Dieser Vortrag war für die Hauptversammlung der Naturforscherversammlung zu Baden-Baden bestimmt, konnte aber wegen verspäteter Anmeldung nur im Auszug in der physikalischen Section gehalten werden.
1879.
Es mag befremden, dass ich in dieser wissenschaftlichen Bestrebungen gewidmeten Versammlung über ein Thema zu sprechen übernehme, welches nach seinem Titel: "Die Elektrici- tät im Dienste des Lebens", mehr technischer als wissenschaft- licher Natur zu sein scheint. Nun, meine Herren, ich habe es schon vor Jahren an einem anderen Orte, der, wie mir mein lieber Jugendfreund du Bois-Reymond mich berichtigend erwi- derte, "allein dem Fortbau der wissenschaftlichen Erkenntniss um ihrer selbst willen bestimmt ist", in meiner Antrittsrede ausge- sprochen: dass der höhere und wahre Beruf der Wissenschaft der ist, "den Schatz des Wissens und Könnens der ganzen Menschheit zu erhöhen und dieselbe dadurch einer höheren Cul- turstufe zuzuführen". Es geziemt sich daher auch wohl für eine wissenschaftliche Versammlung, von Zeit zu Zeit Umschau zu halten im Leben und sich der Resultate zu erfreuen, welche wissenschaftliche Forschung im Bunde mit praktisch schaffender Thätigkeit in diesem Sinne errungen hat! Dabei möchte ich aber nicht dahin missverstanden werden, als wollte ich den Werth wissenschaftlicher Forschung überhaupt mit dem Masse des praktischen Nutzens messen. Jeder neue Gedanke, jede neu erkannte Thatsache, jede bessere Erkenntniss ist eine Vermeh- rung des grossen einzig werthvollen Schatzes der Menschheit, ihres Wissensschatzes, und diesen zu bereichern, ohne jede Rücksicht auf etwaigen directen Nutzen oder damit verknüpften
Die Elektricität im Dienste des Lebens.
Dieser Vortrag war für die Hauptversammlung der Naturforscherversammlung zu Baden-Baden bestimmt, konnte aber wegen verspäteter Anmeldung nur im Auszug in der physikalischen Section gehalten werden.
1879.
Es mag befremden, dass ich in dieser wissenschaftlichen Bestrebungen gewidmeten Versammlung über ein Thema zu sprechen übernehme, welches nach seinem Titel: „Die Elektrici- tät im Dienste des Lebens“, mehr technischer als wissenschaft- licher Natur zu sein scheint. Nun, meine Herren, ich habe es schon vor Jahren an einem anderen Orte, der, wie mir mein lieber Jugendfreund du Bois-Reymond mich berichtigend erwi- derte, „allein dem Fortbau der wissenschaftlichen Erkenntniss um ihrer selbst willen bestimmt ist“, in meiner Antrittsrede ausge- sprochen: dass der höhere und wahre Beruf der Wissenschaft der ist, „den Schatz des Wissens und Könnens der ganzen Menschheit zu erhöhen und dieselbe dadurch einer höheren Cul- turstufe zuzuführen“. Es geziemt sich daher auch wohl für eine wissenschaftliche Versammlung, von Zeit zu Zeit Umschau zu halten im Leben und sich der Resultate zu erfreuen, welche wissenschaftliche Forschung im Bunde mit praktisch schaffender Thätigkeit in diesem Sinne errungen hat! Dabei möchte ich aber nicht dahin missverstanden werden, als wollte ich den Werth wissenschaftlicher Forschung überhaupt mit dem Masse des praktischen Nutzens messen. Jeder neue Gedanke, jede neu erkannte Thatsache, jede bessere Erkenntniss ist eine Vermeh- rung des grossen einzig werthvollen Schatzes der Menschheit, ihres Wissensschatzes, und diesen zu bereichern, ohne jede Rücksicht auf etwaigen directen Nutzen oder damit verknüpften
<TEI><text><body><pbfacs="#f0491"n="[469]"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Die Elektricität im Dienste des Lebens.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#c">Dieser Vortrag war für die Hauptversammlung der Naturforscherversammlung zu Baden-Baden<lb/>
bestimmt, konnte aber wegen verspäteter Anmeldung nur im Auszug in der physikalischen<lb/>
Section gehalten werden.</hi></p><lb/><p><hirendition="#c"><hirendition="#b">1879.</hi></hi></p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">E</hi>s mag befremden, dass ich in dieser wissenschaftlichen<lb/>
Bestrebungen gewidmeten Versammlung über ein Thema zu<lb/>
sprechen übernehme, welches nach seinem Titel: „Die Elektrici-<lb/>
tät im Dienste des Lebens“, mehr technischer als wissenschaft-<lb/>
licher Natur zu sein scheint. Nun, meine Herren, ich habe es<lb/>
schon vor Jahren an einem anderen Orte, der, wie mir mein<lb/>
lieber Jugendfreund du Bois-Reymond mich berichtigend erwi-<lb/>
derte, „allein dem Fortbau der wissenschaftlichen Erkenntniss um<lb/>
ihrer selbst willen bestimmt ist“, in meiner Antrittsrede ausge-<lb/>
sprochen: dass der höhere und wahre Beruf der Wissenschaft<lb/>
der ist, „den Schatz des Wissens und Könnens der ganzen<lb/>
Menschheit zu erhöhen und dieselbe dadurch einer höheren Cul-<lb/>
turstufe zuzuführen“. Es geziemt sich daher auch wohl für eine<lb/>
wissenschaftliche Versammlung, von Zeit zu Zeit Umschau zu<lb/>
halten im Leben und sich der Resultate zu erfreuen, welche<lb/>
wissenschaftliche Forschung im Bunde mit praktisch schaffender<lb/>
Thätigkeit in diesem Sinne errungen hat! Dabei möchte ich<lb/>
aber nicht dahin missverstanden werden, als wollte ich den<lb/>
Werth wissenschaftlicher Forschung überhaupt mit dem Masse<lb/>
des praktischen Nutzens messen. Jeder neue Gedanke, jede neu<lb/>
erkannte Thatsache, jede bessere Erkenntniss ist eine Vermeh-<lb/>
rung des grossen einzig werthvollen Schatzes der Menschheit,<lb/>
ihres Wissensschatzes, und diesen zu bereichern, ohne jede<lb/>
Rücksicht auf etwaigen directen Nutzen oder damit verknüpften<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[469]/0491]
Die Elektricität im Dienste des Lebens.
Dieser Vortrag war für die Hauptversammlung der Naturforscherversammlung zu Baden-Baden
bestimmt, konnte aber wegen verspäteter Anmeldung nur im Auszug in der physikalischen
Section gehalten werden.
1879.
Es mag befremden, dass ich in dieser wissenschaftlichen
Bestrebungen gewidmeten Versammlung über ein Thema zu
sprechen übernehme, welches nach seinem Titel: „Die Elektrici-
tät im Dienste des Lebens“, mehr technischer als wissenschaft-
licher Natur zu sein scheint. Nun, meine Herren, ich habe es
schon vor Jahren an einem anderen Orte, der, wie mir mein
lieber Jugendfreund du Bois-Reymond mich berichtigend erwi-
derte, „allein dem Fortbau der wissenschaftlichen Erkenntniss um
ihrer selbst willen bestimmt ist“, in meiner Antrittsrede ausge-
sprochen: dass der höhere und wahre Beruf der Wissenschaft
der ist, „den Schatz des Wissens und Könnens der ganzen
Menschheit zu erhöhen und dieselbe dadurch einer höheren Cul-
turstufe zuzuführen“. Es geziemt sich daher auch wohl für eine
wissenschaftliche Versammlung, von Zeit zu Zeit Umschau zu
halten im Leben und sich der Resultate zu erfreuen, welche
wissenschaftliche Forschung im Bunde mit praktisch schaffender
Thätigkeit in diesem Sinne errungen hat! Dabei möchte ich
aber nicht dahin missverstanden werden, als wollte ich den
Werth wissenschaftlicher Forschung überhaupt mit dem Masse
des praktischen Nutzens messen. Jeder neue Gedanke, jede neu
erkannte Thatsache, jede bessere Erkenntniss ist eine Vermeh-
rung des grossen einzig werthvollen Schatzes der Menschheit,
ihres Wissensschatzes, und diesen zu bereichern, ohne jede
Rücksicht auf etwaigen directen Nutzen oder damit verknüpften
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. [469]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/491>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.