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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Joh: Angeli sechstes Buch
Dein ansehn/ deine Pracht ist schöner alls das Kleid
Des Königs Salamons in seiner Herrigkeit/
Dir muß der klare Blitz der Seraphine weichen:
Dein Edeler Geruch erquikt die gantze Welt/
Und was sonst unsrem GOtt dem Herrn zu Fusse fällt.
Jn dir findt man allein die Schönheit der Jungfrauen/
Der Märterer bestand/ und aller Heilgen Ziehr.
Drumb Edle Lilie komm und erquik mich hier/
Daß ich mög ewig dich und deinen Saamen schauen.
3. Die gefallne Seele.
Jhr war ein Englisch Bild: nu bin ich gleich den
Thieren.
Jch schwebt' im Paradeiß in lautrer Frölichkeit:
Nu sitz' ich auf der Erd' in lauter Angst und Leid.
Es konte mich kein Grimm der untren Welt berühren:
Nu schmeltz' ich fast für Hitz'/ und muß für Frost er-
frieren/
Und fühle tausend Weh. Jch war ein Herr der Zeit:
Nu meistert sie mich selbst. Jch war mir selbst mein
Kleid:
Nu muß ich mich auß Noth mit frembden Federn
ziehren.
GOtt sah mich freundlich an/ und hieß mich liebes Kind:
Nu schrökket mich sein zorn/ und stöst mich weg die sünd.
Jch bin mit stäter Furcht erfüllet und umbgeben:
Jch schau mein Ungelük mit eignen Augen an:
Der Teuffel und der Tod die stehn mir nach dem Leben.
Ach ach ich arme Seel! Was hab ich doch gethan!
4. Der Gerechtfertigte Sünder.
Jch war deß Teuffels Sclav/ unnd gieng in seinen
Banden:
Jch war mit Sünden-Wust verstellt und bluttig roth:
Jn Wollust weltzt' ich mich wie eine Sau im Koth:
Jch
Joh: Angeli ſechſtes Buch
Dein anſehn/ deine Pracht iſt ſchoͤner alls das Kleid
Des Koͤnigs Salamons in ſeiner Herrigkeit/
Dir muß der klare Blitz der Seraphine weichen:
Dein Edeler Geruch erquikt die gantze Welt/
Und was ſonſt unſrem GOtt dem Herrn zu Fuſſe faͤllt.
Jn dir findt man allein die Schoͤnheit der Jungfrauen/
Der Maͤrterer beſtand/ und aller Heilgen Ziehr.
Drumb Edle Lilie komm und erquik mich hier/
Daß ich moͤg ewig dich und deinen Saamen ſchauen.
3. Die gefallne Seele.
Jhr war ein Engliſch Bild: nu bin ich gleich den
Thieren.
Jch ſchwebt’ im Paradeiß in lautrer Froͤlichkeit:
Nu ſitz’ ich auf der Erd’ in lauter Angſt und Leid.
Es konte mich kein Grimm der untren Welt beruͤhren:
Nu ſchmeltz’ ich faſt fuͤr Hitz’/ und muß fuͤr Froſt er-
frieren/
Und fuͤhle tauſend Weh. Jch war ein Herꝛ der Zeit:
Nu meiſtert ſie mich ſelbſt. Jch war mir ſelbſt mein
Kleid:
Nu muß ich mich auß Noth mit frembden Federn
ziehren.
GOtt ſah mich freundlich an/ und hieß mich liebes Kind:
Nu ſchroͤkket mich ſein zorn/ und ſtoͤſt mich weg die ſuͤnd.
Jch bin mit ſtaͤter Furcht erfuͤllet und umbgeben:
Jch ſchau mein Ungeluͤk mit eignen Augen an:
Der Teuffel und der Tod die ſtehn mir nach dem Leben.
Ach ach ich arme Seel! Was hab ich doch gethan!
4. Der Gerechtfertigte Suͤnder.
Jch war deß Teuffels Sclav/ unnd gieng in ſeinen
Banden:
Jch war mit Suͤnden-Wuſt verſtellt und bluttig roth:
Jn Wolluſt weltzt’ ich mich wie eine Sau im Koth:
Jch
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[228[213]/0219] Joh: Angeli ſechſtes Buch Dein anſehn/ deine Pracht iſt ſchoͤner alls das Kleid Des Koͤnigs Salamons in ſeiner Herrigkeit/ Dir muß der klare Blitz der Seraphine weichen: Dein Edeler Geruch erquikt die gantze Welt/ Und was ſonſt unſrem GOtt dem Herrn zu Fuſſe faͤllt. Jn dir findt man allein die Schoͤnheit der Jungfrauen/ Der Maͤrterer beſtand/ und aller Heilgen Ziehr. Drumb Edle Lilie komm und erquik mich hier/ Daß ich moͤg ewig dich und deinen Saamen ſchauen. 3. Die gefallne Seele. Jhr war ein Engliſch Bild: nu bin ich gleich den Thieren. Jch ſchwebt’ im Paradeiß in lautrer Froͤlichkeit: Nu ſitz’ ich auf der Erd’ in lauter Angſt und Leid. Es konte mich kein Grimm der untren Welt beruͤhren: Nu ſchmeltz’ ich faſt fuͤr Hitz’/ und muß fuͤr Froſt er- frieren/ Und fuͤhle tauſend Weh. Jch war ein Herꝛ der Zeit: Nu meiſtert ſie mich ſelbſt. Jch war mir ſelbſt mein Kleid: Nu muß ich mich auß Noth mit frembden Federn ziehren. GOtt ſah mich freundlich an/ und hieß mich liebes Kind: Nu ſchroͤkket mich ſein zorn/ und ſtoͤſt mich weg die ſuͤnd. Jch bin mit ſtaͤter Furcht erfuͤllet und umbgeben: Jch ſchau mein Ungeluͤk mit eignen Augen an: Der Teuffel und der Tod die ſtehn mir nach dem Leben. Ach ach ich arme Seel! Was hab ich doch gethan! 4. Der Gerechtfertigte Suͤnder. Jch war deß Teuffels Sclav/ unnd gieng in ſeinen Banden: Jch war mit Suͤnden-Wuſt verſtellt und bluttig roth: Jn Wolluſt weltzt’ ich mich wie eine Sau im Koth: Jch

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Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 228[213]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/219>, abgerufen am 21.11.2024.