niss der Elektricitätsleitung bilden oder wahrscheinlich sogar die Ursache des Leitungswiderstandes sind, und da die Stabilität allotroper Zustände, welche Wärme gebunden halten, durch Er- hitzung sich vermindert oder ganz verloren geht, wobei dann die latente Wärme entweicht, so muss das Hinderniss, welches die letztere dem Durchgange des elektrischen Stromes entgegensetzt, bei erhöhter Temperatur geringer werden. Die bessere Leitungs- fähigkeit der Kohle bei höherer Temperatur lässt sich daher wie beim krystallinischen Selen erklären, wenn man annimmt, dass die Kohle wie dieses eine latente Wärme enthaltende, allotrope Modification eines hypothetischen metallischen Kohlen- stoffs ist.
Für diese Annahme spricht auch das Verhalten der Kohlen- stäbe, zwischen denen ein Davy'scher Lichtbogen gebildet wird. Das elektrische Licht hat bekanntlich seinen Sitz namentlich auf der hell glühenden Oberfläche der positiven Kohle. Von dieser geht nun auch der Transport der Kohle zur negativen Kohle aus. Stellt man zwei nicht zu starke Kohlenstäbe mit ebenen paral- lelen Grenzflächen einander dicht, etwa 1 mm von einander, gegenüber und lässt einen sehr starken Strom zwischen ihnen übergehen, so findet ein schnelles Uebergehen der Kohle von der positiven zur negativen Kohle statt, und die letztere wächst eben so schnell, als die obere verzehrt wird. Die Folge ist, dass der Zwischenraum fortwandert, ohne merklich grösser zu werden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Kohle während ihres Transportes durch den Bogen nicht verbrennen kann, weil der schmale Zwischenraum das Eindringen der Luft nicht oder doch nur in sehr geringem Masse gestattet. Den durch gleich- gerichteten Strom gebildeten elektrischen Lichtbogen pflegt man so zu reguliren, dass der Bogen gerade die nöthige Länge hat, um alle transportirte Kohle zu verbrennen. In diesem Falle bemerkt man deutlich durch ein lichtschwächendes Glas, dass es wesentlich die oft wechselnden Stellen der positiven Kohlenober- fläche, von denen der Davy'sche Bogen grösstentheils ausgeht, sind, die sehr hell leuchten. Es ist also nicht, wie wohl ange- nommen wird, das Aufschlagen der durch den Bogen losgeris- senen und transportirten Kohlentheilchen auf die negative Kohle, sondern das Loslösen derselben von der positiven Kohle, was
niss der Elektricitätsleitung bilden oder wahrscheinlich sogar die Ursache des Leitungswiderstandes sind, und da die Stabilität allotroper Zustände, welche Wärme gebunden halten, durch Er- hitzung sich vermindert oder ganz verloren geht, wobei dann die latente Wärme entweicht, so muss das Hinderniss, welches die letztere dem Durchgange des elektrischen Stromes entgegensetzt, bei erhöhter Temperatur geringer werden. Die bessere Leitungs- fähigkeit der Kohle bei höherer Temperatur lässt sich daher wie beim krystallinischen Selen erklären, wenn man annimmt, dass die Kohle wie dieses eine latente Wärme enthaltende, allotrope Modification eines hypothetischen metallischen Kohlen- stoffs ist.
Für diese Annahme spricht auch das Verhalten der Kohlen- stäbe, zwischen denen ein Davy’scher Lichtbogen gebildet wird. Das elektrische Licht hat bekanntlich seinen Sitz namentlich auf der hell glühenden Oberfläche der positiven Kohle. Von dieser geht nun auch der Transport der Kohle zur negativen Kohle aus. Stellt man zwei nicht zu starke Kohlenstäbe mit ebenen paral- lelen Grenzflächen einander dicht, etwa 1 mm von einander, gegenüber und lässt einen sehr starken Strom zwischen ihnen übergehen, so findet ein schnelles Uebergehen der Kohle von der positiven zur negativen Kohle statt, und die letztere wächst eben so schnell, als die obere verzehrt wird. Die Folge ist, dass der Zwischenraum fortwandert, ohne merklich grösser zu werden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Kohle während ihres Transportes durch den Bogen nicht verbrennen kann, weil der schmale Zwischenraum das Eindringen der Luft nicht oder doch nur in sehr geringem Masse gestattet. Den durch gleich- gerichteten Strom gebildeten elektrischen Lichtbogen pflegt man so zu reguliren, dass der Bogen gerade die nöthige Länge hat, um alle transportirte Kohle zu verbrennen. In diesem Falle bemerkt man deutlich durch ein lichtschwächendes Glas, dass es wesentlich die oft wechselnden Stellen der positiven Kohlenober- fläche, von denen der Davy’sche Bogen grösstentheils ausgeht, sind, die sehr hell leuchten. Es ist also nicht, wie wohl ange- nommen wird, das Aufschlagen der durch den Bogen losgeris- senen und transportirten Kohlentheilchen auf die negative Kohle, sondern das Loslösen derselben von der positiven Kohle, was
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niss der Elektricitätsleitung bilden oder wahrscheinlich sogar die
Ursache des Leitungswiderstandes sind, und da die Stabilität
allotroper Zustände, welche Wärme gebunden halten, durch Er-
hitzung sich vermindert oder ganz verloren geht, wobei dann die
latente Wärme entweicht, so muss das Hinderniss, welches die
letztere dem Durchgange des elektrischen Stromes entgegensetzt,
bei erhöhter Temperatur geringer werden. Die bessere Leitungs-
fähigkeit der Kohle bei höherer Temperatur lässt sich daher
wie beim krystallinischen Selen erklären, wenn man annimmt,
dass die Kohle wie dieses eine latente Wärme enthaltende,
allotrope Modification eines hypothetischen metallischen Kohlen-
stoffs ist.
Für diese Annahme spricht auch das Verhalten der Kohlen-
stäbe, zwischen denen ein Davy’scher Lichtbogen gebildet wird.
Das elektrische Licht hat bekanntlich seinen Sitz namentlich auf
der hell glühenden Oberfläche der positiven Kohle. Von dieser
geht nun auch der Transport der Kohle zur negativen Kohle aus.
Stellt man zwei nicht zu starke Kohlenstäbe mit ebenen paral-
lelen Grenzflächen einander dicht, etwa 1 mm von einander,
gegenüber und lässt einen sehr starken Strom zwischen ihnen
übergehen, so findet ein schnelles Uebergehen der Kohle von der
positiven zur negativen Kohle statt, und die letztere wächst
eben so schnell, als die obere verzehrt wird. Die Folge ist,
dass der Zwischenraum fortwandert, ohne merklich grösser zu
werden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Kohle während
ihres Transportes durch den Bogen nicht verbrennen kann, weil
der schmale Zwischenraum das Eindringen der Luft nicht oder
doch nur in sehr geringem Masse gestattet. Den durch gleich-
gerichteten Strom gebildeten elektrischen Lichtbogen pflegt man
so zu reguliren, dass der Bogen gerade die nöthige Länge hat,
um alle transportirte Kohle zu verbrennen. In diesem Falle
bemerkt man deutlich durch ein lichtschwächendes Glas, dass es
wesentlich die oft wechselnden Stellen der positiven Kohlenober-
fläche, von denen der Davy’sche Bogen grösstentheils ausgeht,
sind, die sehr hell leuchten. Es ist also nicht, wie wohl ange-
nommen wird, das Aufschlagen der durch den Bogen losgeris-
senen und transportirten Kohlentheilchen auf die negative Kohle,
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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