Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Fünfftes Buch. 102. Warumb niemand von Engeln besessen wirdt. Wie daß kein heilges Hertz von Engeln wird besessen? Sie thuns nicht weil es Gott für sich hat abgem ssen. 103. Gott ist nicht's erste mahl am Creutz gestorben. Gott ist nicht's erste mahl am Creutz getödtet worden: Denn schau er ließ sich ja in Abel schon ermorden. 104 Christus ist gewesen/ eh' er war. Daß Christus lang zuvor/ eh daß er war gewesen/ Jst klar: Weil man jhn aß und tranck/ daß man ge- nesen. 105. Den Himmel kan man stehlen. Wer heimlich guttes wirckt/ sein Geld außtheilt ver- holen/ Der hat daß Himmelreich gar meisterlich gestohlen. 106. Daß Leben muß dir selbst ein ge- schriben sein. Mensch wird dein Hertze nicht das Buch deß Lebens sein: So wirstu nimmermehr zu Gott gelassen ein. 107. Christus gestern/ heut/ und Morgen. Messias der ist heut/ ist gestern/ und ist Morgeu/ Und biß in ewigkeit/ entdekket und verborgen. 108. Der glaub' allein ist ein holes Faß. Der glaub'/ ohn lieb'/ allein/ (wie ich mich wol besinne) Jst wie ein holes Faß: Eß klingt und hat nichts drinne. 109. Wer Gott hat/ hat alles mit ihm. Bey Gott ist alls und jeds: Wer neben Jhm trägt ein/ Der muß ein rechter Narr/ und tummer Geitzbalß sein. 110. Dem
Fuͤnfftes Buch. 102. Warumb niemand von Engeln beſeſſen wirdt. Wie daß kein heilges Hertz von Engeln wird beſeſſen? Sie thuns nicht weil es Gott fuͤr ſich hat abgem ſſen. 103. Gott iſt nicht’s erſte mahl am Creutz geſtorben. Gott iſt nicht’s erſte mahl am Creutz getoͤdtet worden: Denn ſchau er ließ ſich ja in Abel ſchon ermorden. 104 Chriſtus iſt geweſen/ eh’ er war. Daß Chriſtus lang zuvor/ eh daß er war geweſen/ Jſt klar: Weil man jhn aß und tranck/ daß man ge- neſen. 105. Den Himmel kan man ſtehlen. Wer heimlich guttes wirckt/ ſein Geld außtheilt ver- holen/ Der hat daß Himmelreich gar meiſterlich geſtohlẽ. 106. Daß Leben muß dir ſelbſt ein ge- ſchriben ſein. Menſch wird dein Hertze nicht das Buch deß Lebens ſein: So wirſtu nimmermehr zu Gott gelaſſen ein. 107. Chriſtus geſtern/ heut/ und Morgẽ. Meſſias der iſt heut/ iſt geſtern/ und iſt Morgeu/ Und biß in ewigkeit/ entdekket und verborgen. 108. Der glaub’ allein iſt ein holes Faß. Der glaub’/ ohn lieb’/ allein/ (wie ich mich wol beſiñe) Jſt wie ein holes Faß: Eß klingt und hat nichts driñe. 109. Wer Gott hat/ hat alles mit ihm. Bey Gott iſt alls und jeds: Wer neben Jhm traͤgt ein/ Der muß ein rechter Narr/ und tum̃er Geitzbalß ſein. 110. Dem
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Fuͤnfftes Buch.
102. Warumb niemand von Engeln
beſeſſen wirdt.
Wie daß kein heilges Hertz von Engeln wird beſeſſen?
Sie thuns nicht weil es Gott fuͤr ſich hat abgem ſſen.
103. Gott iſt nicht’s erſte mahl am Creutz
geſtorben.
Gott iſt nicht’s erſte mahl am Creutz getoͤdtet worden:
Denn ſchau er ließ ſich ja in Abel ſchon ermorden.
104 Chriſtus iſt geweſen/ eh’ er war.
Daß Chriſtus lang zuvor/ eh daß er war geweſen/
Jſt klar: Weil man jhn aß und tranck/ daß man ge-
neſen.
105. Den Himmel kan man ſtehlen.
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holen/
Der hat daß Himmelreich gar meiſterlich geſtohlẽ.
106. Daß Leben muß dir ſelbſt ein ge-
ſchriben ſein.
Menſch wird dein Hertze nicht das Buch deß Lebens
ſein:
So wirſtu nimmermehr zu Gott gelaſſen ein.
107. Chriſtus geſtern/ heut/ und Morgẽ.
Meſſias der iſt heut/ iſt geſtern/ und iſt Morgeu/
Und biß in ewigkeit/ entdekket und verborgen.
108. Der glaub’ allein iſt ein holes Faß.
Der glaub’/ ohn lieb’/ allein/ (wie ich mich wol beſiñe)
Jſt wie ein holes Faß: Eß klingt und hat nichts driñe.
109. Wer Gott hat/ hat alles mit ihm.
Bey Gott iſt alls und jeds: Wer neben Jhm traͤgt ein/
Der muß ein rechter Narr/ und tum̃er Geitzbalß ſein.
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 161[159]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/165>, abgerufen am 06.07.2024. |