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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Es folgt aber hieraus auch, dass die Kruste überall, wenigstens
in allen grösseren Abschnitten, von der unterlagernden, flüssigen
oder plastischen Masse getragen werden muss, dass also überall
in der Erde hydrostatisches Gleichgewicht herrschen muss. Nun
müssen die leichtflüssigen alkalinischen und wasserhaltigen Laven,
welche sich zwischen den zusammengeballten, zähen, die Grund-
lage der festen Kruste bildenden Silicatmassen in verhältniss-
mässig engen Kanälen und Hohlräumen im flüssigen Zustande
erhalten haben, ein geringeres specifisches Gewicht haben, als
die Erdrinde und die zähflüssigen Silicatmassen. Eröffnet sich
ihnen daher durch Spaltungen in den jüngst erstarrten, unteren
Schichtungen der festen Hülle ein Zugang zu den in dieser noch
vorhandenen älteren, zur Oberfläche führenden Kanälen, so muss
die Lava in ihnen emporsteigen, bis das hydrostatische Gleich-
gewicht hergestellt oder der Kanal durch nachdringende zäh-
flüssige Massen wieder verstopft ist. Dieser Auftrieb der flüssi-
gen Laven durch hydrostatischen Druck wird in den höher
gelegenen Kratertheilen durch Dampf und Gase, welche sich bei
vermindertem Drucke aus den Laven entbinden, noch wesentlich
verstärkt werden. Eine schwieriger zu beantwortende Frage
bleibt aber die, wie eine neue Eruptionsthätigkeit entstehen
kann, wenn der der vorhergehenden Eruption dienende Krater-
gang durch erkaltete Lava geschlossen ist. Allein durch neu
entstehende Spaltungen, welche neue Wege vom Erdinnern zu
dem Kraterkanal eröffnen, erklärt sich die Sache nicht, wenn
denselben auch eine wesentliche Mitwirkung zugeschrieben werden
muss. Um den alten, durch erstarrte Lava verstopften Kanal
wieder zu öffnen, ist offenbar Schmelzhitze erforderlich, die
nicht von aus der Tiefe neu andringender, flüssiger Lava her-
gegeben werden kann, da diese selbst dadurch bald zum Er-
starren gebracht würde. Doch kann man eine einigermassen
befriedigende Erklärung der Erscheinung, dass die alten Lava-
wege sich wieder öffnen, wohl darin finden, dass die Lava bei
ihrer Erstarrung aus dem dünnflüssigen Zustande sich um min-
destens 1/10 ihres Volums zusammenzieht und dass der zähe Zu-
stand, den sie dabei annimmt, sie verhindert, im Kraterkanale
wieder niederzusinken. Sie wird daher vielfach zerklüftet er-
starren, kann daher auch nach der Erstarrung brennbaren Gasen

Es folgt aber hieraus auch, dass die Kruste überall, wenigstens
in allen grösseren Abschnitten, von der unterlagernden, flüssigen
oder plastischen Masse getragen werden muss, dass also überall
in der Erde hydrostatisches Gleichgewicht herrschen muss. Nun
müssen die leichtflüssigen alkalinischen und wasserhaltigen Laven,
welche sich zwischen den zusammengeballten, zähen, die Grund-
lage der festen Kruste bildenden Silicatmassen in verhältniss-
mässig engen Kanälen und Hohlräumen im flüssigen Zustande
erhalten haben, ein geringeres specifisches Gewicht haben, als
die Erdrinde und die zähflüssigen Silicatmassen. Eröffnet sich
ihnen daher durch Spaltungen in den jüngst erstarrten, unteren
Schichtungen der festen Hülle ein Zugang zu den in dieser noch
vorhandenen älteren, zur Oberfläche führenden Kanälen, so muss
die Lava in ihnen emporsteigen, bis das hydrostatische Gleich-
gewicht hergestellt oder der Kanal durch nachdringende zäh-
flüssige Massen wieder verstopft ist. Dieser Auftrieb der flüssi-
gen Laven durch hydrostatischen Druck wird in den höher
gelegenen Kratertheilen durch Dampf und Gase, welche sich bei
vermindertem Drucke aus den Laven entbinden, noch wesentlich
verstärkt werden. Eine schwieriger zu beantwortende Frage
bleibt aber die, wie eine neue Eruptionsthätigkeit entstehen
kann, wenn der der vorhergehenden Eruption dienende Krater-
gang durch erkaltete Lava geschlossen ist. Allein durch neu
entstehende Spaltungen, welche neue Wege vom Erdinnern zu
dem Kraterkanal eröffnen, erklärt sich die Sache nicht, wenn
denselben auch eine wesentliche Mitwirkung zugeschrieben werden
muss. Um den alten, durch erstarrte Lava verstopften Kanal
wieder zu öffnen, ist offenbar Schmelzhitze erforderlich, die
nicht von aus der Tiefe neu andringender, flüssiger Lava her-
gegeben werden kann, da diese selbst dadurch bald zum Er-
starren gebracht würde. Doch kann man eine einigermassen
befriedigende Erklärung der Erscheinung, dass die alten Lava-
wege sich wieder öffnen, wohl darin finden, dass die Lava bei
ihrer Erstarrung aus dem dünnflüssigen Zustande sich um min-
destens 1/10 ihres Volums zusammenzieht und dass der zähe Zu-
stand, den sie dabei annimmt, sie verhindert, im Kraterkanale
wieder niederzusinken. Sie wird daher vielfach zerklüftet er-
starren, kann daher auch nach der Erstarrung brennbaren Gasen

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[464/0486] Es folgt aber hieraus auch, dass die Kruste überall, wenigstens in allen grösseren Abschnitten, von der unterlagernden, flüssigen oder plastischen Masse getragen werden muss, dass also überall in der Erde hydrostatisches Gleichgewicht herrschen muss. Nun müssen die leichtflüssigen alkalinischen und wasserhaltigen Laven, welche sich zwischen den zusammengeballten, zähen, die Grund- lage der festen Kruste bildenden Silicatmassen in verhältniss- mässig engen Kanälen und Hohlräumen im flüssigen Zustande erhalten haben, ein geringeres specifisches Gewicht haben, als die Erdrinde und die zähflüssigen Silicatmassen. Eröffnet sich ihnen daher durch Spaltungen in den jüngst erstarrten, unteren Schichtungen der festen Hülle ein Zugang zu den in dieser noch vorhandenen älteren, zur Oberfläche führenden Kanälen, so muss die Lava in ihnen emporsteigen, bis das hydrostatische Gleich- gewicht hergestellt oder der Kanal durch nachdringende zäh- flüssige Massen wieder verstopft ist. Dieser Auftrieb der flüssi- gen Laven durch hydrostatischen Druck wird in den höher gelegenen Kratertheilen durch Dampf und Gase, welche sich bei vermindertem Drucke aus den Laven entbinden, noch wesentlich verstärkt werden. Eine schwieriger zu beantwortende Frage bleibt aber die, wie eine neue Eruptionsthätigkeit entstehen kann, wenn der der vorhergehenden Eruption dienende Krater- gang durch erkaltete Lava geschlossen ist. Allein durch neu entstehende Spaltungen, welche neue Wege vom Erdinnern zu dem Kraterkanal eröffnen, erklärt sich die Sache nicht, wenn denselben auch eine wesentliche Mitwirkung zugeschrieben werden muss. Um den alten, durch erstarrte Lava verstopften Kanal wieder zu öffnen, ist offenbar Schmelzhitze erforderlich, die nicht von aus der Tiefe neu andringender, flüssiger Lava her- gegeben werden kann, da diese selbst dadurch bald zum Er- starren gebracht würde. Doch kann man eine einigermassen befriedigende Erklärung der Erscheinung, dass die alten Lava- wege sich wieder öffnen, wohl darin finden, dass die Lava bei ihrer Erstarrung aus dem dünnflüssigen Zustande sich um min- destens 1/10 ihres Volums zusammenzieht und dass der zähe Zu- stand, den sie dabei annimmt, sie verhindert, im Kraterkanale wieder niederzusinken. Sie wird daher vielfach zerklüftet er- starren, kann daher auch nach der Erstarrung brennbaren Gasen

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/486>, abgerufen am 22.11.2024.