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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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ebenso wenig wie die Nadel- und Zeigertelegraphen den Schreib-
und Drucktelegraphen gegenüber, welche die Depeschen dauernd
lesbar machen, das Feld behaupten. Dagegen haben solche
acustische Telegraphen, welche nicht vollständige Nachrichten,
sondern einige bestimmte Signale geben sollen, eine sehr allge¬
meine Anwendung gefunden. Man bedient sich ihrer als Wecker,
um die Aufmerksamkeit des Telegraphisten auf seinen Empfangs¬
apparat zu lenken, als electrische Glockenzüge, und besonders in
Deutschland in großem Maßstabe als Signalapparate für die
Beamten der Eisenbahn, um denselben den Abgang eines Zuges
von der nächsten Station anzuzeigen. Bei diesen Läutewerken
der Eisenbahnen wird die Bewegung der schweren Hämmer,
welche die großen auf den Häuschen der Bahnwärter angebrachten
Glocken ertönen lassen, natürlich nicht vom electrischen Strome
direct ausgeführt, sondern durch das Gewicht eines Uhrwerkes,
dessen Auslösung durch die Anziehung eines kleinen Magnet¬
ankers durch den electrischen Strom bewirkt wird.

Auch die zersetzende oder chemische Wirkung des electrischen
Stromes ist zur Construction verschiedenartiger Telegraphen¬
apparate benutzt worden. Bekanntlich war der erste electrische
Telegraph, der Sömmering'sche, ein electrochemischer, indem die
Signale durch Wasserzersetzung sichtbar gemacht wurden. Außer
dem Wasser zersetzt aber der electrische Strom auch viele
in Wasser gelöste Metallverbindungen, indem er das Metall
aus denselben abscheidet. So kann man durch den electrischen
Strom Kupfer, Silber, Gold, Nickel und andere Metalle auf
der Oberfläche anderer metallener Körper oder auf leitenden
Formen ablagern, wie es bei der galvanischen Versilberung,
Vergoldung und der Galvanoplastik geschieht. Besonders leicht
und schon durch sehr schwache Ströme wird unter andern das
Jodkalium, so wie das blausauere Eisen durch den electrischen
Strom zersetzt. Tränkt man einen Papierstreifen mit einer Lö¬

ebenſo wenig wie die Nadel- und Zeigertelegraphen den Schreib-
und Drucktelegraphen gegenüber, welche die Depeſchen dauernd
lesbar machen, das Feld behaupten. Dagegen haben ſolche
acuſtiſche Telegraphen, welche nicht vollſtändige Nachrichten,
ſondern einige beſtimmte Signale geben ſollen, eine ſehr allge¬
meine Anwendung gefunden. Man bedient ſich ihrer als Wecker,
um die Aufmerkſamkeit des Telegraphiſten auf ſeinen Empfangs¬
apparat zu lenken, als electriſche Glockenzüge, und beſonders in
Deutſchland in großem Maßſtabe als Signalapparate für die
Beamten der Eiſenbahn, um denſelben den Abgang eines Zuges
von der nächſten Station anzuzeigen. Bei dieſen Läutewerken
der Eiſenbahnen wird die Bewegung der ſchweren Hämmer,
welche die großen auf den Häuschen der Bahnwärter angebrachten
Glocken ertönen laſſen, natürlich nicht vom electriſchen Strome
direct ausgeführt, ſondern durch das Gewicht eines Uhrwerkes,
deſſen Auslöſung durch die Anziehung eines kleinen Magnet¬
ankers durch den electriſchen Strom bewirkt wird.

Auch die zerſetzende oder chemiſche Wirkung des electriſchen
Stromes iſt zur Conſtruction verſchiedenartiger Telegraphen¬
apparate benutzt worden. Bekanntlich war der erſte electriſche
Telegraph, der Sömmering'ſche, ein electrochemiſcher, indem die
Signale durch Waſſerzerſetzung ſichtbar gemacht wurden. Außer
dem Waſſer zerſetzt aber der electriſche Strom auch viele
in Waſſer gelöſte Metallverbindungen, indem er das Metall
aus denſelben abſcheidet. So kann man durch den electriſchen
Strom Kupfer, Silber, Gold, Nickel und andere Metalle auf
der Oberfläche anderer metallener Körper oder auf leitenden
Formen ablagern, wie es bei der galvaniſchen Verſilberung,
Vergoldung und der Galvanoplaſtik geſchieht. Beſonders leicht
und ſchon durch ſehr ſchwache Ströme wird unter andern das
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[26/0032] ebenſo wenig wie die Nadel- und Zeigertelegraphen den Schreib- und Drucktelegraphen gegenüber, welche die Depeſchen dauernd lesbar machen, das Feld behaupten. Dagegen haben ſolche acuſtiſche Telegraphen, welche nicht vollſtändige Nachrichten, ſondern einige beſtimmte Signale geben ſollen, eine ſehr allge¬ meine Anwendung gefunden. Man bedient ſich ihrer als Wecker, um die Aufmerkſamkeit des Telegraphiſten auf ſeinen Empfangs¬ apparat zu lenken, als electriſche Glockenzüge, und beſonders in Deutſchland in großem Maßſtabe als Signalapparate für die Beamten der Eiſenbahn, um denſelben den Abgang eines Zuges von der nächſten Station anzuzeigen. Bei dieſen Läutewerken der Eiſenbahnen wird die Bewegung der ſchweren Hämmer, welche die großen auf den Häuschen der Bahnwärter angebrachten Glocken ertönen laſſen, natürlich nicht vom electriſchen Strome direct ausgeführt, ſondern durch das Gewicht eines Uhrwerkes, deſſen Auslöſung durch die Anziehung eines kleinen Magnet¬ ankers durch den electriſchen Strom bewirkt wird. Auch die zerſetzende oder chemiſche Wirkung des electriſchen Stromes iſt zur Conſtruction verſchiedenartiger Telegraphen¬ apparate benutzt worden. Bekanntlich war der erſte electriſche Telegraph, der Sömmering'ſche, ein electrochemiſcher, indem die Signale durch Waſſerzerſetzung ſichtbar gemacht wurden. Außer dem Waſſer zerſetzt aber der electriſche Strom auch viele in Waſſer gelöſte Metallverbindungen, indem er das Metall aus denſelben abſcheidet. So kann man durch den electriſchen Strom Kupfer, Silber, Gold, Nickel und andere Metalle auf der Oberfläche anderer metallener Körper oder auf leitenden Formen ablagern, wie es bei der galvaniſchen Verſilberung, Vergoldung und der Galvanoplaſtik geſchieht. Beſonders leicht und ſchon durch ſehr ſchwache Ströme wird unter andern das Jodkalium, ſo wie das blauſauere Eiſen durch den electriſchen Strom zerſetzt. Tränkt man einen Papierſtreifen mit einer Lö¬

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/32>, abgerufen am 28.11.2024.