unsicherer. Unter solchen Umständen wird niemand Ware liefern, wenn das Geld, mit dem er bezahlt wird, nur in dem Kreise des Abnehmers mit Sicherheit verwendbar ist, während dies in anderen zweifelhaft ist. Er wird also ein Geld ver- langen, das an sich wertvoll ist, d. h. überall acceptiert wird. Die Steigerung des Substanzwertes des Geldes bedeutet die Vergröſserung des Kreises von Subjekten, in dem seine allgemeine Anerkennung ge- sichert ist, während in einem engeren Kreise seine Weiterverwertbar- keit sich auf besondere soziale, rechtliche, personale Garantien und Verknüpfungen hin ergeben kann. Setzen wir voraus, daſs die Weiter- verwertbarkeit des Geldes das Motiv seiner Annahme ist, so bildet sein Substanzwert gleichsam das Pfand dafür, das auf Null sinken kann, wenn die Verwertbarkeit durch andre Mittel gesichert ist, und um so höher steigen muſs, je gröſser das Risiko ihrer ist. Nun aber bewirkt die wachsende wirtschaftliche Kultur, daſs der sehr vergröſserte, schlieſslich internationale Kreis in dieser Hinsicht die Züge erhält, die ursprüng-
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nach ein gutes Geld verlangt, ist der Vorteil an einem aufgezwungenen
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im 14. Jahrhundert die Einführung des Guldens als allgemeiner Ein-
heit des Münzsystems und die Verdrängung der Silberwährung durch
Goldwährung bewirkte. Schillinge und Pfennige waren nun Scheide-
münze, die jedes Ländchen und Städtchen für seinen Verkehr und so
wertlos, wie es wollte, prägen konnte. Deshalb betraf auch die Ver-
leihung des Münzrechtes im Mittelalter zunächst nur silberne Münzen;
das Recht, Goldmünzen zu schlagen, bedurfte besonderer Gestattung,
die wohl nur der Regierung eines gröſseren Territoriums gegeben
wurde. Es ist für diese Korrelation äuſserst bezeichnend, daſs der
letzte Rest der römischen Weltherrschaft, der dem Hofe von Byzanz
— bis zum 6. Jahrhundert — verblieb, das ausschlieſsliche Recht war,
Goldmünzen zu schlagen. Und endlich wird sie dadurch bestätigt,
daſs unter den Fällen der oben erwähnten lokalen Beschränktheit für
die Papiergeldzirkulation innerhalb des ausgebenden Staates selbst,
auch dieser vorkommt: in Frankreich gab es einmal Noten, welche
überall, nur nicht in Hafenstädten, also nicht an den Punkten
des weitausstrahlenden Verkehrs, gelten sollten. Ganz allgemein muſs,
sobald der Kreis sich erweitert, auch dem Fremden und den Bezugs-
ländern die Währung annehmbar und verführerisch gemacht werden.
Mit der Vergröſserung des Wirtschaftskreises geht nun — ceteris pa-
ribus — Lockerung desselben Hand in Hand; die gegenseitige Einsicht
in die Verhältnisse wird unvollkommner, das Vertrauen bedingter, die
Vollstreckbarkeit der Ansprüche unsicherer. Unter solchen Umständen
wird niemand Ware liefern, wenn das Geld, mit dem er bezahlt wird,
nur in dem Kreise des Abnehmers mit Sicherheit verwendbar ist,
während dies in anderen zweifelhaft ist. Er wird also ein Geld ver-
langen, das an sich wertvoll ist, d. h. überall acceptiert wird. Die
Steigerung des Substanzwertes des Geldes bedeutet die Vergröſserung
des Kreises von Subjekten, in dem seine allgemeine Anerkennung ge-
sichert ist, während in einem engeren Kreise seine Weiterverwertbar-
keit sich auf besondere soziale, rechtliche, personale Garantien und
Verknüpfungen hin ergeben kann. Setzen wir voraus, daſs die Weiter-
verwertbarkeit des Geldes das Motiv seiner Annahme ist, so bildet sein
Substanzwert gleichsam das Pfand dafür, das auf Null sinken kann,
wenn die Verwertbarkeit durch andre Mittel gesichert ist, und um so
höher steigen muſs, je gröſser das Risiko ihrer ist. Nun aber bewirkt die
wachsende wirtschaftliche Kultur, daſs der sehr vergröſserte, schlieſslich
internationale Kreis in dieser Hinsicht die Züge erhält, die ursprüng-
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/177>, abgerufen am 18.12.2024.
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