Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Vierdtes Buch. 20. Die Weltlust. Mensch schau die Lust der Welt/ die Endet sich mit Peyn: Wie kanstu jhr daun auch so gantz ergeben seyn? 21. Der unerkandte GOtt. Was GOtt ist weiß man nicht: Er ist nicht Licht/ nicht Geist/ Nicht Wahrheit/ Einheit/ Eins/ nicht waß man Gott- heit heist: Nicht Weißheit/ nicht Verstand/ nicht Liebe/ Wille/ Gütte: Kein Ding/ kein Unding auch/ kein Wesen/ kein Ge- mütte: Er ist was ich/ und du/ und keine Creatur/ Eh wir geworden sind was Er ist/ nie erfuhr. 22. An S. Augustin. Halt an mein Augustin: Eh du wirst Gott ergründen Wird man daß gantze Meer in einem Grüblein finden. 23. Göttliche beschawung. Daß überlichte Licht schaut man in diesem Leben Nicht besser/ als wann man ins tuntle sich begeben. 24. Die Uberformung. Du must den Leib in Geist/ den Geist in GOtt ver- setzen/ Wann du dich/ wie dein Wuntsch/ vollkömlich wilt er- götzen. 25. Die GOttesschauer. Was thun die schauer Gotts? sie thun daß inder Zeit/ Was andre werden thun dort in der Ewigkeit. 26. Moses. Dänkt Mosis Antlitz ward so gläntzend als die Sonne/ Da er daß ewge Licht im dunkein nur gesehn! Was F 2
Vierdtes Buch. 20. Die Weltluſt. Menſch ſchau die Luſt der Welt/ die Endet ſich mit Peyn: Wie kanſtu jhr daun auch ſo gantz ergeben ſeyn? 21. Der unerkandte GOtt. Was GOtt iſt weiß man nicht: Er iſt nicht Licht/ nicht Geiſt/ Nicht Wahrheit/ Einheit/ Eins/ nicht waß man Gott- heit heiſt: Nicht Weißheit/ nicht Verſtand/ nicht Liebe/ Wille/ Gütte: Kein Ding/ kein Unding auch/ kein Weſen/ kein Ge- muͤtte: Er iſt was ich/ und du/ und keine Creatur/ Eh wir geworden ſind was Er iſt/ nie erfuhr. 22. An S. Augustin. Halt an mein Auguſtin: Eh du wirſt Gott ergruͤndẽ Wird man daß gantze Meer in einem Gruͤblein findẽ. 23. Goͤttliche beſchawung. Daß überlichte Licht ſchaut man in dieſem Leben Nicht beſſer/ als wann man ins tuntle ſich begeben. 24. Die Uberformung. Du muſt den Leib in Geiſt/ den Geiſt in GOtt ver- ſetzen/ Wann du dich/ wie dein Wuntſch/ vollkoͤmlich wilt er- goͤtzen. 25. Die GOttesſchauer. Was thun die ſchauer Gotts? ſie thun daß inder Zeit/ Was andre werden thun dort in der Ewigkeit. 26. Moſes. Daͤnkt Moſis Antlitz ward ſo glaͤntzend als die Soñe/ Da er daß ewge Licht im dunkein nur geſehn! Was F 2
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Vierdtes Buch.
20. Die Weltluſt.
Menſch ſchau die Luſt der Welt/ die Endet ſich mit
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Wie kanſtu jhr daun auch ſo gantz ergeben ſeyn?
21. Der unerkandte GOtt.
Was GOtt iſt weiß man nicht: Er iſt nicht Licht/
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heit heiſt:
Nicht Weißheit/ nicht Verſtand/ nicht Liebe/ Wille/
Gütte:
Kein Ding/ kein Unding auch/ kein Weſen/ kein Ge-
muͤtte:
Er iſt was ich/ und du/ und keine Creatur/
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22. An S. Augustin.
Halt an mein Auguſtin: Eh du wirſt Gott ergruͤndẽ
Wird man daß gantze Meer in einem Gruͤblein findẽ.
23. Goͤttliche beſchawung.
Daß überlichte Licht ſchaut man in dieſem Leben
Nicht beſſer/ als wann man ins tuntle ſich begeben.
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ſetzen/
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goͤtzen.
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26. Moſes.
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