Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 74. Man sol zum Anfang kommen. Der Geist den GOtt mir hat im Schöpffen einge- haucht/ Sol wider * Wesentlich in Jhm stehn eingetaucht. * Warhafftig/ gäntzlich/ inniglich/ also Wesentliche einkehrung beyin Blo- sio instit c. 3. num. 8. 75. Dein Abgott/ dein begehren. Begehrstu was mit GOtt/ ich sage klar vnd frey/ (Wie Heylig du auch bist) daß es dein Abgott sey. 76. Nichts wolln macht Gotte gleich. GOtt ist die Ewge Ruh/ weil Er nichts sucht noch wil: Wiltu ingleichem nichts/ so bistu eben vil. 77. Die dinge sind geringe. Wie klein ist doch der Mensch/ der etwas groß thut schätzen/ Und sich nicht über sich in GOttes Thron einsetzen! 78 Daß Geschöpff ist nur ein stüpffchen. Schau alles was Gott schuf/ ist meinem Geist so klein/ Daß es jhm scheint in jhm ein eintzig Stüpfchen sein. 79. Gott trägt vollkommne Früchte. Wer mir Vollkommenheit wie Gott hat ab-wil-sprechen/ Der müste mich zuvor von seinem Weinstok brechen. 80. Ein jedes in dem seinigen Der Vogel in der Lufft/ der Stein ruht auff dem Land/ Im Wasser lebt der Fisch/ mein Geist in Gottes Hand. 81. GOtt blüht auß seinen Zweigen. Bistu auß GOtt gebohrn/ so blühet GOtt in dir: Und seine GOttheit ist dein Safft und deine Zier. 82. Der Himmel ist in dir. Halt an wo lauffstu hin/ der Himmel ist in dir: Suchstu Gott anders wo/ du fehlst Jhn für und für. 83. Wie
Johannis Angeli 74. Man ſol zum Anfang kommen. Der Geiſt den GOtt mir hat im Schoͤpffen einge- haucht/ Sol wider * Weſentlich in Jhm ſtehn eingetaucht. * Warhafftig/ gaͤntzlich/ inniglich/ alſo Weſentliche einkehrung beyin Blo- ſio inſtit c. 3. num. 8. 75. Dein Abgott/ dein begehren. Begehrſtu was mit GOtt/ ich ſage klar vnd frey/ (Wie Heylig du auch biſt) daß es dein Abgott ſey. 76. Nichts wolln macht Gotte gleich. GOtt iſt die Ewge Ruh/ weil Er nichts ſucht noch wil: Wiltu ingleichem nichts/ ſo biſtu eben vil. 77. Die dinge ſind geringe. Wie klein iſt doch der Menſch/ der etwas groß thut ſchaͤtzen/ Und ſich nicht uͤber ſich in GOttes Thron einſetzen! 78 Daß Geſchoͤpff iſt nur ein ſtuͤpffchen. Schau alles was Gott ſchuf/ iſt meinem Geiſt ſo klein/ Daß es jhm ſcheint in jhm ein eintzig Stuͤpfchen ſein. 79. Gott traͤgt vollkom̃ne Fruͤchte. Wer mir Vollkom̃enheit wie Gott hat ab-wil-ſprechẽ/ Der muͤſte mich zuvor von ſeinem Weinſtok brechen. 80. Ein jedes in dem ſeinigen Der Vogel in der Lufft/ der Stein ruht auff dem Land/ Im Waſſer lebt der Fiſch/ mein Geiſt in Gottes Hand. 81. GOtt bluͤht auß ſeinen Zweigen. Biſtu auß GOtt gebohrn/ ſo bluͤhet GOtt in dir: Und ſeine GOttheit iſt dein Safft und deine Zier. 82. Der Himmel iſt in dir. Halt an wo lauffſtu hin/ der Himmel iſt in dir: Suchſtu Gott anders wo/ du fehlſt Jhn fuͤr und fuͤr. 83. Wie
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Johannis Angeli
74. Man ſol zum Anfang kommen.
Der Geiſt den GOtt mir hat im Schoͤpffen einge-
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Sol wider
*
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* Warhafftig/ gaͤntzlich/ inniglich/
alſo Weſentliche einkehrung beyin Blo-
ſio inſtit c. 3. num. 8.
75. Dein Abgott/ dein begehren.
Begehrſtu was mit GOtt/ ich ſage klar vnd frey/
(Wie Heylig du auch biſt) daß es dein Abgott ſey.
76. Nichts wolln macht Gotte gleich.
GOtt iſt die Ewge Ruh/ weil Er nichts ſucht noch wil:
Wiltu ingleichem nichts/ ſo biſtu eben vil.
77. Die dinge ſind geringe.
Wie klein iſt doch der Menſch/ der etwas groß thut
ſchaͤtzen/
Und ſich nicht uͤber ſich in GOttes Thron einſetzen!
78 Daß Geſchoͤpff iſt nur ein ſtuͤpffchen.
Schau alles was Gott ſchuf/ iſt meinem Geiſt ſo klein/
Daß es jhm ſcheint in jhm ein eintzig Stuͤpfchen ſein.
79. Gott traͤgt vollkom̃ne Fruͤchte.
Wer mir Vollkom̃enheit wie Gott hat ab-wil-ſprechẽ/
Der muͤſte mich zuvor von ſeinem Weinſtok brechen.
80. Ein jedes in dem ſeinigen
Der Vogel in der Lufft/ der Stein ruht auff dem Land/
Im Waſſer lebt der Fiſch/ mein Geiſt in Gottes Hand.
81. GOtt bluͤht auß ſeinen Zweigen.
Biſtu auß GOtt gebohrn/ ſo bluͤhet GOtt in dir:
Und ſeine GOttheit iſt dein Safft und deine Zier.
82. Der Himmel iſt in dir.
Halt an wo lauffſtu hin/ der Himmel iſt in dir:
Suchſtu Gott anders wo/ du fehlſt Jhn fuͤr und fuͤr.
83. Wie
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 32[30]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/36>, abgerufen am 16.02.2025. |