um den Draht geformt werden sollte, war zur Beseitigung dieses Uebelstandes construirt, jedoch im Frühjahr 1848 erst im Modell ausgeführt und probirt. Entscheidende Erfahrungen über die nöthige Tiefe des Einlegens der Drähte hatten bis dahin der Kürze der Zeit wegen nicht gesammelt werden können. Die Guttapercha selbst und ihre Eigenschaften waren damals noch wenig bekannt; man wusste kaum, dass es verschiedene Sorten derselben gab, und kannte die Ursachen ihres Verderbens und die nachtheiligen Eigenschaften der schlechten Sorten natürlich noch gar nicht.
Dies war der augenblickliche Standpunkt der Versuche, als die politischen Ereignisse des Jahres 1848 die schleunige Aus- führung der Telegraphenanlagen von Berlin nach Frankfurt a. M. und nach Aachen geboten.
Da die schon mit so unvollkommenen Mitteln fabricirten Drähte ein im Allgemeinen befriedigendes Resultat gegeben hatten, und die noch vorhandenen Mängel durch Verbesserung der Fabricationsmittel leicht zu beseitigen schienen, so hatte sich die Commission günstig für die mit Guttapercha isolirten unterirdischen Leitungen ausgesprochen und es sollten in Folge dessen die genannten Linien auf diese Art ausgeführt werden.
Man muss gestehen, dass dieser Entschluss bei dem da- maligen Standpunkte der Sache allerdings etwas kühn war; in- dess rechtfertigten die grossen Vortheile, welche die Anwendung guter unterirdischer Leitungen versprachen, die im Allgemeinen günstigen Resultate der angestellten Versuche, so wie die un- ruhigen Zeitverhältnisse, welche oberirdische Leitungen zu sehr zu gefährden schienen, die getroffene Entscheidung. Es war aber ein Unglück für diese Anlagen, so wie für das System unterirdischer Leitungen im Allgemeinen, dass diese ersten Linien in grosser Uebereilung angelegt werden mussten und dass weder Zeit zur Ausbildung der Fabrication der Drähte vorhanden, noch die Möglichkeit gegeben war, die bei der Anlage selbst gemachten Erfahrungen gehörig zu benutzen.
Man entschloss sich zur Anwendung der mit Schwefel ver- bundenen, sogenannten vulcanisirten Guttapercha. Die Gründe dieser Wahl waren theils die grössere Härte dieser Verbindung, theils die beobachtete grössere Beständigkeit derselben in freier
um den Draht geformt werden sollte, war zur Beseitigung dieses Uebelstandes construirt, jedoch im Frühjahr 1848 erst im Modell ausgeführt und probirt. Entscheidende Erfahrungen über die nöthige Tiefe des Einlegens der Drähte hatten bis dahin der Kürze der Zeit wegen nicht gesammelt werden können. Die Guttapercha selbst und ihre Eigenschaften waren damals noch wenig bekannt; man wusste kaum, dass es verschiedene Sorten derselben gab, und kannte die Ursachen ihres Verderbens und die nachtheiligen Eigenschaften der schlechten Sorten natürlich noch gar nicht.
Dies war der augenblickliche Standpunkt der Versuche, als die politischen Ereignisse des Jahres 1848 die schleunige Aus- führung der Telegraphenanlagen von Berlin nach Frankfurt a. M. und nach Aachen geboten.
Da die schon mit so unvollkommenen Mitteln fabricirten Drähte ein im Allgemeinen befriedigendes Resultat gegeben hatten, und die noch vorhandenen Mängel durch Verbesserung der Fabricationsmittel leicht zu beseitigen schienen, so hatte sich die Commission günstig für die mit Guttapercha isolirten unterirdischen Leitungen ausgesprochen und es sollten in Folge dessen die genannten Linien auf diese Art ausgeführt werden.
Man muss gestehen, dass dieser Entschluss bei dem da- maligen Standpunkte der Sache allerdings etwas kühn war; in- dess rechtfertigten die grossen Vortheile, welche die Anwendung guter unterirdischer Leitungen versprachen, die im Allgemeinen günstigen Resultate der angestellten Versuche, so wie die un- ruhigen Zeitverhältnisse, welche oberirdische Leitungen zu sehr zu gefährden schienen, die getroffene Entscheidung. Es war aber ein Unglück für diese Anlagen, so wie für das System unterirdischer Leitungen im Allgemeinen, dass diese ersten Linien in grosser Uebereilung angelegt werden mussten und dass weder Zeit zur Ausbildung der Fabrication der Drähte vorhanden, noch die Möglichkeit gegeben war, die bei der Anlage selbst gemachten Erfahrungen gehörig zu benutzen.
Man entschloss sich zur Anwendung der mit Schwefel ver- bundenen, sogenannten vulcanisirten Guttapercha. Die Gründe dieser Wahl waren theils die grössere Härte dieser Verbindung, theils die beobachtete grössere Beständigkeit derselben in freier
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um den Draht geformt werden sollte, war zur Beseitigung dieses
Uebelstandes construirt, jedoch im Frühjahr 1848 erst im Modell
ausgeführt und probirt. Entscheidende Erfahrungen über die
nöthige Tiefe des Einlegens der Drähte hatten bis dahin der
Kürze der Zeit wegen nicht gesammelt werden können. Die
Guttapercha selbst und ihre Eigenschaften waren damals noch
wenig bekannt; man wusste kaum, dass es verschiedene Sorten
derselben gab, und kannte die Ursachen ihres Verderbens und
die nachtheiligen Eigenschaften der schlechten Sorten natürlich
noch gar nicht.
Dies war der augenblickliche Standpunkt der Versuche, als
die politischen Ereignisse des Jahres 1848 die schleunige Aus-
führung der Telegraphenanlagen von Berlin nach Frankfurt a. M.
und nach Aachen geboten.
Da die schon mit so unvollkommenen Mitteln fabricirten
Drähte ein im Allgemeinen befriedigendes Resultat gegeben
hatten, und die noch vorhandenen Mängel durch Verbesserung
der Fabricationsmittel leicht zu beseitigen schienen, so hatte
sich die Commission günstig für die mit Guttapercha isolirten
unterirdischen Leitungen ausgesprochen und es sollten in Folge
dessen die genannten Linien auf diese Art ausgeführt werden.
Man muss gestehen, dass dieser Entschluss bei dem da-
maligen Standpunkte der Sache allerdings etwas kühn war; in-
dess rechtfertigten die grossen Vortheile, welche die Anwendung
guter unterirdischer Leitungen versprachen, die im Allgemeinen
günstigen Resultate der angestellten Versuche, so wie die un-
ruhigen Zeitverhältnisse, welche oberirdische Leitungen zu sehr
zu gefährden schienen, die getroffene Entscheidung. Es war
aber ein Unglück für diese Anlagen, so wie für das System
unterirdischer Leitungen im Allgemeinen, dass diese ersten Linien
in grosser Uebereilung angelegt werden mussten und dass weder
Zeit zur Ausbildung der Fabrication der Drähte vorhanden, noch
die Möglichkeit gegeben war, die bei der Anlage selbst gemachten
Erfahrungen gehörig zu benutzen.
Man entschloss sich zur Anwendung der mit Schwefel ver-
bundenen, sogenannten vulcanisirten Guttapercha. Die Gründe
dieser Wahl waren theils die grössere Härte dieser Verbindung,
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/108>, abgerufen am 22.11.2024.
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