unter Umständen durch Bewegung der Luft noch befördert wird. Dann erst tritt die Gefahr ein. Das Grubengas ist nämlich zwar brennbar, explodirt aber erst, wenn es mit Luft, also mit Sauer- stoff in hinlänglichem Masse vermischt ist, so dass eine gleich- zeitige Verbrennung der ganzen Masse stattfinden kann. Es folgt schon hieraus, dass man kaum dahin gelangen wird, die schla- gende Wettergefahr vollständig zu beseitigen.
Man kann sich dies auf drei Weisen vorstellen: die eine wäre im Prinzip die, dass man das Auftreten der Gase aus dem Flöz in die Grubenluft überhaupt verhinderte. Die zweite wäre die, dass man die austretenden Gase sofort und noch bevor eine gefährliche Mischung entstände, unschädlich macht; es kann dies durch Ventilation oder Verbrennung geschehen. Die dritte Me- thode wäre ein passendes Signalsystem, welches nicht nur in der Grube selbst, sondern auch den Beamten ausserhalb der Grube fortlaufend und selbstthätig anzeigt, welches der Stand der Gruben- gas-Entwickelung und Ausquellung in der Grube ist, so dass man keine Leute hineinlässt, wenn Gefahr vorhanden ist, und sie rechtzeitig zurückruft, wenn sie während der Arbeit entsteht. Das sind die drei Wege, auf denen man dem Feinde zu Leibe zu gehen und ihn wenigstens unschädlich zu machen suchen kann. Das beste, wirksamste Mittel wird immer eine gute Ventilation der Grube sein. Diese wird auch überall und meist mit grosser Sorgfalt angewendet, und sie ist das Mittel, die grossen Kohlen- massen zu fördern ohne zu grosse Verluste an Menschenleben. Das zweite allgemein angewendete Hülfsmittel ist die Verwendung der segensreichen Erfindung der Grubenlampe von Humphrey Davy. Sie beruht darauf, dass Flammen erlöschen, wenn sie unter die Glühhitze abgekühlt werden. Hält man eine Kerzenflamme unter ein engmaschiges Drahtnetz, so brennt sie nur bis zu diesem Netze. Das Drahtnetz entzieht dem hindurchstreichenden brennen- den Gase viel Wärme, und da die Flamme ohne Glühhitze nicht bestehen kann, so erlischt sie innerhalb des Netzes. Ist also eine Lampe mit einem guten, engen Drahtnetz umgeben, so kann eine Explosion sich nicht durch das Netz hindurch fortpflanzen, es wird mithin das ausserhalb des Netzes befindliche explosive Gas nicht entzündet. Der Bergmann kann aus dem eigenthümlichen Zucken der Flamme ersehen, dass Gefahr vorhanden ist. Das sind
unter Umständen durch Bewegung der Luft noch befördert wird. Dann erst tritt die Gefahr ein. Das Grubengas ist nämlich zwar brennbar, explodirt aber erst, wenn es mit Luft, also mit Sauer- stoff in hinlänglichem Masse vermischt ist, so dass eine gleich- zeitige Verbrennung der ganzen Masse stattfinden kann. Es folgt schon hieraus, dass man kaum dahin gelangen wird, die schla- gende Wettergefahr vollständig zu beseitigen.
Man kann sich dies auf drei Weisen vorstellen: die eine wäre im Prinzip die, dass man das Auftreten der Gase aus dem Flöz in die Grubenluft überhaupt verhinderte. Die zweite wäre die, dass man die austretenden Gase sofort und noch bevor eine gefährliche Mischung entstände, unschädlich macht; es kann dies durch Ventilation oder Verbrennung geschehen. Die dritte Me- thode wäre ein passendes Signalsystem, welches nicht nur in der Grube selbst, sondern auch den Beamten ausserhalb der Grube fortlaufend und selbstthätig anzeigt, welches der Stand der Gruben- gas-Entwickelung und Ausquellung in der Grube ist, so dass man keine Leute hineinlässt, wenn Gefahr vorhanden ist, und sie rechtzeitig zurückruft, wenn sie während der Arbeit entsteht. Das sind die drei Wege, auf denen man dem Feinde zu Leibe zu gehen und ihn wenigstens unschädlich zu machen suchen kann. Das beste, wirksamste Mittel wird immer eine gute Ventilation der Grube sein. Diese wird auch überall und meist mit grosser Sorgfalt angewendet, und sie ist das Mittel, die grossen Kohlen- massen zu fördern ohne zu grosse Verluste an Menschenleben. Das zweite allgemein angewendete Hülfsmittel ist die Verwendung der segensreichen Erfindung der Grubenlampe von Humphrey Davy. Sie beruht darauf, dass Flammen erlöschen, wenn sie unter die Glühhitze abgekühlt werden. Hält man eine Kerzenflamme unter ein engmaschiges Drahtnetz, so brennt sie nur bis zu diesem Netze. Das Drahtnetz entzieht dem hindurchstreichenden brennen- den Gase viel Wärme, und da die Flamme ohne Glühhitze nicht bestehen kann, so erlischt sie innerhalb des Netzes. Ist also eine Lampe mit einem guten, engen Drahtnetz umgeben, so kann eine Explosion sich nicht durch das Netz hindurch fortpflanzen, es wird mithin das ausserhalb des Netzes befindliche explosive Gas nicht entzündet. Der Bergmann kann aus dem eigenthümlichen Zucken der Flamme ersehen, dass Gefahr vorhanden ist. Das sind
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[527/0553]
unter Umständen durch Bewegung der Luft noch befördert wird.
Dann erst tritt die Gefahr ein. Das Grubengas ist nämlich zwar
brennbar, explodirt aber erst, wenn es mit Luft, also mit Sauer-
stoff in hinlänglichem Masse vermischt ist, so dass eine gleich-
zeitige Verbrennung der ganzen Masse stattfinden kann. Es folgt
schon hieraus, dass man kaum dahin gelangen wird, die schla-
gende Wettergefahr vollständig zu beseitigen.
Man kann sich dies auf drei Weisen vorstellen: die eine
wäre im Prinzip die, dass man das Auftreten der Gase aus dem
Flöz in die Grubenluft überhaupt verhinderte. Die zweite wäre
die, dass man die austretenden Gase sofort und noch bevor eine
gefährliche Mischung entstände, unschädlich macht; es kann dies
durch Ventilation oder Verbrennung geschehen. Die dritte Me-
thode wäre ein passendes Signalsystem, welches nicht nur in der
Grube selbst, sondern auch den Beamten ausserhalb der Grube
fortlaufend und selbstthätig anzeigt, welches der Stand der Gruben-
gas-Entwickelung und Ausquellung in der Grube ist, so dass man
keine Leute hineinlässt, wenn Gefahr vorhanden ist, und sie
rechtzeitig zurückruft, wenn sie während der Arbeit entsteht.
Das sind die drei Wege, auf denen man dem Feinde zu Leibe
zu gehen und ihn wenigstens unschädlich zu machen suchen kann.
Das beste, wirksamste Mittel wird immer eine gute Ventilation
der Grube sein. Diese wird auch überall und meist mit grosser
Sorgfalt angewendet, und sie ist das Mittel, die grossen Kohlen-
massen zu fördern ohne zu grosse Verluste an Menschenleben.
Das zweite allgemein angewendete Hülfsmittel ist die Verwendung
der segensreichen Erfindung der Grubenlampe von Humphrey Davy.
Sie beruht darauf, dass Flammen erlöschen, wenn sie unter die
Glühhitze abgekühlt werden. Hält man eine Kerzenflamme unter
ein engmaschiges Drahtnetz, so brennt sie nur bis zu diesem
Netze. Das Drahtnetz entzieht dem hindurchstreichenden brennen-
den Gase viel Wärme, und da die Flamme ohne Glühhitze nicht
bestehen kann, so erlischt sie innerhalb des Netzes. Ist also eine
Lampe mit einem guten, engen Drahtnetz umgeben, so kann eine
Explosion sich nicht durch das Netz hindurch fortpflanzen, es
wird mithin das ausserhalb des Netzes befindliche explosive Gas
nicht entzündet. Der Bergmann kann aus dem eigenthümlichen
Zucken der Flamme ersehen, dass Gefahr vorhanden ist. Das sind
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/553>, abgerufen am 22.11.2024.
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