Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.Geistr. Sinn und schlußr. 55. Der Brunquell ist in uns. Dud arffst zu GOtt nicht schreyn/ der Brunnquellist in dir: Stopffstu den Außgang nicht/ er flüsse für und für. 56. Das mißtraun schmähet GOtt. So du auß Mißvertraun zu deinem GOtte flehest/Und jhn nicht sorgen läst: schau daß du Jhn nicht schmähest. 57. Jn Schwachheit wird Gott funden. Wer an den Füssen lahm/ und am Gesicht ist blind/Der thue sich dann umb/ ob er GOtt jrgends find. 58. Der Eigen gesuch. Mensch suchstu Gott umb Ruh/ so ist dir noch nicht recht/Du suchest dich/ nicht Jhn? bist noch nicht Kind/ nur Knecht. 59. Wie Gott wil sol man wollen. Wär' ich ein Seraphin/ so wolt ich lieber seyn/Dem Höchsten zugefalln/ das schnödste Würmelein. 60. Leib/ Seele/ und Gottheit. Die Seel ist ein Kristall/ die GOttheit ist jhr schein:Der Leib/ in dem du Lebst/ ist ihrer beider schreyn. 61. Jn dir muß GOtt gebohren werden. Wird Christus tausendmahl zu Bethlehem gebohrn/Und nicht in dir; du bleibst noch Ewiglich verlohrn. 62. Das äussre hilfft dich nicht. Das Kreutz zu Golgatha kan dich nicht von dem bösen/Wo es nicht auch in dir wird auffgericht/ erlösen. 63. Steh B 4
Geiſtr. Sinn und ſchlußr. 55. Der Brunquell iſt in uns. Dud arffſt zu GOtt nicht ſchreyn/ der Brunnquelliſt in dir: Stopffſtu den Außgang nicht/ er fluͤſſe fuͤr und fuͤr. 56. Das mißtraun ſchmaͤhet GOtt. So du auß Mißvertraun zu deinem GOtte fleheſt/Und jhn nicht ſorgen laͤſt: ſchau daß du Jhn nicht ſchmaͤheſt. 57. Jn Schwachheit wird Gott funden. Wer an den Fuͤſſen lahm/ und am Geſicht iſt blind/Der thue ſich dann umb/ ob er GOtt jrgends find. 58. Der Eigen geſuch. Menſch ſuchſtu Gott umb Ruh/ ſo iſt dir noch nicht recht/Du ſucheſt dich/ nicht Jhn? biſt noch nicht Kind/ nur Knecht. 59. Wie Gott wil ſol man wollen. Waͤr’ ich ein Seraphin/ ſo wolt ich lieber ſeyn/Dem Hoͤchſten zugefalln/ das ſchnoͤdſte Wuͤrmelein. 60. Leib/ Seele/ und Gottheit. Die Seel iſt ein Kriſtall/ die GOttheit iſt jhr ſchein:Der Leib/ in dem du Lebſt/ iſt ihrer beider ſchreyn. 61. Jn dir muß GOtt gebohren werden. Wird Chriſtus tauſendmahl zu Bethlehem gebohrn/Und nicht in dir; du bleibſt noch Ewiglich verlohrn. 62. Das aͤuſſre hilfft dich nicht. Das Kreutz zu Golgatha kan dich nicht von dem boͤſen/Wo es nicht auch in dir wird auffgericht/ erloͤſen. 63. Steh B 4
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Geiſtr. Sinn und ſchlußr.
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Dud arffſt zu GOtt nicht ſchreyn/ der Brunnquell
iſt in dir:
Stopffſtu den Außgang nicht/ er fluͤſſe fuͤr und fuͤr.
56. Das mißtraun ſchmaͤhet GOtt.
So du auß Mißvertraun zu deinem GOtte fleheſt/
Und jhn nicht ſorgen laͤſt: ſchau daß du Jhn nicht
ſchmaͤheſt.
57. Jn Schwachheit wird Gott funden.
Wer an den Fuͤſſen lahm/ und am Geſicht iſt blind/
Der thue ſich dann umb/ ob er GOtt jrgends find.
58. Der Eigen geſuch.
Menſch ſuchſtu Gott umb Ruh/ ſo iſt dir noch nicht recht/
Du ſucheſt dich/ nicht Jhn? biſt noch nicht Kind/
nur Knecht.
59. Wie Gott wil ſol man wollen.
Waͤr’ ich ein Seraphin/ ſo wolt ich lieber ſeyn/
Dem Hoͤchſten zugefalln/ das ſchnoͤdſte Wuͤrmelein.
60. Leib/ Seele/ und Gottheit.
Die Seel iſt ein Kriſtall/ die GOttheit iſt jhr ſchein:
Der Leib/ in dem du Lebſt/ iſt ihrer beider ſchreyn.
61. Jn dir muß GOtt gebohren werden.
Wird Chriſtus tauſendmahl zu Bethlehem gebohrn/
Und nicht in dir; du bleibſt noch Ewiglich verlohrn.
62. Das aͤuſſre hilfft dich nicht.
Das Kreutz zu Golgatha kan dich nicht von dem boͤſen/
Wo es nicht auch in dir wird auffgericht/ erloͤſen.
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