Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 183. Was du wilt ist alles in dir. Mensch alles was du wilt/ ist schon zu vor in dir: Es liget nur an dem daß du s' nicht würkst herfür. 184. Daß wunderlichste Geheimnüß. Mensch kein Geheimnüß kan so wunderbahrlich sein: Als daß die heilge Seel mit GOtt ein Einges ein. 185. Wie die Creatur in GOtt. Wie du daß Feur im Kieß/ den Baum im Kern sichst sein: So bild dir daß Geschöpff in Gott dem Schöpffer ein. 186. Nichts ist jhm selber. Der Regen fällt nicht jhm/ die Sonne scheint nichtjhr: Du auch bist anderen geschaffen/ und nicht dir. 187. Man soll den Geber nehmen. Mensch laß die Gaben Gotts/ und eyl Jhm selbsten zu: Wo du ann Gaben bleibst/ so kömstu nicht zur Ruh. 188. Wer der freudigste Mensch ist. Kein Mensch ist freudiger als der zu aller Stund/ Von Gott und seiner Leib entzündt wird und verwundt. 189. Der Sünder ist nie gantz frölich. Die Sünder ob sie gleich in lauter Freude leben/ So muß doch jhre Seel inn grösten Furchten schweben. 109. Daß Kreutz offenbahrt was ver- borgen. Jn Trost und süssigkeit kennstu dich selbst nicht Krist: Daß Kreutze zeigt dir erst wer du im junern bist. 191. Wie man alles auf einmal läst. Freund wenn du auf Einmal die gantze Welt wilt lassen So schau nur daß du kanst die eygne Liebe hassen. 192. Der weiseste Mensch. Kein Mensch kan weiser sein/ als der daß Ewge Gutt Für allem andrem liebt und fucht mit gantzem Mutt. 193. Daß
Johannis Angeli 183. Was du wilt iſt alles in dir. Menſch alles was du wilt/ iſt ſchon zu vor in dir: Es liget nur an dem daß du s’ nicht wuͤrkſt herfuͤr. 184. Daß wunderlichſte Geheimnuͤß. Menſch kein Geheimnuͤß kan ſo wunderbahrlich ſein: Als daß die heilge Seel mit GOtt ein Einges ein. 185. Wie die Creatur in GOtt. Wie du daß Feur im Kieß/ den Baum im Kern ſichſt ſein: So bild dir daß Geſchoͤpff in Gott dem Schoͤpffer ein. 186. Nichts iſt jhm ſelber. Der Regen faͤllt nicht jhm/ die Sonne ſcheint nichtjhr: Du auch biſt anderen geſchaffen/ und nicht dir. 187. Man ſoll den Geber nehmen. Menſch laß die Gaben Gotts/ uñ eyl Jhm ſelbſten zu: Wo du ann Gaben bleibſt/ ſo koͤmſtu nicht zur Ruh. 188. Wer der freudigſte Menſch iſt. Kein Menſch iſt freudiger als der zu aller Stund/ Von Gott uñ ſeiner Leib entzuͤndt wird und verwundt. 189. Der Suͤnder iſt nie gantz froͤlich. Die Suͤnder ob ſie gleich in lauter Freude leben/ So muß doch jhre Seel inn groͤſten Furchten ſchwebẽ. 109. Daß Kreutz offenbahrt was ver- borgen. Jn Troſt und ſüſſigkeit kennſtu dich ſelbſt nicht Kriſt: Daß Kreutze zeigt dir erſt wer du im junern biſt. 191. Wie man alles auf einmal laͤſt. Freund weñ du auf Einmal die gantze Welt wilt laſſẽ So ſchau nur daß du kanſt die eygne Liebe haſſen. 192. Der weiſeſte Menſch. Kein Menſch kan weiſer ſein/ als der daß Ewge Gutt Fuͤr allem andrem liebt und fucht mit gantzem Mutt. 193. Daß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0148" n="144[142]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Johannis Angeli</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">183. Was du wilt iſt alles in dir.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Menſch alles was du wilt/ iſt ſchon zu vor in dir:</l><lb/> <l>Es liget nur an dem daß du s’ nicht wuͤrkſt herfuͤr.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">184. Daß wunderlichſte Geheimnuͤß.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Menſch kein Geheimnuͤß kan ſo wunderbahrlich ſein:</l><lb/> <l>Als daß die heilge Seel mit GOtt ein Einges ein.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">185. Wie die Creatur in GOtt.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Wie du daß Feur im Kieß/ den Baum im Kern ſichſt</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſein:</hi> </l><lb/> <l>So bild dir daß Geſchoͤpff in Gott dem Schoͤpffer ein.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">186. Nichts iſt jhm ſelber.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Der Regen faͤllt nicht jhm/ die Sonne ſcheint nichtjhr:</l><lb/> <l>Du auch biſt anderen geſchaffen/ und nicht dir.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">187. Man ſoll den Geber nehmen.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Menſch laß die Gaben Gotts/ uñ eyl Jhm ſelbſten zu:</l><lb/> <l>Wo du ann Gaben bleibſt/ ſo koͤmſtu nicht zur Ruh.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">188. Wer der freudigſte Menſch iſt.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Kein Menſch iſt freudiger als der zu aller Stund/</l><lb/> <l>Von Gott uñ ſeiner Leib entzuͤndt wird und verwundt.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">189. Der Suͤnder iſt nie gantz froͤlich.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Die Suͤnder ob ſie gleich in lauter Freude leben/</l><lb/> <l>So muß doch jhre Seel inn groͤſten Furchten ſchwebẽ.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">109. Daß Kreutz offenbahrt was ver-<lb/> borgen.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Jn Troſt und ſüſſigkeit kennſtu dich ſelbſt nicht Kriſt:</l><lb/> <l>Daß Kreutze zeigt dir erſt wer du im junern biſt.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">191. Wie man alles auf einmal laͤſt.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Freund weñ du auf Einmal die gantze Welt wilt laſſẽ</l><lb/> <l>So ſchau nur daß du kanſt die eygne Liebe haſſen.</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">192. Der weiſeſte Menſch.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Kein Menſch kan weiſer ſein/ als der daß Ewge Gutt</l><lb/> <l>Fuͤr allem andrem liebt und fucht mit gantzem Mutt.</l> </lg> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">193. Daß</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [144[142]/0148]
Johannis Angeli
183. Was du wilt iſt alles in dir.
Menſch alles was du wilt/ iſt ſchon zu vor in dir:
Es liget nur an dem daß du s’ nicht wuͤrkſt herfuͤr.
184. Daß wunderlichſte Geheimnuͤß.
Menſch kein Geheimnuͤß kan ſo wunderbahrlich ſein:
Als daß die heilge Seel mit GOtt ein Einges ein.
185. Wie die Creatur in GOtt.
Wie du daß Feur im Kieß/ den Baum im Kern ſichſt
ſein:
So bild dir daß Geſchoͤpff in Gott dem Schoͤpffer ein.
186. Nichts iſt jhm ſelber.
Der Regen faͤllt nicht jhm/ die Sonne ſcheint nichtjhr:
Du auch biſt anderen geſchaffen/ und nicht dir.
187. Man ſoll den Geber nehmen.
Menſch laß die Gaben Gotts/ uñ eyl Jhm ſelbſten zu:
Wo du ann Gaben bleibſt/ ſo koͤmſtu nicht zur Ruh.
188. Wer der freudigſte Menſch iſt.
Kein Menſch iſt freudiger als der zu aller Stund/
Von Gott uñ ſeiner Leib entzuͤndt wird und verwundt.
189. Der Suͤnder iſt nie gantz froͤlich.
Die Suͤnder ob ſie gleich in lauter Freude leben/
So muß doch jhre Seel inn groͤſten Furchten ſchwebẽ.
109. Daß Kreutz offenbahrt was ver-
borgen.
Jn Troſt und ſüſſigkeit kennſtu dich ſelbſt nicht Kriſt:
Daß Kreutze zeigt dir erſt wer du im junern biſt.
191. Wie man alles auf einmal laͤſt.
Freund weñ du auf Einmal die gantze Welt wilt laſſẽ
So ſchau nur daß du kanſt die eygne Liebe haſſen.
192. Der weiſeſte Menſch.
Kein Menſch kan weiſer ſein/ als der daß Ewge Gutt
Fuͤr allem andrem liebt und fucht mit gantzem Mutt.
193. Daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |