der Ware und der bestimmten Geldsumme braucht ihre gegenseitige Verhältnismässigkeit zu begründen; der Geldpreis braucht vielmehr keinen Wert überhaupt oder wenigstens keinen Wert in demselben Sinne zu enthalten, sondern nur denselben Bruch mit allem Geld überhaupt zu bilden, den die Ware mit allen Warenwerten überhaupt bildet. -- Auch der Verlauf der Individualwirtschaft zeigt, wie abhängig der Geldpreis einer Ware von dem Verhältnis dieser zu einer Warengesamtheit ist. Man sagt: wir bringen ein Geldopfer -- das uns an sich beschwerlich ist -- nur wenn wir einen angemessenen Gegenwert erhalten. Jede Ersparnis an jenem Opfer wird als ein positiver Gewinn gerechnet. Allein sie ist ein Gewinn nur dadurch, dass sie ermöglicht, dasselbe Opfer bei einer anderen Gelegenheit zu bringen. Wüsste ich mit dem Geld sonst nichts anzufangen, so würde ich meinen ganzen Geldbesitz ohne weiteres für das eine Objekt, für das er gefordert würde, hin- geben. Die Angemessenheit des Preises bedeutet also nur, dass ich -- als Durchschnittswesen -- nachdem ich ihn bezahlt habe, noch so viel übrig behalten muss, um die übrigen gleichfalls begehrten Dinge zu kaufen. Der Aufwand für jeden einzelnen Gegenstand muss sich danach richten, dass ich noch andere Gegenstände ausser ihm kaufen will. Wenn jedermann seine privaten Ausgaben so reguliert, dass sein Aufwand für jede Warengattung seinem Gesamteinkommen proportioniert ist, so bedeutet dies, dass sein Aufwand für das Einzelne sich zu seinem Aufwand für das Ganze der Wirtschaft verhält, wie sich die Bedeutung des beschafften Einzelobjekts zu der der zu beschaffenden Gesamtheit der ihm wünschbaren und zugängigen Objekte verhält. Und dieses Schema der Individualwirtschaft ist offenbar nicht nur eine Analogie der Wirtschaft überhaupt, sondern aus seiner durchgängigen Anwendung muss die Festsetzung der Durchschnittspreise hervorgehen: die fort- währenden subjektiven Abwägungen müssen als Niederschlag das objek- tive Verhältnis zwischen Ware und Preis erzeugen, das also ebenso von der Proportion zwischen dem wirksamen Gesamtwarenvorrat und dem Gesamtgeldquantum abhängt, wie -- alle Modifikationen vor- behalten -- von der Proportion zwischen den Gesamtbedürfnissen des Einzelnen und seinem dafür verfügbaren Gesamtgeldeinkommen.
Die ganze bisherige Deduktion berührte in keiner Weise die Frage, ob das Geld in Wirklichkeit ein Wert ist oder nicht; sondern nur dass seine Funktion, Werte zu messen, ihm den Charakter eines Eigen- wertes nicht aufzwingt, galt es zu beweisen. Aber diese blosse Mög- lichkeit macht doch den Weg für die Erkenntnis nicht nur seines wirklichen Entwicklungsganges, sondern vor allem seines innerlichen Wesens frei. -- Auf den primitiven Wirtschaftsstufen treten allenthalben
der Ware und der bestimmten Geldsumme braucht ihre gegenseitige Verhältnismäſsigkeit zu begründen; der Geldpreis braucht vielmehr keinen Wert überhaupt oder wenigstens keinen Wert in demselben Sinne zu enthalten, sondern nur denselben Bruch mit allem Geld überhaupt zu bilden, den die Ware mit allen Warenwerten überhaupt bildet. — Auch der Verlauf der Individualwirtschaft zeigt, wie abhängig der Geldpreis einer Ware von dem Verhältnis dieser zu einer Warengesamtheit ist. Man sagt: wir bringen ein Geldopfer — das uns an sich beschwerlich ist — nur wenn wir einen angemessenen Gegenwert erhalten. Jede Ersparnis an jenem Opfer wird als ein positiver Gewinn gerechnet. Allein sie ist ein Gewinn nur dadurch, daſs sie ermöglicht, dasselbe Opfer bei einer anderen Gelegenheit zu bringen. Wüſste ich mit dem Geld sonst nichts anzufangen, so würde ich meinen ganzen Geldbesitz ohne weiteres für das eine Objekt, für das er gefordert würde, hin- geben. Die Angemessenheit des Preises bedeutet also nur, daſs ich — als Durchschnittswesen — nachdem ich ihn bezahlt habe, noch so viel übrig behalten muſs, um die übrigen gleichfalls begehrten Dinge zu kaufen. Der Aufwand für jeden einzelnen Gegenstand muſs sich danach richten, daſs ich noch andere Gegenstände auſser ihm kaufen will. Wenn jedermann seine privaten Ausgaben so reguliert, daſs sein Aufwand für jede Warengattung seinem Gesamteinkommen proportioniert ist, so bedeutet dies, daſs sein Aufwand für das Einzelne sich zu seinem Aufwand für das Ganze der Wirtschaft verhält, wie sich die Bedeutung des beschafften Einzelobjekts zu der der zu beschaffenden Gesamtheit der ihm wünschbaren und zugängigen Objekte verhält. Und dieses Schema der Individualwirtschaft ist offenbar nicht nur eine Analogie der Wirtschaft überhaupt, sondern aus seiner durchgängigen Anwendung muſs die Festsetzung der Durchschnittspreise hervorgehen: die fort- währenden subjektiven Abwägungen müssen als Niederschlag das objek- tive Verhältnis zwischen Ware und Preis erzeugen, das also ebenso von der Proportion zwischen dem wirksamen Gesamtwarenvorrat und dem Gesamtgeldquantum abhängt, wie — alle Modifikationen vor- behalten — von der Proportion zwischen den Gesamtbedürfnissen des Einzelnen und seinem dafür verfügbaren Gesamtgeldeinkommen.
Die ganze bisherige Deduktion berührte in keiner Weise die Frage, ob das Geld in Wirklichkeit ein Wert ist oder nicht; sondern nur daſs seine Funktion, Werte zu messen, ihm den Charakter eines Eigen- wertes nicht aufzwingt, galt es zu beweisen. Aber diese bloſse Mög- lichkeit macht doch den Weg für die Erkenntnis nicht nur seines wirklichen Entwicklungsganges, sondern vor allem seines innerlichen Wesens frei. — Auf den primitiven Wirtschaftsstufen treten allenthalben
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der Ware und der bestimmten Geldsumme braucht ihre gegenseitige
Verhältnismäſsigkeit zu begründen; der Geldpreis braucht vielmehr keinen
Wert überhaupt oder wenigstens keinen Wert in demselben Sinne zu
enthalten, sondern nur denselben Bruch mit allem Geld überhaupt zu
bilden, den die Ware mit allen Warenwerten überhaupt bildet. — Auch
der Verlauf der Individualwirtschaft zeigt, wie abhängig der Geldpreis
einer Ware von dem Verhältnis dieser zu einer Warengesamtheit ist.
Man sagt: wir bringen ein Geldopfer — das uns an sich beschwerlich
ist — nur wenn wir einen angemessenen Gegenwert erhalten. Jede
Ersparnis an jenem Opfer wird als ein positiver Gewinn gerechnet.
Allein sie ist ein Gewinn nur dadurch, daſs sie ermöglicht, dasselbe
Opfer bei einer anderen Gelegenheit zu bringen. Wüſste ich mit dem
Geld sonst nichts anzufangen, so würde ich meinen ganzen Geldbesitz
ohne weiteres für das eine Objekt, für das er gefordert würde, hin-
geben. Die Angemessenheit des Preises bedeutet also nur, daſs ich —
als Durchschnittswesen — nachdem ich ihn bezahlt habe, noch so viel
übrig behalten muſs, um die übrigen gleichfalls begehrten Dinge zu
kaufen. Der Aufwand für jeden einzelnen Gegenstand muſs sich
danach richten, daſs ich noch andere Gegenstände auſser ihm kaufen
will. Wenn jedermann seine privaten Ausgaben so reguliert, daſs sein
Aufwand für jede Warengattung seinem Gesamteinkommen proportioniert
ist, so bedeutet dies, daſs sein Aufwand für das Einzelne sich zu seinem
Aufwand für das Ganze der Wirtschaft verhält, wie sich die Bedeutung
des beschafften Einzelobjekts zu der der zu beschaffenden Gesamtheit
der ihm wünschbaren und zugängigen Objekte verhält. Und dieses
Schema der Individualwirtschaft ist offenbar nicht nur eine Analogie
der Wirtschaft überhaupt, sondern aus seiner durchgängigen Anwendung
muſs die Festsetzung der Durchschnittspreise hervorgehen: die fort-
währenden subjektiven Abwägungen müssen als Niederschlag das objek-
tive Verhältnis zwischen Ware und Preis erzeugen, das also ebenso
von der Proportion zwischen dem wirksamen Gesamtwarenvorrat und
dem Gesamtgeldquantum abhängt, wie — alle Modifikationen vor-
behalten — von der Proportion zwischen den Gesamtbedürfnissen
des Einzelnen und seinem dafür verfügbaren Gesamtgeldeinkommen.
Die ganze bisherige Deduktion berührte in keiner Weise die Frage,
ob das Geld in Wirklichkeit ein Wert ist oder nicht; sondern nur daſs
seine Funktion, Werte zu messen, ihm den Charakter eines Eigen-
wertes nicht aufzwingt, galt es zu beweisen. Aber diese bloſse Mög-
lichkeit macht doch den Weg für die Erkenntnis nicht nur seines
wirklichen Entwicklungsganges, sondern vor allem seines innerlichen
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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