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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Sedimentschichten zu erklären, welche fast ohne Ausnahme die
ganze Erdoberfläche bedecken. Wenn das Meer anfangs auch
die ganze Erde bedeckte und vermöge seiner hohen Temperatur
einen weit grösseren auflösenden und zerstörenden Einfluss auf
seine felsige Unterlage ausüben musste, so konnte diese Wirkung
sich doch nur auf geringe Tiefen erstrecken, da die aus dem
Meere abgelagerten Sedimente das Urgestein bald vor weiterer
Zerstörung schützen mussten. Ganz undenkbar ist es aber, in
welcher Weise die oft zu vielen Tausenden vorhandenen und weite
Länderstrecken gleichmässig bedeckenden, geschichteten Sedimente
von wechselnder Zusammensetzung enstanden sein sollten. Die
Geologen erklären diese Schichtungen bisher, ebenfalls ungenügend,
dadurch, dass häufig wiederholte Hebungen und Senkungen einge-
treten seien, durch welche ein andauernder Wechsel zwischen
Festland und Meeresboden stattgefunden hätte. Ganz abgesehen
von der Frage, durch welche Kräfte diese so häufig wiederholten
Hebungen und Senkungen hervorgebracht werden konnten, und
warum kein Theil der Erdoberfläche bei diesem Schaukelspiel
vergessen wurde, erklärt sich durch diese Hypothese nicht die
Mächtigkeit der Sedimentschichten. Denn wenn einmal eine
Sedimentschicht von hinlänglicher Stärke, um die darunter lagern-
den Urgesteine vor weiterer Verwitterung zu schützen, gebildet
war, so mussten bei nachfolgenden Hebungen zunächst diese Se-
dimente durch die Tageswasser wieder zerstört und dem Meere
zugeführt werden. Eine weitere wesentliche Vermehrung der
Sedimentmassen konnte also dann gar nicht mehr eintreten. Um
die Bildung dieser und namentlich ihre Schichtung zu erklären,
muss man nothwendig ihren Ursprung im Innern der Erde suchen.
War das Meer nach Bildung und hinlänglicher Abkühlung der
Kruste zum grössten Theil noch mit dem Magma verbunden, wie
früher als wahrscheinlich angenommen wurde, so musste dem noch
die ganze Erde bedeckenden Meere von geringer Tiefe durch un-
zählige Krater wässeriges Magma zugeführt werden, dessen ge-
löste oder lösliche Substanz das Meerwasser aufnahm, um sie
durch seine Strömungen zu verbreiten und demnächst zur Bildung
der Sedimentschichten zu verwenden. Erst als die Sedimente
sich zum grössten Theile abgelagert hatten, begannen die Conti-
nente sich zu heben, und es konnten nun weitere Umbildungen

Sedimentschichten zu erklären, welche fast ohne Ausnahme die
ganze Erdoberfläche bedecken. Wenn das Meer anfangs auch
die ganze Erde bedeckte und vermöge seiner hohen Temperatur
einen weit grösseren auflösenden und zerstörenden Einfluss auf
seine felsige Unterlage ausüben musste, so konnte diese Wirkung
sich doch nur auf geringe Tiefen erstrecken, da die aus dem
Meere abgelagerten Sedimente das Urgestein bald vor weiterer
Zerstörung schützen mussten. Ganz undenkbar ist es aber, in
welcher Weise die oft zu vielen Tausenden vorhandenen und weite
Länderstrecken gleichmässig bedeckenden, geschichteten Sedimente
von wechselnder Zusammensetzung enstanden sein sollten. Die
Geologen erklären diese Schichtungen bisher, ebenfalls ungenügend,
dadurch, dass häufig wiederholte Hebungen und Senkungen einge-
treten seien, durch welche ein andauernder Wechsel zwischen
Festland und Meeresboden stattgefunden hätte. Ganz abgesehen
von der Frage, durch welche Kräfte diese so häufig wiederholten
Hebungen und Senkungen hervorgebracht werden konnten, und
warum kein Theil der Erdoberfläche bei diesem Schaukelspiel
vergessen wurde, erklärt sich durch diese Hypothese nicht die
Mächtigkeit der Sedimentschichten. Denn wenn einmal eine
Sedimentschicht von hinlänglicher Stärke, um die darunter lagern-
den Urgesteine vor weiterer Verwitterung zu schützen, gebildet
war, so mussten bei nachfolgenden Hebungen zunächst diese Se-
dimente durch die Tageswasser wieder zerstört und dem Meere
zugeführt werden. Eine weitere wesentliche Vermehrung der
Sedimentmassen konnte also dann gar nicht mehr eintreten. Um
die Bildung dieser und namentlich ihre Schichtung zu erklären,
muss man nothwendig ihren Ursprung im Innern der Erde suchen.
War das Meer nach Bildung und hinlänglicher Abkühlung der
Kruste zum grössten Theil noch mit dem Magma verbunden, wie
früher als wahrscheinlich angenommen wurde, so musste dem noch
die ganze Erde bedeckenden Meere von geringer Tiefe durch un-
zählige Krater wässeriges Magma zugeführt werden, dessen ge-
löste oder lösliche Substanz das Meerwasser aufnahm, um sie
durch seine Strömungen zu verbreiten und demnächst zur Bildung
der Sedimentschichten zu verwenden. Erst als die Sedimente
sich zum grössten Theile abgelagert hatten, begannen die Conti-
nente sich zu heben, und es konnten nun weitere Umbildungen

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[458/0480] Sedimentschichten zu erklären, welche fast ohne Ausnahme die ganze Erdoberfläche bedecken. Wenn das Meer anfangs auch die ganze Erde bedeckte und vermöge seiner hohen Temperatur einen weit grösseren auflösenden und zerstörenden Einfluss auf seine felsige Unterlage ausüben musste, so konnte diese Wirkung sich doch nur auf geringe Tiefen erstrecken, da die aus dem Meere abgelagerten Sedimente das Urgestein bald vor weiterer Zerstörung schützen mussten. Ganz undenkbar ist es aber, in welcher Weise die oft zu vielen Tausenden vorhandenen und weite Länderstrecken gleichmässig bedeckenden, geschichteten Sedimente von wechselnder Zusammensetzung enstanden sein sollten. Die Geologen erklären diese Schichtungen bisher, ebenfalls ungenügend, dadurch, dass häufig wiederholte Hebungen und Senkungen einge- treten seien, durch welche ein andauernder Wechsel zwischen Festland und Meeresboden stattgefunden hätte. Ganz abgesehen von der Frage, durch welche Kräfte diese so häufig wiederholten Hebungen und Senkungen hervorgebracht werden konnten, und warum kein Theil der Erdoberfläche bei diesem Schaukelspiel vergessen wurde, erklärt sich durch diese Hypothese nicht die Mächtigkeit der Sedimentschichten. Denn wenn einmal eine Sedimentschicht von hinlänglicher Stärke, um die darunter lagern- den Urgesteine vor weiterer Verwitterung zu schützen, gebildet war, so mussten bei nachfolgenden Hebungen zunächst diese Se- dimente durch die Tageswasser wieder zerstört und dem Meere zugeführt werden. Eine weitere wesentliche Vermehrung der Sedimentmassen konnte also dann gar nicht mehr eintreten. Um die Bildung dieser und namentlich ihre Schichtung zu erklären, muss man nothwendig ihren Ursprung im Innern der Erde suchen. War das Meer nach Bildung und hinlänglicher Abkühlung der Kruste zum grössten Theil noch mit dem Magma verbunden, wie früher als wahrscheinlich angenommen wurde, so musste dem noch die ganze Erde bedeckenden Meere von geringer Tiefe durch un- zählige Krater wässeriges Magma zugeführt werden, dessen ge- löste oder lösliche Substanz das Meerwasser aufnahm, um sie durch seine Strömungen zu verbreiten und demnächst zur Bildung der Sedimentschichten zu verwenden. Erst als die Sedimente sich zum grössten Theile abgelagert hatten, begannen die Conti- nente sich zu heben, und es konnten nun weitere Umbildungen

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/480>, abgerufen am 25.11.2024.