Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Sievers Briefe
Wetter so zertrümmert worden, ohne jedoch im Gering-
sten eine erdhafte oder bröckliche Oberfläche zu haben.
Sie liefern den Botanisten wenige aber gute Sachen,
die meisten Pflanzen sammelte ich jederzeit in graßreichen
Thälern, an den Flüssen und hin und wieder auf der
Steppe. -- Nach vollendetem Marsch von 10 Wersten
kamen wir wieder in ebenes Land, welches freylich im-
mer viel waldlose Hügel hatte, indessen zum Ackerbau
und Viehzucht außerordentlich tauglich wäre. Rechter
Hand blieben uns 2 kleine Bittersalzseen. Das Mit-
tagsmahl hielten wir ohnfern vom Ursprung des Flüß-
chens Baltagara, welches südlich in den See Bal-
kasch
fällt und viele Grimpen nähret. Mein Führer
zeigte mir auf einem hohen Berge abermal die in Nebel
eingehüllten Bergspitzen des Tarabagatai. Der gedachte
Berg sowohl, wie die umliegenden kleinern, bestand aus
eisenschüßigen, zu Tage ausgehenden hornartigen, ban-
dirten Jaspisschiefer, mit schönen schwarzen Dendriten.
Zwischen dem Bröckelwerk wuchs hin und wieder die sel-
tene Clypeola Schangini eine neue Gattung. Uebrigens
war hier allenthalben botanische Armuth. Jn der Wo-
lost Bura-Naimenße am obgedachten Flüßchen Bal-
tagara
hatten wir unser Nachtlager. Was ich heute
an Pflanzen bemerkte waren: Salix glauca, Populus tre-
mula, Ribes grossulariae affine, Hyosciamus physaloi-
des, Lonicera alpigena, Senecio, Cineraria,
einige Ar-
temisiae, Astragalus vesicarius
und physodes. Vor dem
Schlafengehen hatten wir noch einen nicht beträchtlichen
Handel mit den Kirgisen. Es gehöret viel Geduld dazu

mit

Sievers Briefe
Wetter ſo zertruͤmmert worden, ohne jedoch im Gering-
ſten eine erdhafte oder broͤckliche Oberflaͤche zu haben.
Sie liefern den Botaniſten wenige aber gute Sachen,
die meiſten Pflanzen ſammelte ich jederzeit in graßreichen
Thaͤlern, an den Fluͤſſen und hin und wieder auf der
Steppe. — Nach vollendetem Marſch von 10 Werſten
kamen wir wieder in ebenes Land, welches freylich im-
mer viel waldloſe Huͤgel hatte, indeſſen zum Ackerbau
und Viehzucht außerordentlich tauglich waͤre. Rechter
Hand blieben uns 2 kleine Bitterſalzſeen. Das Mit-
tagsmahl hielten wir ohnfern vom Urſprung des Fluͤß-
chens Baltagara, welches ſuͤdlich in den See Bal-
kaſch
faͤllt und viele Grimpen naͤhret. Mein Fuͤhrer
zeigte mir auf einem hohen Berge abermal die in Nebel
eingehuͤllten Bergſpitzen des Tarabagatai. Der gedachte
Berg ſowohl, wie die umliegenden kleinern, beſtand aus
eiſenſchuͤßigen, zu Tage ausgehenden hornartigen, ban-
dirten Jaſpisſchiefer, mit ſchoͤnen ſchwarzen Dendriten.
Zwiſchen dem Broͤckelwerk wuchs hin und wieder die ſel-
tene Clypeola Schangini eine neue Gattung. Uebrigens
war hier allenthalben botaniſche Armuth. Jn der Wo-
loſt Burà-Naimenße am obgedachten Fluͤßchen Bal-
tagara
hatten wir unſer Nachtlager. Was ich heute
an Pflanzen bemerkte waren: Salix glauca, Populus tre-
mula, Ribes groſſulariae affine, Hyoſciamus phyſaloi-
des, Lonicera alpigena, Senecio, Cineraria,
einige Ar-
temiſiae, Aſtragalus veſicarius
und phyſodes. Vor dem
Schlafengehen hatten wir noch einen nicht betraͤchtlichen
Handel mit den Kirgiſen. Es gehoͤret viel Geduld dazu

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0138" n="130"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sievers Briefe</hi></fw><lb/>
Wetter &#x017F;o zertru&#x0364;mmert worden, ohne jedoch im Gering-<lb/>
&#x017F;ten eine erdhafte oder bro&#x0364;ckliche Oberfla&#x0364;che zu haben.<lb/>
Sie liefern den Botani&#x017F;ten wenige aber gute Sachen,<lb/>
die mei&#x017F;ten Pflanzen &#x017F;ammelte ich jederzeit in graßreichen<lb/>
Tha&#x0364;lern, an den Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und hin und wieder auf der<lb/>
Steppe. &#x2014; Nach vollendetem Mar&#x017F;ch von 10 Wer&#x017F;ten<lb/>
kamen wir wieder in ebenes Land, welches freylich im-<lb/>
mer viel waldlo&#x017F;e Hu&#x0364;gel hatte, inde&#x017F;&#x017F;en zum Ackerbau<lb/>
und Viehzucht außerordentlich tauglich wa&#x0364;re. Rechter<lb/>
Hand blieben uns 2 kleine Bitter&#x017F;alz&#x017F;een. Das Mit-<lb/>
tagsmahl hielten wir ohnfern vom Ur&#x017F;prung des Flu&#x0364;ß-<lb/>
chens <hi rendition="#fr">Baltagara,</hi> welches &#x017F;u&#x0364;dlich in den See <hi rendition="#fr">Bal-<lb/>
ka&#x017F;ch</hi> fa&#x0364;llt und viele Grimpen na&#x0364;hret. Mein Fu&#x0364;hrer<lb/>
zeigte mir auf einem hohen Berge abermal die in Nebel<lb/>
eingehu&#x0364;llten Berg&#x017F;pitzen des Tarabagatai. Der gedachte<lb/>
Berg &#x017F;owohl, wie die umliegenden kleinern, be&#x017F;tand aus<lb/>
ei&#x017F;en&#x017F;chu&#x0364;ßigen, zu Tage ausgehenden hornartigen, ban-<lb/>
dirten Ja&#x017F;pis&#x017F;chiefer, mit &#x017F;cho&#x0364;nen &#x017F;chwarzen Dendriten.<lb/>
Zwi&#x017F;chen dem Bro&#x0364;ckelwerk wuchs hin und wieder die &#x017F;el-<lb/>
tene <hi rendition="#aq">Clypeola Schangini</hi> eine neue Gattung. Uebrigens<lb/>
war hier allenthalben botani&#x017F;che Armuth. Jn der Wo-<lb/>
lo&#x017F;t <hi rendition="#fr">Bur</hi><hi rendition="#aq">à</hi><hi rendition="#fr">-Naimenße</hi> am obgedachten Flu&#x0364;ßchen <hi rendition="#fr">Bal-<lb/>
tagara</hi> hatten wir un&#x017F;er Nachtlager. Was ich heute<lb/>
an Pflanzen bemerkte waren: <hi rendition="#aq">Salix glauca, Populus tre-<lb/>
mula, Ribes gro&#x017F;&#x017F;ulariae affine, Hyo&#x017F;ciamus phy&#x017F;aloi-<lb/>
des, Lonicera alpigena, Senecio, Cineraria,</hi> einige <hi rendition="#aq">Ar-<lb/>
temi&#x017F;iae, A&#x017F;tragalus ve&#x017F;icarius</hi> und <hi rendition="#aq">phy&#x017F;odes.</hi> Vor dem<lb/>
Schlafengehen hatten wir noch einen nicht betra&#x0364;chtlichen<lb/>
Handel mit den Kirgi&#x017F;en. Es geho&#x0364;ret viel Geduld dazu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0138] Sievers Briefe Wetter ſo zertruͤmmert worden, ohne jedoch im Gering- ſten eine erdhafte oder broͤckliche Oberflaͤche zu haben. Sie liefern den Botaniſten wenige aber gute Sachen, die meiſten Pflanzen ſammelte ich jederzeit in graßreichen Thaͤlern, an den Fluͤſſen und hin und wieder auf der Steppe. — Nach vollendetem Marſch von 10 Werſten kamen wir wieder in ebenes Land, welches freylich im- mer viel waldloſe Huͤgel hatte, indeſſen zum Ackerbau und Viehzucht außerordentlich tauglich waͤre. Rechter Hand blieben uns 2 kleine Bitterſalzſeen. Das Mit- tagsmahl hielten wir ohnfern vom Urſprung des Fluͤß- chens Baltagara, welches ſuͤdlich in den See Bal- kaſch faͤllt und viele Grimpen naͤhret. Mein Fuͤhrer zeigte mir auf einem hohen Berge abermal die in Nebel eingehuͤllten Bergſpitzen des Tarabagatai. Der gedachte Berg ſowohl, wie die umliegenden kleinern, beſtand aus eiſenſchuͤßigen, zu Tage ausgehenden hornartigen, ban- dirten Jaſpisſchiefer, mit ſchoͤnen ſchwarzen Dendriten. Zwiſchen dem Broͤckelwerk wuchs hin und wieder die ſel- tene Clypeola Schangini eine neue Gattung. Uebrigens war hier allenthalben botaniſche Armuth. Jn der Wo- loſt Burà-Naimenße am obgedachten Fluͤßchen Bal- tagara hatten wir unſer Nachtlager. Was ich heute an Pflanzen bemerkte waren: Salix glauca, Populus tre- mula, Ribes groſſulariae affine, Hyoſciamus phyſaloi- des, Lonicera alpigena, Senecio, Cineraria, einige Ar- temiſiae, Aſtragalus veſicarius und phyſodes. Vor dem Schlafengehen hatten wir noch einen nicht betraͤchtlichen Handel mit den Kirgiſen. Es gehoͤret viel Geduld dazu mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/138
Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/138>, abgerufen am 27.11.2024.