Objekte tauschbar werden, so dass das Geld, der Träger und Ausdruck der Tauschbarkeit als solcher, das unindividuellste Gebilde unserer praktischen Welt ist. Insoweit die Dinge gegen Geld vertauscht werden -- nicht ebenso im Naturaltausch! -- haben sie an dieser Unindividualität Teil und man kann den Mangel jenes spezifischen Wertes an einem Dinge nicht schärfer ausdrücken, als dass man seine Stelle durch sein Geldäquivalent ausfüllen lässt, ohne eine Lücke zu empfinden. Das Geld ist nicht nur der absolut fungible Gegenstand, von dem also jedes Quantum durch beliebig andere Stücke ununter- scheidbar ersetzt werden kann, sondern es ist sozusagen die Fungibili- tät der Dinge in Person. Dies sind die beiden Pole, zwischen denen alle Werte überhaupt stehen: einerseits das schlechthin Individuelle, dessen Bedeutung für uns nicht in irgend einem allgemeinen, in irgend einem anderen Objekt gleichfalls darstellbaren Wertquantum liegt, und dessen Stelle innerhalb unseres Wertsystems durch nichts anderes aus- füllbar ist, andererseits das schlechthin Fungible; zwischen beiden bewegen sich die Dinge in verschiedenen Graden der Ersetzbarkeit, bestimmt danach, in welchem Masse sie überhaupt ersetzbar sind, und danach, durch eine wie grosse Mannigfaltigkeit anderer Objekte sie es sind. Man kann es auch so darstellen, dass man an jedem Dinge die Seite seiner Unersetzlichkeit und die seiner Ersetzlichkeit unterscheidet. Von den meisten Dingen wird man sagen dürfen -- worüber uns frei- lich von der einen Seite die Flüchtigkeit des praktischen Verkehrs, von der entgegengesetzten her Beschränktheit und Eigensinn oft täuschen -- dass jeder Gegenstand an beiden Bestimmtheiten Teil hat; selbst das für Geld Käufliche und durch Geld Ersetzbare dürfte bei genauerem Hinfühlen oft doch Sachqualitäten haben, deren Wertnuance durch keinen anderen Besitz völlig ersetzt werden kann. Erst die Grenzen unserer praktischen Welt werden durch die Erscheinungen bezeichnet, in denen je die eine dieser Bestimmtheiten unendlich klein ist: auf der einen Seite die an Zahl äusserst geringen Werte, von denen die Erhaltung unseres Ich in seiner individuellen Integrität ab- hängt, bei denen also eine Tauschbarkeit nicht in Frage steht, auf der anderen das Geld -- die aus den Dingen heraus abstrahierte Tausch- barkeit ihrer -- dessen absolute Unindividualität daran hängt, dass es das Verhältnis zwischen Individuellerem ausspricht und zwar das- jenige, das bei endlosem Wechsel dieses immer dasselbe bleibt.
Jener Sinn des Geldes, den Relationen der Wirtschaftsobjekte gegenüberzustehen, grade weil es nichts ist, als die Körper gewordene Relation selbst, äussert sich empirisch als Wertkonstanz, die ersicht- lich an seiner Fungibilität und Qualitätlosigkeit hängt, und in der man
Objekte tauschbar werden, so daſs das Geld, der Träger und Ausdruck der Tauschbarkeit als solcher, das unindividuellste Gebilde unserer praktischen Welt ist. Insoweit die Dinge gegen Geld vertauscht werden — nicht ebenso im Naturaltausch! — haben sie an dieser Unindividualität Teil und man kann den Mangel jenes spezifischen Wertes an einem Dinge nicht schärfer ausdrücken, als daſs man seine Stelle durch sein Geldäquivalent ausfüllen läſst, ohne eine Lücke zu empfinden. Das Geld ist nicht nur der absolut fungible Gegenstand, von dem also jedes Quantum durch beliebig andere Stücke ununter- scheidbar ersetzt werden kann, sondern es ist sozusagen die Fungibili- tät der Dinge in Person. Dies sind die beiden Pole, zwischen denen alle Werte überhaupt stehen: einerseits das schlechthin Individuelle, dessen Bedeutung für uns nicht in irgend einem allgemeinen, in irgend einem anderen Objekt gleichfalls darstellbaren Wertquantum liegt, und dessen Stelle innerhalb unseres Wertsystems durch nichts anderes aus- füllbar ist, andererseits das schlechthin Fungible; zwischen beiden bewegen sich die Dinge in verschiedenen Graden der Ersetzbarkeit, bestimmt danach, in welchem Maſse sie überhaupt ersetzbar sind, und danach, durch eine wie groſse Mannigfaltigkeit anderer Objekte sie es sind. Man kann es auch so darstellen, daſs man an jedem Dinge die Seite seiner Unersetzlichkeit und die seiner Ersetzlichkeit unterscheidet. Von den meisten Dingen wird man sagen dürfen — worüber uns frei- lich von der einen Seite die Flüchtigkeit des praktischen Verkehrs, von der entgegengesetzten her Beschränktheit und Eigensinn oft täuschen — daſs jeder Gegenstand an beiden Bestimmtheiten Teil hat; selbst das für Geld Käufliche und durch Geld Ersetzbare dürfte bei genauerem Hinfühlen oft doch Sachqualitäten haben, deren Wertnuance durch keinen anderen Besitz völlig ersetzt werden kann. Erst die Grenzen unserer praktischen Welt werden durch die Erscheinungen bezeichnet, in denen je die eine dieser Bestimmtheiten unendlich klein ist: auf der einen Seite die an Zahl äuſserst geringen Werte, von denen die Erhaltung unseres Ich in seiner individuellen Integrität ab- hängt, bei denen also eine Tauschbarkeit nicht in Frage steht, auf der anderen das Geld — die aus den Dingen heraus abstrahierte Tausch- barkeit ihrer — dessen absolute Unindividualität daran hängt, daſs es das Verhältnis zwischen Individuellerem ausspricht und zwar das- jenige, das bei endlosem Wechsel dieses immer dasselbe bleibt.
Jener Sinn des Geldes, den Relationen der Wirtschaftsobjekte gegenüberzustehen, grade weil es nichts ist, als die Körper gewordene Relation selbst, äuſsert sich empirisch als Wertkonstanz, die ersicht- lich an seiner Fungibilität und Qualitätlosigkeit hängt, und in der man
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Objekte tauschbar werden, so daſs das Geld, der Träger und Ausdruck
der Tauschbarkeit als solcher, das unindividuellste Gebilde unserer
praktischen Welt ist. Insoweit die Dinge gegen Geld vertauscht
werden — nicht ebenso im Naturaltausch! — haben sie an dieser
Unindividualität Teil und man kann den Mangel jenes spezifischen
Wertes an einem Dinge nicht schärfer ausdrücken, als daſs man seine
Stelle durch sein Geldäquivalent ausfüllen läſst, ohne eine Lücke zu
empfinden. Das Geld ist nicht nur der absolut fungible Gegenstand,
von dem also jedes Quantum durch beliebig andere Stücke ununter-
scheidbar ersetzt werden kann, sondern es ist sozusagen die Fungibili-
tät der Dinge in Person. Dies sind die beiden Pole, zwischen denen
alle Werte überhaupt stehen: einerseits das schlechthin Individuelle,
dessen Bedeutung für uns nicht in irgend einem allgemeinen, in irgend
einem anderen Objekt gleichfalls darstellbaren Wertquantum liegt, und
dessen Stelle innerhalb unseres Wertsystems durch nichts anderes aus-
füllbar ist, andererseits das schlechthin Fungible; zwischen beiden
bewegen sich die Dinge in verschiedenen Graden der Ersetzbarkeit,
bestimmt danach, in welchem Maſse sie überhaupt ersetzbar sind, und
danach, durch eine wie groſse Mannigfaltigkeit anderer Objekte sie es
sind. Man kann es auch so darstellen, daſs man an jedem Dinge die
Seite seiner Unersetzlichkeit und die seiner Ersetzlichkeit unterscheidet.
Von den meisten Dingen wird man sagen dürfen — worüber uns frei-
lich von der einen Seite die Flüchtigkeit des praktischen Verkehrs,
von der entgegengesetzten her Beschränktheit und Eigensinn oft
täuschen — daſs jeder Gegenstand an beiden Bestimmtheiten Teil hat;
selbst das für Geld Käufliche und durch Geld Ersetzbare dürfte bei
genauerem Hinfühlen oft doch Sachqualitäten haben, deren Wertnuance
durch keinen anderen Besitz völlig ersetzt werden kann. Erst die
Grenzen unserer praktischen Welt werden durch die Erscheinungen
bezeichnet, in denen je die eine dieser Bestimmtheiten unendlich klein
ist: auf der einen Seite die an Zahl äuſserst geringen Werte, von
denen die Erhaltung unseres Ich in seiner individuellen Integrität ab-
hängt, bei denen also eine Tauschbarkeit nicht in Frage steht, auf der
anderen das Geld — die aus den Dingen heraus abstrahierte Tausch-
barkeit ihrer — dessen absolute Unindividualität daran hängt, daſs es
das Verhältnis zwischen Individuellerem ausspricht und zwar das-
jenige, das bei endlosem Wechsel dieses immer dasselbe bleibt.
Jener Sinn des Geldes, den Relationen der Wirtschaftsobjekte
gegenüberzustehen, grade weil es nichts ist, als die Körper gewordene
Relation selbst, äuſsert sich empirisch als Wertkonstanz, die ersicht-
lich an seiner Fungibilität und Qualitätlosigkeit hängt, und in der man
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/104>, abgerufen am 27.11.2024.
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