als gleichwertig der Münzeinheit dieses letzteren be- handelt. So setzten die alten Iren, als sie in Beziehung zu den Römern traten, ihre Werteinheit, die Kuh, gleich einer Unze Silber; die wilden Bergstämme in Annam, die nur Naturaltausch treiben, haben den Büffel als Grundwert, und bei ihrem Verkehr mit den kultivierteren Bewohnern der Ebene wird die Werteinheit dieser, eine Silberstange von bestimmter Grösse, gleich einem Büffel gewertet. Derselbe Grund- zug ist bei einem wilden Volksstamm nahe Laos wirksam: diese treiben nur Tauschhandel, ihre Einheit ist die eiserne Hacke. Aber sie waschen Flussgold aus, das sie den Nachbarstämmen verkaufen und das der einzige Gegenstand ist, den sie wägen. Dazu haben sie kein anderes Mittel als das Maiskorn; und nun verkaufen sie je ein Maiskorn Gold für je eine Hacke! Da die Wareneinheit des Naturaltausches ebenso die Wertidee des ganzen Objektskreises versinnlicht oder vertritt, wie die Geldeinheit die des Münzkomplexes, so ist diese Formulierung: Eins gegen Eins -- nur die naiv ausgedrückte Äquivalenz der fraglichen Gesamtheiten. Man darf wohl annehmen, dass das Verhältnis der Ein- heiten als mindestens symbolische Darstellung des Verhältnisses der Ganzheiten empfunden wird.
Liegt nun aber einmal die Äquivalenz der letzteren gleichsam als wirksames, wenn auch nicht gewusstes Apriori zum Grunde, so stellt sich über dessen subjektiver Zufälligkeit eine objektive Proportion zwischen den Teilquanten her. Denn nun ist wirklich etwas da, was auf beiden Seiten das genau gleiche ist: nämlich der Bruch zwischen jeder der beiden vorliegenden Teilgrössen und dem absoluten Quantum, zu dem die einzelne gehört. Vollkommene Ausgeglichenheit aller Verschiebungen und zufälligen Ungleichmässigkeiten in der Preisbildung vorausgesetzt, würde sich in dem Bezirke des Geld-Waren-Tausches jede Ware zu ihrem Preis verhalten, wie alle momentan ökonomisch wirksamen Waren zu allem momentan wirksamen Geld. Ob dieses letztere mit dem anderen eine begriffliche, qualitative Verwandtschaft hat, ist hier- bei völlig irrelevant. Wenn eine Ware also 20 m kostet, so ist dies 1/m des Geldvorrats überhaupt; d. h. sie ist an Wert 1/m des Gütervor- rats überhaupt. Durch diese Vermittlung hindurch können 20 m sie völlig messen, obgleich sie generell von ihr völlig verschieden sind; wobei immer wieder betont werden muss, dass die Voraussetzung einer einfachen Beziehung zwischen allen Waren und allem Geld eine ganz vorläufige, rohe und schematische ist. Dass die Ware und ihr Massstab gleichen Wesens sein müssen, wäre eine richtige Forderung, wenn man eine einzelne Ware unmittelbar einem Geldwert gleich zu setzen hätte. Aber man hat ja bloss für Zwecke des Tausches und der Wertbestimmung
als gleichwertig der Münzeinheit dieses letzteren be- handelt. So setzten die alten Iren, als sie in Beziehung zu den Römern traten, ihre Werteinheit, die Kuh, gleich einer Unze Silber; die wilden Bergstämme in Annam, die nur Naturaltausch treiben, haben den Büffel als Grundwert, und bei ihrem Verkehr mit den kultivierteren Bewohnern der Ebene wird die Werteinheit dieser, eine Silberstange von bestimmter Gröſse, gleich einem Büffel gewertet. Derselbe Grund- zug ist bei einem wilden Volksstamm nahe Laos wirksam: diese treiben nur Tauschhandel, ihre Einheit ist die eiserne Hacke. Aber sie waschen Fluſsgold aus, das sie den Nachbarstämmen verkaufen und das der einzige Gegenstand ist, den sie wägen. Dazu haben sie kein anderes Mittel als das Maiskorn; und nun verkaufen sie je ein Maiskorn Gold für je eine Hacke! Da die Wareneinheit des Naturaltausches ebenso die Wertidee des ganzen Objektskreises versinnlicht oder vertritt, wie die Geldeinheit die des Münzkomplexes, so ist diese Formulierung: Eins gegen Eins — nur die naiv ausgedrückte Äquivalenz der fraglichen Gesamtheiten. Man darf wohl annehmen, daſs das Verhältnis der Ein- heiten als mindestens symbolische Darstellung des Verhältnisses der Ganzheiten empfunden wird.
Liegt nun aber einmal die Äquivalenz der letzteren gleichsam als wirksames, wenn auch nicht gewuſstes Apriori zum Grunde, so stellt sich über dessen subjektiver Zufälligkeit eine objektive Proportion zwischen den Teilquanten her. Denn nun ist wirklich etwas da, was auf beiden Seiten das genau gleiche ist: nämlich der Bruch zwischen jeder der beiden vorliegenden Teilgröſsen und dem absoluten Quantum, zu dem die einzelne gehört. Vollkommene Ausgeglichenheit aller Verschiebungen und zufälligen Ungleichmäſsigkeiten in der Preisbildung vorausgesetzt, würde sich in dem Bezirke des Geld-Waren-Tausches jede Ware zu ihrem Preis verhalten, wie alle momentan ökonomisch wirksamen Waren zu allem momentan wirksamen Geld. Ob dieses letztere mit dem anderen eine begriffliche, qualitative Verwandtschaft hat, ist hier- bei völlig irrelevant. Wenn eine Ware also 20 m kostet, so ist dies 1/m des Geldvorrats überhaupt; d. h. sie ist an Wert 1/m des Gütervor- rats überhaupt. Durch diese Vermittlung hindurch können 20 m sie völlig messen, obgleich sie generell von ihr völlig verschieden sind; wobei immer wieder betont werden muſs, daſs die Voraussetzung einer einfachen Beziehung zwischen allen Waren und allem Geld eine ganz vorläufige, rohe und schematische ist. Daſs die Ware und ihr Maſsstab gleichen Wesens sein müssen, wäre eine richtige Forderung, wenn man eine einzelne Ware unmittelbar einem Geldwert gleich zu setzen hätte. Aber man hat ja bloſs für Zwecke des Tausches und der Wertbestimmung
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als gleichwertig der Münzeinheit dieses letzteren be-
handelt. So setzten die alten Iren, als sie in Beziehung zu den
Römern traten, ihre Werteinheit, die Kuh, gleich einer Unze Silber;
die wilden Bergstämme in Annam, die nur Naturaltausch treiben, haben
den Büffel als Grundwert, und bei ihrem Verkehr mit den kultivierteren
Bewohnern der Ebene wird die Werteinheit dieser, eine Silberstange
von bestimmter Gröſse, gleich einem Büffel gewertet. Derselbe Grund-
zug ist bei einem wilden Volksstamm nahe Laos wirksam: diese treiben
nur Tauschhandel, ihre Einheit ist die eiserne Hacke. Aber sie waschen
Fluſsgold aus, das sie den Nachbarstämmen verkaufen und das der
einzige Gegenstand ist, den sie wägen. Dazu haben sie kein anderes
Mittel als das Maiskorn; und nun verkaufen sie je ein Maiskorn Gold
für je eine Hacke! Da die Wareneinheit des Naturaltausches ebenso
die Wertidee des ganzen Objektskreises versinnlicht oder vertritt, wie
die Geldeinheit die des Münzkomplexes, so ist diese Formulierung:
Eins gegen Eins — nur die naiv ausgedrückte Äquivalenz der fraglichen
Gesamtheiten. Man darf wohl annehmen, daſs das Verhältnis der Ein-
heiten als mindestens symbolische Darstellung des Verhältnisses der
Ganzheiten empfunden wird.
Liegt nun aber einmal die Äquivalenz der letzteren gleichsam als
wirksames, wenn auch nicht gewuſstes Apriori zum Grunde, so stellt sich
über dessen subjektiver Zufälligkeit eine objektive Proportion zwischen
den Teilquanten her. Denn nun ist wirklich etwas da, was auf beiden
Seiten das genau gleiche ist: nämlich der Bruch zwischen jeder der
beiden vorliegenden Teilgröſsen und dem absoluten Quantum, zu dem
die einzelne gehört. Vollkommene Ausgeglichenheit aller Verschiebungen
und zufälligen Ungleichmäſsigkeiten in der Preisbildung vorausgesetzt,
würde sich in dem Bezirke des Geld-Waren-Tausches jede Ware zu
ihrem Preis verhalten, wie alle momentan ökonomisch wirksamen
Waren zu allem momentan wirksamen Geld. Ob dieses letztere mit
dem anderen eine begriffliche, qualitative Verwandtschaft hat, ist hier-
bei völlig irrelevant. Wenn eine Ware also 20 m kostet, so ist dies 1/m
des Geldvorrats überhaupt; d. h. sie ist an Wert 1/m des Gütervor-
rats überhaupt. Durch diese Vermittlung hindurch können 20 m sie
völlig messen, obgleich sie generell von ihr völlig verschieden sind;
wobei immer wieder betont werden muſs, daſs die Voraussetzung einer
einfachen Beziehung zwischen allen Waren und allem Geld eine ganz
vorläufige, rohe und schematische ist. Daſs die Ware und ihr Maſsstab
gleichen Wesens sein müssen, wäre eine richtige Forderung, wenn man
eine einzelne Ware unmittelbar einem Geldwert gleich zu setzen hätte.
Aber man hat ja bloſs für Zwecke des Tausches und der Wertbestimmung
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/116>, abgerufen am 23.11.2024.
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