Den 17. Jul. Jch erwähnte im letzten Briefe des süßen Bröckelkäses (Eremtschick). Mit der Beschrei- bung desselben und des Churt (sauren Käses) will ich diesen Brief anfangen. Die Bereitungsart des erstern ist folgendermaaßen: Man nimmt etwa 2 Eimer Schaaf- milch, (Kuhmilch taugt zwar auch, jene ist aber besser), setzet selbige so warm wie sie von den Schaafen kömmt, in einem eisernen Kessel auf ganz gelindes Kohlenfeuer, so daß sie nicht koche, ist sie nun warm genug, so hat man unterdessen gedörrte Magen von solchen Lämmern bey der Hand, die außer Muttermilch noch weiter nichts genossen haben. Diese läßt man in einer besondern höl- zernen Schaale mit etwa 2 Pf. warmer Milch aufwei- chen, indem man sie einige Zeit mit den Händen in der Milch zerdrückt. Diese Mixtur wird, nachdem sie eine Weile ruhig gestanden hat, wie eine dicke Gallerte. Sel- be verrührt man nun in der auf dem Kohlenfeuer stehen- den Milch; wenn dieses des Abends geschiehet, so bleibt der Kessel auf dem gelindesten Feuer die Nacht über ste- hen, wobey sie aber doch dann und wann umgerührt wer- den muß und man erhält des Morgens früh eine in wei- che gelbliche Bröckelchen eingetrocknete Milch, die sodann herausgenommen wird, um sie auf Flechtwerk von Bin- sen an der Sonne vollends zu trocknen. Der Erem- tschick ist das Confekt der Kirgisen, welches nur bey be- sondern Gelegenheiten vorgesetzt wird. Es hat einen
süßen
aus Sibirien.
Dreyzehnter Brief.
Vom Jrtiſch d. 24. Jul.
Den 17. Jul. Jch erwaͤhnte im letzten Briefe des ſuͤßen Broͤckelkaͤſes (Eremtſchick). Mit der Beſchrei- bung deſſelben und des Churt (ſauren Kaͤſes) will ich dieſen Brief anfangen. Die Bereitungsart des erſtern iſt folgendermaaßen: Man nimmt etwa 2 Eimer Schaaf- milch, (Kuhmilch taugt zwar auch, jene iſt aber beſſer), ſetzet ſelbige ſo warm wie ſie von den Schaafen koͤmmt, in einem eiſernen Keſſel auf ganz gelindes Kohlenfeuer, ſo daß ſie nicht koche, iſt ſie nun warm genug, ſo hat man unterdeſſen gedoͤrrte Magen von ſolchen Laͤmmern bey der Hand, die außer Muttermilch noch weiter nichts genoſſen haben. Dieſe laͤßt man in einer beſondern hoͤl- zernen Schaale mit etwa 2 Pf. warmer Milch aufwei- chen, indem man ſie einige Zeit mit den Haͤnden in der Milch zerdruͤckt. Dieſe Mixtur wird, nachdem ſie eine Weile ruhig geſtanden hat, wie eine dicke Gallerte. Sel- be verruͤhrt man nun in der auf dem Kohlenfeuer ſtehen- den Milch; wenn dieſes des Abends geſchiehet, ſo bleibt der Keſſel auf dem gelindeſten Feuer die Nacht uͤber ſte- hen, wobey ſie aber doch dann und wann umgeruͤhrt wer- den muß und man erhaͤlt des Morgens fruͤh eine in wei- che gelbliche Broͤckelchen eingetrocknete Milch, die ſodann herausgenommen wird, um ſie auf Flechtwerk von Bin- ſen an der Sonne vollends zu trocknen. Der Erem- tſchick iſt das Confekt der Kirgiſen, welches nur bey be- ſondern Gelegenheiten vorgeſetzt wird. Es hat einen
ſuͤßen
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aus Sibirien.
Dreyzehnter Brief.
Vom Jrtiſch d. 24. Jul.
Den 17. Jul. Jch erwaͤhnte im letzten Briefe des
ſuͤßen Broͤckelkaͤſes (Eremtſchick). Mit der Beſchrei-
bung deſſelben und des Churt (ſauren Kaͤſes) will ich
dieſen Brief anfangen. Die Bereitungsart des erſtern
iſt folgendermaaßen: Man nimmt etwa 2 Eimer Schaaf-
milch, (Kuhmilch taugt zwar auch, jene iſt aber beſſer),
ſetzet ſelbige ſo warm wie ſie von den Schaafen koͤmmt,
in einem eiſernen Keſſel auf ganz gelindes Kohlenfeuer,
ſo daß ſie nicht koche, iſt ſie nun warm genug, ſo hat
man unterdeſſen gedoͤrrte Magen von ſolchen Laͤmmern
bey der Hand, die außer Muttermilch noch weiter nichts
genoſſen haben. Dieſe laͤßt man in einer beſondern hoͤl-
zernen Schaale mit etwa 2 Pf. warmer Milch aufwei-
chen, indem man ſie einige Zeit mit den Haͤnden in der
Milch zerdruͤckt. Dieſe Mixtur wird, nachdem ſie eine
Weile ruhig geſtanden hat, wie eine dicke Gallerte. Sel-
be verruͤhrt man nun in der auf dem Kohlenfeuer ſtehen-
den Milch; wenn dieſes des Abends geſchiehet, ſo bleibt
der Keſſel auf dem gelindeſten Feuer die Nacht uͤber ſte-
hen, wobey ſie aber doch dann und wann umgeruͤhrt wer-
den muß und man erhaͤlt des Morgens fruͤh eine in wei-
che gelbliche Broͤckelchen eingetrocknete Milch, die ſodann
herausgenommen wird, um ſie auf Flechtwerk von Bin-
ſen an der Sonne vollends zu trocknen. Der Erem-
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Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/179>, abgerufen am 04.03.2025.
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