Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.aus Sibirien. Pferde beym Zaum leiten mußte, wobey es nicht seltengeschah daß das Pferd auf den Führer stürzte. Eine große Menge Angelica Archangelica, etwas Rheum si- biricum, Pinus Abies, Lathyrus, Ribes nigrum, Salix alnoides, Serratula coronaria, Veratrum album, Aco- nitum pyrenaicum fanden sich hier herum häufig. -- Endlich trafen wir denn auch in einem langen bewalde- ten Thale die großen Pferdeheerden der weiter weg woh- nenden Kirgisen, wo wir denn den lang entbehrten Kü- müß wieder mit langen Zügen einschlürften. Das Nacht- lager nahmen wir am Fuß des Saratan, des höchsten Berges dieser Gegend, welcher sein stolzes, mit Schnee fleckweise bedecktes Haupt über alle andere emporstreckte. War es vielleicht daß ich seit 2 Monathen keinen Wald gesehen hatte, oder fand sichs in der That so, mir dünkte die hiesige Gegend göttlich schön. August den 1 sten. Nach vortreflich hingebrachter Fichten
aus Sibirien. Pferde beym Zaum leiten mußte, wobey es nicht ſeltengeſchah daß das Pferd auf den Fuͤhrer ſtuͤrzte. Eine große Menge Angelica Archangelica, etwas Rheum ſi- biricum, Pinus Abies, Lathyrus, Ribes nigrum, Salix alnoides, Serratula coronaria, Veratrum album, Aco- nitum pyrenaicum fanden ſich hier herum haͤufig. — Endlich trafen wir denn auch in einem langen bewalde- ten Thale die großen Pferdeheerden der weiter weg woh- nenden Kirgiſen, wo wir denn den lang entbehrten Kuͤ- muͤß wieder mit langen Zuͤgen einſchluͤrften. Das Nacht- lager nahmen wir am Fuß des Saratan, des hoͤchſten Berges dieſer Gegend, welcher ſein ſtolzes, mit Schnee fleckweiſe bedecktes Haupt uͤber alle andere emporſtreckte. War es vielleicht daß ich ſeit 2 Monathen keinen Wald geſehen hatte, oder fand ſichs in der That ſo, mir duͤnkte die hieſige Gegend goͤttlich ſchoͤn. Auguſt den 1 ſten. Nach vortreflich hingebrachter Fichten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0213" n="205"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">aus Sibirien.</hi></fw><lb/> Pferde beym Zaum leiten mußte, wobey es nicht ſelten<lb/> geſchah daß das Pferd auf den Fuͤhrer ſtuͤrzte. Eine<lb/> große Menge <hi rendition="#aq">Angelica Archangelica,</hi> etwas <hi rendition="#aq">Rheum ſi-<lb/> biricum, Pinus Abies, Lathyrus, Ribes nigrum, Salix<lb/> alnoides, Serratula coronaria, Veratrum album, Aco-<lb/> nitum pyrenaicum</hi> fanden ſich hier herum haͤufig. —<lb/> Endlich trafen wir denn auch in einem langen bewalde-<lb/> ten Thale die großen Pferdeheerden der weiter weg woh-<lb/> nenden Kirgiſen, wo wir denn den lang entbehrten Kuͤ-<lb/> muͤß wieder mit langen Zuͤgen einſchluͤrften. Das Nacht-<lb/> lager nahmen wir am Fuß des <hi rendition="#fr">Saratan,</hi> des hoͤchſten<lb/> Berges dieſer Gegend, welcher ſein ſtolzes, mit Schnee<lb/> fleckweiſe bedecktes Haupt uͤber alle andere emporſtreckte.<lb/> War es vielleicht daß ich ſeit 2 Monathen keinen Wald<lb/> geſehen hatte, oder fand ſichs in der That ſo, mir duͤnkte<lb/> die hieſige Gegend goͤttlich ſchoͤn.</p><lb/> <p>Auguſt den 1 ſten. Nach vortreflich hingebrachter<lb/> Nacht fertigte ich 2 Kirgiſen nach einem im Gebirge lie-<lb/> genden See <hi rendition="#fr">Marcha-Kuͤll,</hi> wo eine beſondere Art<lb/> Rhabarber wachſen ſollte. Jch durfte mich dort ſchon<lb/> nicht zeigen, weil ſchon die Jaͤger der <hi rendition="#fr">Oronchoi</hi> dort<lb/> herum ihre Herbſtjagd angefangen hatten. Jch hatte<lb/> dermalen noch keine Luſt mich in chineſiſche Gefangen-<lb/> ſchaft zu begeben. Jndeſſen ſaß ich nicht muͤßig: auf<lb/> der Spitze unſers <hi rendition="#fr">Saratau</hi> hofte ich die entzuͤckendſte<lb/> Ausſicht. Mit zweyen Begleitern ritt ich alſo hinauf;<lb/> dreymal mußten wir den Pferden Ruhe geben. Etwa<lb/> in der Mitte des Berges endigte ſich aller Wald, wel-<lb/> cher hier allenthalben nur aus Laͤrichen beſtand, wenige<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Fichten</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0213]
aus Sibirien.
Pferde beym Zaum leiten mußte, wobey es nicht ſelten
geſchah daß das Pferd auf den Fuͤhrer ſtuͤrzte. Eine
große Menge Angelica Archangelica, etwas Rheum ſi-
biricum, Pinus Abies, Lathyrus, Ribes nigrum, Salix
alnoides, Serratula coronaria, Veratrum album, Aco-
nitum pyrenaicum fanden ſich hier herum haͤufig. —
Endlich trafen wir denn auch in einem langen bewalde-
ten Thale die großen Pferdeheerden der weiter weg woh-
nenden Kirgiſen, wo wir denn den lang entbehrten Kuͤ-
muͤß wieder mit langen Zuͤgen einſchluͤrften. Das Nacht-
lager nahmen wir am Fuß des Saratan, des hoͤchſten
Berges dieſer Gegend, welcher ſein ſtolzes, mit Schnee
fleckweiſe bedecktes Haupt uͤber alle andere emporſtreckte.
War es vielleicht daß ich ſeit 2 Monathen keinen Wald
geſehen hatte, oder fand ſichs in der That ſo, mir duͤnkte
die hieſige Gegend goͤttlich ſchoͤn.
Auguſt den 1 ſten. Nach vortreflich hingebrachter
Nacht fertigte ich 2 Kirgiſen nach einem im Gebirge lie-
genden See Marcha-Kuͤll, wo eine beſondere Art
Rhabarber wachſen ſollte. Jch durfte mich dort ſchon
nicht zeigen, weil ſchon die Jaͤger der Oronchoi dort
herum ihre Herbſtjagd angefangen hatten. Jch hatte
dermalen noch keine Luſt mich in chineſiſche Gefangen-
ſchaft zu begeben. Jndeſſen ſaß ich nicht muͤßig: auf
der Spitze unſers Saratau hofte ich die entzuͤckendſte
Ausſicht. Mit zweyen Begleitern ritt ich alſo hinauf;
dreymal mußten wir den Pferden Ruhe geben. Etwa
in der Mitte des Berges endigte ſich aller Wald, wel-
cher hier allenthalben nur aus Laͤrichen beſtand, wenige
Fichten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |