mässiges Viereck, dessen mittlere Seitenlänge ich auf 5 bis 6 Meter schätzte. Jede Explosion riss die umgebende Luft mit sich fort und bildete dadurch über dem Berggipfel einen in sich von innen nach aussen rotirenden und sich beim Ausfsteigen erweiternden Dampfring. Sie war von einem dumpfen Knalle begleitet, wel- cher den ganzen Berggipfel merklich erschütterte. Eine eigent- liche Flammenerscheinung war nicht zu beobachten. Da jedoch heller Sonnenschein herrschte, so hatte die ausgestossene Dampf- masse in der Nähe der Krateröffnung die gelbliche Färbung, welche schwach leuchtende Flammen im Sonnenschein anzuneh- men pflegen.
Diese imposante Erscheinung wich wesentlich von der Vor- stellung ab, die ich mir von der Vulcanthätigkeit nach den ge- lesenen Beschreibungen gebildet hatte. Diese kurzen, scharfen, explosionsartigen, sich in so kurzen Zeitintervallen folgenden Dampfausstossungen waren nicht durch die Annahme zu erklären, dass dem flüssigen Erdinnern entstammende, oder in der aufstei- genden Lava durch Verdampfung eingeschlossenen Wassers er- zeugte Dampfmassen in Folge überwiegender Spannung die Lava im Kraterkanale durchbrochen hätten! Eine Gas- oder Dampf- blase, die durch überlagernde Flüssigkeiten emporsteigt, kann entweder nur in ähnlicher Weise wie eine Luftblase im Wasser langsam emporsteigen, indem sie ihr Volumen, der Druckvermin- derung entsprechend, continuirlich vergrössert und dann ohne Ueberdruck die Flüssigkeit verlässt, oder sie muss, wenn die hohe Spannung plötzlich entsteht und den Druck der in einem engen Kanale eingeschlossenen Flüssigkeit bedeutend überwiegt, die letz- tere in zusammenhängender Masse hinausschleudern. Im ersteren Falle müsste das Empordringen einer jeden Dampfblase eine ruhige, durchaus nicht explosionsartige Dampfbildung verursachen, im letzteren dagegen müssten mit jeder Explosion grosse Lava- massen herausgeschleudert werden, und es müsste längere Zeit verstreichen, bis eine folgende Explosion nach Wiederanfüllung des Kraterkanals mit Lava eintreten könnte. Es ist aber auch gar kein Grund zu erkennen, wodurch eine solche plötzliche überwiegende Dampfspannung in der glühenden Tiefe entstehen sollte. Nehmen wir auch an, dass in der Lava oder dem Magma eingeschlossene Wassermassen mit demselben im Kraterkanale
mässiges Viereck, dessen mittlere Seitenlänge ich auf 5 bis 6 Meter schätzte. Jede Explosion riss die umgebende Luft mit sich fort und bildete dadurch über dem Berggipfel einen in sich von innen nach aussen rotirenden und sich beim Ausfsteigen erweiternden Dampfring. Sie war von einem dumpfen Knalle begleitet, wel- cher den ganzen Berggipfel merklich erschütterte. Eine eigent- liche Flammenerscheinung war nicht zu beobachten. Da jedoch heller Sonnenschein herrschte, so hatte die ausgestossene Dampf- masse in der Nähe der Krateröffnung die gelbliche Färbung, welche schwach leuchtende Flammen im Sonnenschein anzuneh- men pflegen.
Diese imposante Erscheinung wich wesentlich von der Vor- stellung ab, die ich mir von der Vulcanthätigkeit nach den ge- lesenen Beschreibungen gebildet hatte. Diese kurzen, scharfen, explosionsartigen, sich in so kurzen Zeitintervallen folgenden Dampfausstossungen waren nicht durch die Annahme zu erklären, dass dem flüssigen Erdinnern entstammende, oder in der aufstei- genden Lava durch Verdampfung eingeschlossenen Wassers er- zeugte Dampfmassen in Folge überwiegender Spannung die Lava im Kraterkanale durchbrochen hätten! Eine Gas- oder Dampf- blase, die durch überlagernde Flüssigkeiten emporsteigt, kann entweder nur in ähnlicher Weise wie eine Luftblase im Wasser langsam emporsteigen, indem sie ihr Volumen, der Druckvermin- derung entsprechend, continuirlich vergrössert und dann ohne Ueberdruck die Flüssigkeit verlässt, oder sie muss, wenn die hohe Spannung plötzlich entsteht und den Druck der in einem engen Kanale eingeschlossenen Flüssigkeit bedeutend überwiegt, die letz- tere in zusammenhängender Masse hinausschleudern. Im ersteren Falle müsste das Empordringen einer jeden Dampfblase eine ruhige, durchaus nicht explosionsartige Dampfbildung verursachen, im letzteren dagegen müssten mit jeder Explosion grosse Lava- massen herausgeschleudert werden, und es müsste längere Zeit verstreichen, bis eine folgende Explosion nach Wiederanfüllung des Kraterkanals mit Lava eintreten könnte. Es ist aber auch gar kein Grund zu erkennen, wodurch eine solche plötzliche überwiegende Dampfspannung in der glühenden Tiefe entstehen sollte. Nehmen wir auch an, dass in der Lava oder dem Magma eingeschlossene Wassermassen mit demselben im Kraterkanale
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mässiges Viereck, dessen mittlere Seitenlänge ich auf 5 bis 6
Meter schätzte. Jede Explosion riss die umgebende Luft mit sich
fort und bildete dadurch über dem Berggipfel einen in sich von innen
nach aussen rotirenden und sich beim Ausfsteigen erweiternden
Dampfring. Sie war von einem dumpfen Knalle begleitet, wel-
cher den ganzen Berggipfel merklich erschütterte. Eine eigent-
liche Flammenerscheinung war nicht zu beobachten. Da jedoch
heller Sonnenschein herrschte, so hatte die ausgestossene Dampf-
masse in der Nähe der Krateröffnung die gelbliche Färbung,
welche schwach leuchtende Flammen im Sonnenschein anzuneh-
men pflegen.
Diese imposante Erscheinung wich wesentlich von der Vor-
stellung ab, die ich mir von der Vulcanthätigkeit nach den ge-
lesenen Beschreibungen gebildet hatte. Diese kurzen, scharfen,
explosionsartigen, sich in so kurzen Zeitintervallen folgenden
Dampfausstossungen waren nicht durch die Annahme zu erklären,
dass dem flüssigen Erdinnern entstammende, oder in der aufstei-
genden Lava durch Verdampfung eingeschlossenen Wassers er-
zeugte Dampfmassen in Folge überwiegender Spannung die Lava
im Kraterkanale durchbrochen hätten! Eine Gas- oder Dampf-
blase, die durch überlagernde Flüssigkeiten emporsteigt, kann
entweder nur in ähnlicher Weise wie eine Luftblase im Wasser
langsam emporsteigen, indem sie ihr Volumen, der Druckvermin-
derung entsprechend, continuirlich vergrössert und dann ohne
Ueberdruck die Flüssigkeit verlässt, oder sie muss, wenn die hohe
Spannung plötzlich entsteht und den Druck der in einem engen
Kanale eingeschlossenen Flüssigkeit bedeutend überwiegt, die letz-
tere in zusammenhängender Masse hinausschleudern. Im ersteren
Falle müsste das Empordringen einer jeden Dampfblase eine
ruhige, durchaus nicht explosionsartige Dampfbildung verursachen,
im letzteren dagegen müssten mit jeder Explosion grosse Lava-
massen herausgeschleudert werden, und es müsste längere Zeit
verstreichen, bis eine folgende Explosion nach Wiederanfüllung
des Kraterkanals mit Lava eintreten könnte. Es ist aber auch
gar kein Grund zu erkennen, wodurch eine solche plötzliche
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sollte. Nehmen wir auch an, dass in der Lava oder dem Magma
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/466>, abgerufen am 22.11.2024.
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