Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
Joh: Angeli erstes Buch
158. Wer trinkt den Lebensbrunn?
Wer dorte bey dem Brunn deß Lebens denkt zusitzen:
Der muß zuvor allhier den eignen Durst außschwitzen.
159. Die ledigkeit ist wie GOtt.
Mensch wo du ledig bist/ das Wasser quillt auß dir/
So wol als auß dem Brunn der Ewigkeit herfür.
160. GOtt dürstet/ tränk Jhn doch.
GOtt selber klaget durst: Ach daß du Jhn so Kränkest!
Und nicht wie jenes Weib die Samaritin Tränkest.
161. Das Ewge Licht.
Jch bin ein Ewig Licht/ Jch brenn ohn unterlaß:
Mein tocht und öl ist Gott/ Mein Geist der ist das Faß.
162. Du must die Kindschafft haben,
So du den höchsten Gott wilt deinen Vatter nennen/
So mustu dich zuvor sein Kind zu seyn/ bekennen.
163. Die Menschheit sol man lieben.
Daß du nicht Menschen liebst/ das thustu recht und wol/
Die Menschheit ists die man im Menschen lieben sol.
164. GOtt schaut man mit gelassenheit.
Der Engel schauet GOtt mit heitern Augen an:
Jch aber noch vil mehr/ so ich GOtt lassen kan.
165. Wo die Weißheit gerne ist.
Die Weißheit findt sich gern wo jhre Kinder sind/
Warumm? (O wunder ding!) sie selber ist ein Kind.
166. Der
Joh: Angeli erſtes Buch
158. Wer trinkt den Lebensbrunn?
Wer dorte bey dem Brunn deß Lebens denkt zuſitzen:
Der muß zuvor allhier den eignen Durſt außſchwitzen.
159. Die ledigkeit iſt wie GOtt.
Menſch wo du ledig biſt/ das Waſſer quillt auß dir/
So wol als auß dem Brunn der Ewigkeit herfuͤr.
160. GOtt duͤrſtet/ traͤnk Jhn doch.
GOtt ſelber klaget durſt: Ach daß du Jhn ſo Kraͤnkeſt!
Und nicht wie jenes Weib die Samaritin Traͤnkeſt.
161. Das Ewge Licht.
Jch bin ein Ewig Licht/ Jch brenn ohn unterlaß:
Mein tocht und oͤl iſt Gott/ Mein Geiſt der iſt das Faß.
162. Du muſt die Kindſchafft haben,
So du den hoͤchſten Gott wilt deinen Vatter nennen/
So muſtu dich zuvor ſein Kind zu ſeyn/ bekennen.
163. Die Menſchheit ſol man lieben.
Daß du nicht Menſchen liebſt/ das thuſtu recht und wol/
Die Menſchheit iſts die man im Menſchen lieben ſol.
164. GOtt ſchaut man mit gelaſſenheit.
Der Engel ſchauet GOtt mit heitern Augen an:
Jch aber noch vil mehr/ ſo ich GOtt laſſen kan.
165. Wo die Weißheit gerne iſt.
Die Weißheit findt ſich gern wo jhre Kinder ſind/
Warum̄? (O wunder ding!) ſie ſelber iſt ein Kind.
166. Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0048" n="42"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Joh: Angeli er&#x017F;tes Buch</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>158. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Wer trinkt den Lebensbrunn?</hi></hi></head><lb/>
          <l>Wer dorte bey dem Brunn deß Lebens denkt zu&#x017F;itzen:</l><lb/>
          <l>Der muß zuvor allhier den eignen Dur&#x017F;t auß&#x017F;chwitzen.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>159. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die ledigkeit i&#x017F;t wie GOtt.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Men&#x017F;ch wo du ledig bi&#x017F;t/ das Wa&#x017F;&#x017F;er quillt auß dir/</l><lb/>
          <l>So wol als auß dem Brunn der Ewigkeit herfu&#x0364;r.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>160. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt du&#x0364;r&#x017F;tet/ tra&#x0364;nk Jhn doch.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt &#x017F;elber klaget dur&#x017F;t: Ach daß du Jhn &#x017F;o Kra&#x0364;nke&#x017F;t!</l><lb/>
          <l>Und nicht wie jenes Weib die Samaritin Tra&#x0364;nke&#x017F;t.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>161. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Ewge Licht.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Jch bin ein Ewig Licht/ Jch brenn ohn unterlaß:</l><lb/>
          <l>Mein tocht und o&#x0364;l i&#x017F;t Gott/ Mein Gei&#x017F;t der i&#x017F;t das Faß.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>162. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Du mu&#x017F;t die Kind&#x017F;chafft haben,</hi></hi></head><lb/>
          <l>So du den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gott wilt deinen Vatter nennen/</l><lb/>
          <l>So mu&#x017F;tu dich zuvor &#x017F;ein Kind zu &#x017F;eyn/ bekennen.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>163. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die Men&#x017F;chheit &#x017F;ol man lieben.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Daß du nicht Men&#x017F;chen lieb&#x017F;t/ das thu&#x017F;tu recht und wol/</l><lb/>
          <l>Die Men&#x017F;chheit i&#x017F;ts die man im Men&#x017F;chen lieben &#x017F;ol.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>164. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt &#x017F;chaut man mit gela&#x017F;&#x017F;enheit.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Der Engel &#x017F;chauet GOtt mit heitern Augen an:</l><lb/>
          <l>Jch aber noch vil mehr/ &#x017F;o ich GOtt la&#x017F;&#x017F;en kan.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>165. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Wo die Weißheit gerne i&#x017F;t.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Weißheit findt &#x017F;ich gern wo jhre Kinder &#x017F;ind/</l><lb/>
          <l>Warum&#x0304;? (O wunder ding!) &#x017F;ie &#x017F;elber i&#x017F;t ein Kind.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">166. Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0048] Joh: Angeli erſtes Buch 158. Wer trinkt den Lebensbrunn? Wer dorte bey dem Brunn deß Lebens denkt zuſitzen: Der muß zuvor allhier den eignen Durſt außſchwitzen. 159. Die ledigkeit iſt wie GOtt. Menſch wo du ledig biſt/ das Waſſer quillt auß dir/ So wol als auß dem Brunn der Ewigkeit herfuͤr. 160. GOtt duͤrſtet/ traͤnk Jhn doch. GOtt ſelber klaget durſt: Ach daß du Jhn ſo Kraͤnkeſt! Und nicht wie jenes Weib die Samaritin Traͤnkeſt. 161. Das Ewge Licht. Jch bin ein Ewig Licht/ Jch brenn ohn unterlaß: Mein tocht und oͤl iſt Gott/ Mein Geiſt der iſt das Faß. 162. Du muſt die Kindſchafft haben, So du den hoͤchſten Gott wilt deinen Vatter nennen/ So muſtu dich zuvor ſein Kind zu ſeyn/ bekennen. 163. Die Menſchheit ſol man lieben. Daß du nicht Menſchen liebſt/ das thuſtu recht und wol/ Die Menſchheit iſts die man im Menſchen lieben ſol. 164. GOtt ſchaut man mit gelaſſenheit. Der Engel ſchauet GOtt mit heitern Augen an: Jch aber noch vil mehr/ ſo ich GOtt laſſen kan. 165. Wo die Weißheit gerne iſt. Die Weißheit findt ſich gern wo jhre Kinder ſind/ Warum̄? (O wunder ding!) ſie ſelber iſt ein Kind. 166. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/48
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/48>, abgerufen am 23.11.2024.