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Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

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Sievers Briefe
Mittel, welche die Schwindsucht heilen. Daher fand
ich auch nirgends bey den Kirgisen venerische Krankhei-
ten, nirgends Blattern, nirgends Ausschläge auf der
Haut, am allerwenigsten Schwindsüchtige: daß ich auf
meiner ganzen Reise nur fünf Personen sah, die einen
geringen Ausschlag hatten, verdient unter der großen
Menge nicht gerechnet zu werden. Die Bereitung die-
ses vortrefflichen Getränks ist folgende: Frische Stuten-
milch z. B. vier Eymer werden in einen ledernen oder
hölzernen hohen Kübel (Butterfaß) unter oft wiederhol-
tem Durcheinanderschlagen und Mischen mit einem, wie
in den deutschen Butterfässern gewöhnlichen hölzernen
Stößel zur sauern Fermentation ohne weitere Zuthat ge-
bracht. Dieses geschiehet innerhalb zwey Tagen, oder
wenn es sehr warm ist, in noch weniger Zeit. Jst ein-
mal dieser Anfang gemacht, so darf man nur alle Tage
das Abgehende durch frische Stutenmilch ersetzen, und
man wird so eine ewige Kümüß-Quelle haben. Was
daher in Grens Journal der Physik über die Bereitung
des Kümüß von einem gewissen John Grieve gesagt
wird, ist wohl nicht so ganz tauglich; Kuhmilch gehört
so wenig dazu, wie Schweinefett unter Butter; obschon
die Baschkiren und Mongolen selbige dazu mit gebrau-
chen. Dieses geschiehet aber aus Noth, wenn der Stu-
tenmilch zu wenig ist.

Beym Untergange der Sonne hatte ich Gelegenheit
einen Kirgisen sein Abendgebet verrichten zu sehen. Er
stellte sich mit dem Gesicht gegen die untergehende Son-
ne, und fieng das Gebet singend an, indem er dabey

beyde

Sievers Briefe
Mittel, welche die Schwindſucht heilen. Daher fand
ich auch nirgends bey den Kirgiſen veneriſche Krankhei-
ten, nirgends Blattern, nirgends Ausſchlaͤge auf der
Haut, am allerwenigſten Schwindſuͤchtige: daß ich auf
meiner ganzen Reiſe nur fuͤnf Perſonen ſah, die einen
geringen Ausſchlag hatten, verdient unter der großen
Menge nicht gerechnet zu werden. Die Bereitung die-
ſes vortrefflichen Getraͤnks iſt folgende: Friſche Stuten-
milch z. B. vier Eymer werden in einen ledernen oder
hoͤlzernen hohen Kuͤbel (Butterfaß) unter oft wiederhol-
tem Durcheinanderſchlagen und Miſchen mit einem, wie
in den deutſchen Butterfaͤſſern gewoͤhnlichen hoͤlzernen
Stoͤßel zur ſauern Fermentation ohne weitere Zuthat ge-
bracht. Dieſes geſchiehet innerhalb zwey Tagen, oder
wenn es ſehr warm iſt, in noch weniger Zeit. Jſt ein-
mal dieſer Anfang gemacht, ſo darf man nur alle Tage
das Abgehende durch friſche Stutenmilch erſetzen, und
man wird ſo eine ewige Kuͤmuͤß-Quelle haben. Was
daher in Grens Journal der Phyſik uͤber die Bereitung
des Kuͤmuͤß von einem gewiſſen John Grieve geſagt
wird, iſt wohl nicht ſo ganz tauglich; Kuhmilch gehoͤrt
ſo wenig dazu, wie Schweinefett unter Butter; obſchon
die Baſchkiren und Mongolen ſelbige dazu mit gebrau-
chen. Dieſes geſchiehet aber aus Noth, wenn der Stu-
tenmilch zu wenig iſt.

Beym Untergange der Sonne hatte ich Gelegenheit
einen Kirgiſen ſein Abendgebet verrichten zu ſehen. Er
ſtellte ſich mit dem Geſicht gegen die untergehende Son-
ne, und fieng das Gebet ſingend an, indem er dabey

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[134/0142] Sievers Briefe Mittel, welche die Schwindſucht heilen. Daher fand ich auch nirgends bey den Kirgiſen veneriſche Krankhei- ten, nirgends Blattern, nirgends Ausſchlaͤge auf der Haut, am allerwenigſten Schwindſuͤchtige: daß ich auf meiner ganzen Reiſe nur fuͤnf Perſonen ſah, die einen geringen Ausſchlag hatten, verdient unter der großen Menge nicht gerechnet zu werden. Die Bereitung die- ſes vortrefflichen Getraͤnks iſt folgende: Friſche Stuten- milch z. B. vier Eymer werden in einen ledernen oder hoͤlzernen hohen Kuͤbel (Butterfaß) unter oft wiederhol- tem Durcheinanderſchlagen und Miſchen mit einem, wie in den deutſchen Butterfaͤſſern gewoͤhnlichen hoͤlzernen Stoͤßel zur ſauern Fermentation ohne weitere Zuthat ge- bracht. Dieſes geſchiehet innerhalb zwey Tagen, oder wenn es ſehr warm iſt, in noch weniger Zeit. Jſt ein- mal dieſer Anfang gemacht, ſo darf man nur alle Tage das Abgehende durch friſche Stutenmilch erſetzen, und man wird ſo eine ewige Kuͤmuͤß-Quelle haben. Was daher in Grens Journal der Phyſik uͤber die Bereitung des Kuͤmuͤß von einem gewiſſen John Grieve geſagt wird, iſt wohl nicht ſo ganz tauglich; Kuhmilch gehoͤrt ſo wenig dazu, wie Schweinefett unter Butter; obſchon die Baſchkiren und Mongolen ſelbige dazu mit gebrau- chen. Dieſes geſchiehet aber aus Noth, wenn der Stu- tenmilch zu wenig iſt. Beym Untergange der Sonne hatte ich Gelegenheit einen Kirgiſen ſein Abendgebet verrichten zu ſehen. Er ſtellte ſich mit dem Geſicht gegen die untergehende Son- ne, und fieng das Gebet ſingend an, indem er dabey beyde

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Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/142>, abgerufen am 27.11.2024.