von der des anderen wiedergegeben wird, stellte ich einige Ver- suche mit Spieldosen an. Die kleinere, welche kurze scharfe Töne gab, war im Freien auf offener Fläche von guten Ohren noch in 125 Meter Entfernung hörbar, während man durch das Telephon nur noch einzelne Töne hörte, wenn das Telephon mehr als 0,2 m von der Spieldose entfernt wurde. Es wurde hier also nur ca. 1/390000 des Schalles wirklich übertragen. Ein etwas grösseres Spielwerk, welches weniger hoch gestimmt war und länger andauernde Töne gab, war im Freien nicht viel weiter zu hören als die kleine Spieldose, aber das Telephon liess die gespielte Melodie noch in 1,2 m Entfernung erkennen. Es ergiebt dies eine Uebertragung von ca. 1/10000 der vom Telephon aufgenommenen Schallstärke. Wenn nun auch die Sprachlaute, so wie tiefere und mehr getragene Töne wahrscheinlich besser übertragen werden als die Töne der Spieldosen, so ist doch nicht anzunehmen, dass ein Bell'sches Telephon im Durchschnitt mehr wie 1/10000 der Schallmasse, von der es getroffen wird, auf das andere Telephon überträgt.
Es folgt aus dem Obigen, dass das Bell'sche Telephon trotz seiner überraschenden Leistungen doch nur in sehr unvollkom- mener Weise die Schallübertragung bewirkt.
Dass wir die Sprache des durch so ungemein schwache Ströme erregten Telephons verstehen, verdanken wir nur der ausserordentlichen Empfindlichkeit und dem grossen Umfange unseres Hörorgans, welche dasselbe befähigt, den Schall des Kanonenschusses, den es noch in 5 Meter Entfernung erträgt, in einer Entfernung von 50 km noch zu hören, also Luft- schwingungen noch innerhalb der 100 millionenfachen Stärke als Schall zu empfinden.
Das Telephon ist hiernach der Verbesserung noch in hohem Grade fähig und bedürftig. Wenn es auch nicht möglich ist, den Schallverlust ganz zu beseitigen -- was annähernd der Fall sein würde, wenn zu bewirken wäre, dass die Schwingungen der zweiten Membran dieselbe Amplitude wie die der ersten erhiel- ten -- da bei den wiederholten Umformungen von Bewegungen und Kräften immer ein Verlust an lebendiger Kraft durch Um- wandlung in Wärme stattfinden muss, so ist das vorhandene Missverhältniss doch viel zu gross. Mit der Verminderung
von der des anderen wiedergegeben wird, stellte ich einige Ver- suche mit Spieldosen an. Die kleinere, welche kurze scharfe Töne gab, war im Freien auf offener Fläche von guten Ohren noch in 125 Meter Entfernung hörbar, während man durch das Telephon nur noch einzelne Töne hörte, wenn das Telephon mehr als 0,2 m von der Spieldose entfernt wurde. Es wurde hier also nur ca. 1/390000 des Schalles wirklich übertragen. Ein etwas grösseres Spielwerk, welches weniger hoch gestimmt war und länger andauernde Töne gab, war im Freien nicht viel weiter zu hören als die kleine Spieldose, aber das Telephon liess die gespielte Melodie noch in 1,2 m Entfernung erkennen. Es ergiebt dies eine Uebertragung von ca. 1/10000 der vom Telephon aufgenommenen Schallstärke. Wenn nun auch die Sprachlaute, so wie tiefere und mehr getragene Töne wahrscheinlich besser übertragen werden als die Töne der Spieldosen, so ist doch nicht anzunehmen, dass ein Bell’sches Telephon im Durchschnitt mehr wie 1/10000 der Schallmasse, von der es getroffen wird, auf das andere Telephon überträgt.
Es folgt aus dem Obigen, dass das Bell’sche Telephon trotz seiner überraschenden Leistungen doch nur in sehr unvollkom- mener Weise die Schallübertragung bewirkt.
Dass wir die Sprache des durch so ungemein schwache Ströme erregten Telephons verstehen, verdanken wir nur der ausserordentlichen Empfindlichkeit und dem grossen Umfange unseres Hörorgans, welche dasselbe befähigt, den Schall des Kanonenschusses, den es noch in 5 Meter Entfernung erträgt, in einer Entfernung von 50 km noch zu hören, also Luft- schwingungen noch innerhalb der 100 millionenfachen Stärke als Schall zu empfinden.
Das Telephon ist hiernach der Verbesserung noch in hohem Grade fähig und bedürftig. Wenn es auch nicht möglich ist, den Schallverlust ganz zu beseitigen — was annähernd der Fall sein würde, wenn zu bewirken wäre, dass die Schwingungen der zweiten Membran dieselbe Amplitude wie die der ersten erhiel- ten — da bei den wiederholten Umformungen von Bewegungen und Kräften immer ein Verlust an lebendiger Kraft durch Um- wandlung in Wärme stattfinden muss, so ist das vorhandene Missverhältniss doch viel zu gross. Mit der Verminderung
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von der des anderen wiedergegeben wird, stellte ich einige Ver-
suche mit Spieldosen an. Die kleinere, welche kurze scharfe
Töne gab, war im Freien auf offener Fläche von guten Ohren
noch in 125 Meter Entfernung hörbar, während man durch das
Telephon nur noch einzelne Töne hörte, wenn das Telephon
mehr als 0,2 m von der Spieldose entfernt wurde. Es wurde
hier also nur ca. 1/390000 des Schalles wirklich übertragen. Ein
etwas grösseres Spielwerk, welches weniger hoch gestimmt war
und länger andauernde Töne gab, war im Freien nicht viel
weiter zu hören als die kleine Spieldose, aber das Telephon liess
die gespielte Melodie noch in 1,2 m Entfernung erkennen. Es
ergiebt dies eine Uebertragung von ca. 1/10000 der vom Telephon
aufgenommenen Schallstärke. Wenn nun auch die Sprachlaute,
so wie tiefere und mehr getragene Töne wahrscheinlich besser
übertragen werden als die Töne der Spieldosen, so ist doch
nicht anzunehmen, dass ein Bell’sches Telephon im Durchschnitt
mehr wie 1/10000 der Schallmasse, von der es getroffen wird, auf
das andere Telephon überträgt.
Es folgt aus dem Obigen, dass das Bell’sche Telephon trotz
seiner überraschenden Leistungen doch nur in sehr unvollkom-
mener Weise die Schallübertragung bewirkt.
Dass wir die Sprache des durch so ungemein schwache
Ströme erregten Telephons verstehen, verdanken wir nur der
ausserordentlichen Empfindlichkeit und dem grossen Umfange
unseres Hörorgans, welche dasselbe befähigt, den Schall des
Kanonenschusses, den es noch in 5 Meter Entfernung erträgt,
in einer Entfernung von 50 km noch zu hören, also Luft-
schwingungen noch innerhalb der 100 millionenfachen Stärke
als Schall zu empfinden.
Das Telephon ist hiernach der Verbesserung noch in hohem
Grade fähig und bedürftig. Wenn es auch nicht möglich ist,
den Schallverlust ganz zu beseitigen — was annähernd der Fall
sein würde, wenn zu bewirken wäre, dass die Schwingungen der
zweiten Membran dieselbe Amplitude wie die der ersten erhiel-
ten — da bei den wiederholten Umformungen von Bewegungen
und Kräften immer ein Verlust an lebendiger Kraft durch Um-
wandlung in Wärme stattfinden muss, so ist das vorhandene
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/454>, abgerufen am 25.11.2024.
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