Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
Joh. Angeli erstes Buch
63 Steh selbst von Todten auff.
Jch sag/ es hilfft dich nicht/ daß Christus aufferstanden/
Wo du noch ligenbleibst in Sünd und todesbanden.
64. Die geistliche Säung.
GOtt ist ein Ackersmann/ das Korn sein ewges Wort
Die Pflugschar ist sein Geist/ mein Hertz der säungsort.
65. Armut ist Göttlich.
GOtt ist das ärmste ding/ Er steht gantz bloß und frey;
Drumb sag ich recht und wol/ daß armut Göttlich sey.
66. Das Hertz ist GOttes Herd.
Wo GOtt ein Fewer ist/ so ist mein Hertz der Herd/
Auf welchem Er das Holtz der Eittelkeit verzehrt.
67. Das Kind schreyt nach der Mutter.
Wie ein entmilchtes Kind nach seiner Mutter weint:
So schreyt die Seel nach GOtt/ die Jhn alleine meint.
68. Ein Abgrund rufft dem andern.
Der Abgrund meines Geists rufft immer mit Geschrey
Den Abgrund GOttes an: Sag welcher tieffer sey?
69. Milch mit Wein stärcket fein.
Die Menschheit ist die Milch/ die GOttheit ist der Wein:
Trink Milch mit Wein vermischt/ wiltu gestärket seyn.
70. Die Liebe:
Die Lieb' ist unser GOtt/ es lebet alls durch Liebe:
Wie seelig wär' ein Mensch der stäts in jhr verbliebe!
71. Man
Joh. Angeli erſtes Buch
63 Steh ſelbſt von Todten auff.
Jch ſag/ es hilfft dich nicht/ daß Chriſtus aufferſtanden/
Wo du noch ligenbleibſt in Suͤnd und todesbanden.
64. Die geiſtliche Saͤung.
GOtt iſt ein Ackersmann/ das Korn ſein ewges Wort
Die Pflugſchar iſt ſein Geiſt/ mein Hertz der ſaͤungsort.
65. Armut iſt Goͤttlich.
GOtt iſt das aͤrmſte ding/ Er ſteht gantz bloß und frey;
Drumb ſag ich recht und wol/ daß armut Goͤttlich ſey.
66. Das Hertz iſt GOttes Herd.
Wo GOtt ein Fewer iſt/ ſo iſt mein Hertz der Herd/
Auf welchem Er das Holtz der Eittelkeit verzehrt.
67. Das Kind ſchreyt nach der Mutter.
Wie ein entmilchtes Kind nach ſeiner Mutter weint:
So ſchreyt die Seel nach GOtt/ die Jhn alleine meint.
68. Ein Abgrund rufft dem andern.
Der Abgrund meines Geiſts rufft immer mit Geſchrey
Den Abgrund GOttes an: Sag welcher tieffer ſey?
69. Milch mit Wein ſtaͤrcket fein.
Die Menſchheit iſt die Milch/ die GOttheit iſt der Wein:
Trink Milch mit Wein vermiſcht/ wiltu geſtaͤrket ſeyn.
70. Die Liebe:
Die Lieb’ iſt unſer GOtt/ es lebet alls durch Liebe:
Wie ſeelig waͤr’ ein Menſch der ſtaͤts in jhr verbliebe!
71. Man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0036" n="30"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Joh. Angeli er&#x017F;tes Buch</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>63 <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Steh &#x017F;elb&#x017F;t von Todten auff.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Jch &#x017F;ag/ es hilfft dich nicht/ daß Chri&#x017F;tus auffer&#x017F;tanden/</l><lb/>
          <l>Wo du noch ligenbleib&#x017F;t in Su&#x0364;nd und todesbanden.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>64. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die gei&#x017F;tliche Sa&#x0364;ung.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt i&#x017F;t ein Ackersmann/ das Korn &#x017F;ein ewges Wort</l><lb/>
          <l>Die Pflug&#x017F;char i&#x017F;t &#x017F;ein Gei&#x017F;t/ mein Hertz der &#x017F;a&#x0364;ungsort.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>65. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Armut i&#x017F;t Go&#x0364;ttlich.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt i&#x017F;t das a&#x0364;rm&#x017F;te ding/ Er &#x017F;teht gantz bloß und frey;</l><lb/>
          <l>Drumb &#x017F;ag ich recht und wol/ daß armut Go&#x0364;ttlich &#x017F;ey.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>66. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Hertz i&#x017F;t GOttes Herd.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Wo GOtt ein Fewer i&#x017F;t/ &#x017F;o i&#x017F;t mein Hertz der Herd/</l><lb/>
          <l>Auf welchem Er das Holtz der Eittelkeit verzehrt.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>67. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Kind &#x017F;chreyt nach der Mutter.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Wie ein entmilchtes Kind nach &#x017F;einer Mutter weint:</l><lb/>
          <l>So &#x017F;chreyt die Seel nach GOtt/ die Jhn alleine meint.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>68. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Ein Abgrund rufft dem andern.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Der Abgrund meines Gei&#x017F;ts rufft immer mit Ge&#x017F;chrey</l><lb/>
          <l>Den Abgrund GOttes an: Sag welcher tieffer &#x017F;ey?</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>69. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Milch mit Wein &#x017F;ta&#x0364;rcket fein.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Men&#x017F;chheit i&#x017F;t die Milch/ die GOttheit i&#x017F;t der Wein:</l><lb/>
          <l>Trink Milch mit Wein vermi&#x017F;cht/ wiltu ge&#x017F;ta&#x0364;rket &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>70. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die Liebe:</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Lieb&#x2019; i&#x017F;t un&#x017F;er GOtt/ es lebet alls durch Liebe:</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;eelig wa&#x0364;r&#x2019; ein Men&#x017F;ch der &#x017F;ta&#x0364;ts in jhr verbliebe!</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">71. Man</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0036] Joh. Angeli erſtes Buch 63 Steh ſelbſt von Todten auff. Jch ſag/ es hilfft dich nicht/ daß Chriſtus aufferſtanden/ Wo du noch ligenbleibſt in Suͤnd und todesbanden. 64. Die geiſtliche Saͤung. GOtt iſt ein Ackersmann/ das Korn ſein ewges Wort Die Pflugſchar iſt ſein Geiſt/ mein Hertz der ſaͤungsort. 65. Armut iſt Goͤttlich. GOtt iſt das aͤrmſte ding/ Er ſteht gantz bloß und frey; Drumb ſag ich recht und wol/ daß armut Goͤttlich ſey. 66. Das Hertz iſt GOttes Herd. Wo GOtt ein Fewer iſt/ ſo iſt mein Hertz der Herd/ Auf welchem Er das Holtz der Eittelkeit verzehrt. 67. Das Kind ſchreyt nach der Mutter. Wie ein entmilchtes Kind nach ſeiner Mutter weint: So ſchreyt die Seel nach GOtt/ die Jhn alleine meint. 68. Ein Abgrund rufft dem andern. Der Abgrund meines Geiſts rufft immer mit Geſchrey Den Abgrund GOttes an: Sag welcher tieffer ſey? 69. Milch mit Wein ſtaͤrcket fein. Die Menſchheit iſt die Milch/ die GOttheit iſt der Wein: Trink Milch mit Wein vermiſcht/ wiltu geſtaͤrket ſeyn. 70. Die Liebe: Die Lieb’ iſt unſer GOtt/ es lebet alls durch Liebe: Wie ſeelig waͤr’ ein Menſch der ſtaͤts in jhr verbliebe! 71. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/36
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/36>, abgerufen am 23.11.2024.