Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

ganzen Harmoniesphäre; wo gar keine Ausnahmen statt finden können, wenn man sie nach
allen Tonarten und wesentlichen Accorden betrachtet, ohne eine vollständige Uebersicht
kennen lernen?

Zweites Kapitel.
Von den Intervallen einer Tonart und ihren Benennungen nach dem
Noten und Zahlen Systeme.

Die Intervalle einer Tonart werden auf zweierlei Art benannt und bezeichnet:

I. durch Buchstaben
II. durch Zahlen (Bezifferung des General Basses)

a) Die Benennung nach Buchstaben findet statt: wenn man einen bestimmten
Ton; der nach dem Notensysteme und der mathematischen Eintheilung der Töne eines
Instruments z. B. der Tastatur des Forte Piano, stets unverändert bleibt, benennen will,
als c, d, e, f, g, a, h, c. Diese Benennung ist allgemein eingeführt und leicht zu mer-
ken, weil nur einige auf zweierlei Art die Namen erhalten, z. B. c. Cis und d. Des etc.
welche doppelte Benennung im Grunde auch nur das Noten System und nicht die Na-
men der Töne eines Instruments selbst, betrift.

Auf den vollkommenen Instrumenten finden nämlich 12 Töne statt, die eingetheilt
werden in
7 ganze und 5 halbe.

Daß diese Benennungen falsch sind, bedarf wohl keines weitern Streits, denn dieje-
nigen Töne, die in der Tonart C dur, ganze genannt werden, verändern sich in Cis dur
oder moll etc. zum Theil in halbe. Diese Verwirrung betrifft daher mehr die Ver-
wechselung des Noten Systems mit den Tönen des Instruments.

Alle 12 Töne sind im allgemeinen als halbe zu betrachten, von welchen immer 7,
zu einer Tonart gebildet werden, und man mag die Tonarten betrachten wie man will,
so findet man, daß diese Eintheilung ganz übereinstimmt.

Bei einer harten Tonart liegen zwischen den 7 Tönen jedesmal halbe, außer zwi-
schen den 3ten und 4ten, und zwischen den 7ten und 8ten aufwärts, (welcher letztere
wieder als der 1ste der Tonart zu betrachten ist) nicht.

Bei einer Moll Tonart ist die Scala aufwärts anders als herunterwärts.
Aufwärts nämlich, liegen zwischen den 7 Tönen jedesmal wieder halbe Töne, außer zwi-
schen den 2ten und 3ten und zwischen den 7ten und 8ten, (insofern der 8te wieder als
Anfang zu betrachten ist) nicht. Herunterwärts ändert sich aber die Lage derselben,

ganzen Harmonieſphaͤre; wo gar keine Ausnahmen ſtatt finden koͤnnen, wenn man ſie nach
allen Tonarten und weſentlichen Accorden betrachtet, ohne eine vollſtaͤndige Ueberſicht
kennen lernen?

Zweites Kapitel.
Von den Intervallen einer Tonart und ihren Benennungen nach dem
Noten und Zahlen Syſteme.

Die Intervalle einer Tonart werden auf zweierlei Art benannt und bezeichnet:

I. durch Buchſtaben
II. durch Zahlen (Bezifferung des General Baſſes)

a) Die Benennung nach Buchſtaben findet ſtatt: wenn man einen beſtimmten
Ton; der nach dem Notenſyſteme und der mathematiſchen Eintheilung der Toͤne eines
Inſtruments z. B. der Taſtatur des Forte Piano, ſtets unveraͤndert bleibt, benennen will,
als c, d, e, f, g, a, h, c. Dieſe Benennung iſt allgemein eingefuͤhrt und leicht zu mer-
ken, weil nur einige auf zweierlei Art die Namen erhalten, z. B. c. Cis und d. Des ꝛc.
welche doppelte Benennung im Grunde auch nur das Noten Syſtem und nicht die Na-
men der Toͤne eines Inſtruments ſelbſt, betrift.

Auf den vollkommenen Inſtrumenten finden naͤmlich 12 Toͤne ſtatt, die eingetheilt
werden in
7 ganze und 5 halbe.

Daß dieſe Benennungen falſch ſind, bedarf wohl keines weitern Streits, denn dieje-
nigen Toͤne, die in der Tonart C dur, ganze genannt werden, veraͤndern ſich in Cis dur
oder moll ꝛc. zum Theil in halbe. Dieſe Verwirrung betrifft daher mehr die Ver-
wechſelung des Noten Syſtems mit den Toͤnen des Inſtruments.

Alle 12 Toͤne ſind im allgemeinen als halbe zu betrachten, von welchen immer 7,
zu einer Tonart gebildet werden, und man mag die Tonarten betrachten wie man will,
ſo findet man, daß dieſe Eintheilung ganz uͤbereinſtimmt.

Bei einer harten Tonart liegen zwiſchen den 7 Toͤnen jedesmal halbe, außer zwi-
ſchen den 3ten und 4ten, und zwiſchen den 7ten und 8ten aufwaͤrts, (welcher letztere
wieder als der 1ſte der Tonart zu betrachten iſt) nicht.

Bei einer Moll Tonart iſt die Scala aufwaͤrts anders als herunterwaͤrts.
Aufwaͤrts naͤmlich, liegen zwiſchen den 7 Toͤnen jedesmal wieder halbe Toͤne, außer zwi-
ſchen den 2ten und 3ten und zwiſchen den 7ten und 8ten, (inſofern der 8te wieder als
Anfang zu betrachten iſt) nicht. Herunterwaͤrts aͤndert ſich aber die Lage derſelben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="22"/>
ganzen Harmonie&#x017F;pha&#x0364;re; wo gar keine Ausnahmen &#x017F;tatt finden ko&#x0364;nnen, wenn man &#x017F;ie nach<lb/>
allen Tonarten und we&#x017F;entlichen Accorden betrachtet, ohne eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Ueber&#x017F;icht<lb/>
kennen lernen?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Zweites Kapitel.<lb/>
Von den Intervallen einer Tonart und ihren Benennungen nach dem<lb/>
Noten und Zahlen Sy&#x017F;teme.</head><lb/>
          <p>Die Intervalle einer Tonart werden auf zweierlei Art benannt und bezeichnet:</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">I.</hi> durch Buch&#x017F;taben</item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">II.</hi> durch Zahlen (Bezifferung des General Ba&#x017F;&#x017F;es)</item>
          </list><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Die Benennung <hi rendition="#g">nach Buch&#x017F;taben</hi> findet &#x017F;tatt: wenn man einen be&#x017F;timmten<lb/>
Ton; der nach dem Noten&#x017F;y&#x017F;teme und der mathemati&#x017F;chen Eintheilung der To&#x0364;ne eines<lb/>
In&#x017F;truments z. B. der Ta&#x017F;tatur des Forte Piano, &#x017F;tets unvera&#x0364;ndert bleibt, benennen will,<lb/>
als <hi rendition="#aq">c, d, e, f, g, a, h, c</hi>. Die&#x017F;e Benennung i&#x017F;t allgemein eingefu&#x0364;hrt und leicht zu mer-<lb/>
ken, weil nur einige auf zweierlei Art die Namen erhalten, z. B. <hi rendition="#aq">c. Cis</hi> und <hi rendition="#aq">d. Des</hi> &#xA75B;c.<lb/>
welche doppelte Benennung im Grunde auch nur das Noten Sy&#x017F;tem und nicht die Na-<lb/>
men der To&#x0364;ne eines In&#x017F;truments &#x017F;elb&#x017F;t, betrift.</p><lb/>
          <p>Auf den vollkommenen In&#x017F;trumenten finden na&#x0364;mlich 12 To&#x0364;ne &#x017F;tatt, die eingetheilt<lb/>
werden in<lb/><hi rendition="#c">7 ganze und 5 halbe.</hi></p><lb/>
          <p>Daß die&#x017F;e Benennungen fal&#x017F;ch &#x017F;ind, bedarf wohl keines weitern Streits, denn dieje-<lb/>
nigen To&#x0364;ne, die in der Tonart <hi rendition="#aq">C dur,</hi> <hi rendition="#g">ganze</hi> genannt werden, vera&#x0364;ndern &#x017F;ich in <hi rendition="#aq">Cis dur</hi><lb/>
oder <hi rendition="#aq">moll</hi> &#xA75B;c. zum Theil in <hi rendition="#g">halbe</hi>. Die&#x017F;e Verwirrung betrifft daher mehr die Ver-<lb/>
wech&#x017F;elung des Noten Sy&#x017F;tems mit den To&#x0364;nen des In&#x017F;truments.</p><lb/>
          <p>Alle 12 To&#x0364;ne &#x017F;ind im allgemeinen als halbe zu betrachten, von welchen immer 7,<lb/>
zu einer Tonart gebildet werden, und man mag die Tonarten betrachten wie man will,<lb/>
&#x017F;o findet man, daß die&#x017F;e Eintheilung ganz u&#x0364;berein&#x017F;timmt.</p><lb/>
          <p>Bei einer harten Tonart liegen zwi&#x017F;chen den 7 To&#x0364;nen jedesmal halbe, außer zwi-<lb/>
&#x017F;chen den 3ten und 4ten, und zwi&#x017F;chen den 7ten und 8ten aufwa&#x0364;rts, (welcher letztere<lb/>
wieder als der 1&#x017F;te der Tonart zu betrachten i&#x017F;t) <hi rendition="#g">nicht</hi>.</p><lb/>
          <p>Bei einer Moll Tonart i&#x017F;t die Scala <hi rendition="#g">aufwa&#x0364;rts</hi> anders als <hi rendition="#g">herunterwa&#x0364;rts</hi>.<lb/>
Aufwa&#x0364;rts na&#x0364;mlich, liegen zwi&#x017F;chen den 7 To&#x0364;nen jedesmal wieder halbe To&#x0364;ne, außer zwi-<lb/>
&#x017F;chen den 2ten und 3ten und zwi&#x017F;chen den 7ten und 8ten, (in&#x017F;ofern der 8te wieder als<lb/>
Anfang zu betrachten i&#x017F;t) <hi rendition="#g">nicht</hi>. Herunterwa&#x0364;rts a&#x0364;ndert &#x017F;ich aber die Lage der&#x017F;elben,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0038] ganzen Harmonieſphaͤre; wo gar keine Ausnahmen ſtatt finden koͤnnen, wenn man ſie nach allen Tonarten und weſentlichen Accorden betrachtet, ohne eine vollſtaͤndige Ueberſicht kennen lernen? Zweites Kapitel. Von den Intervallen einer Tonart und ihren Benennungen nach dem Noten und Zahlen Syſteme. Die Intervalle einer Tonart werden auf zweierlei Art benannt und bezeichnet: I. durch Buchſtaben II. durch Zahlen (Bezifferung des General Baſſes) a) Die Benennung nach Buchſtaben findet ſtatt: wenn man einen beſtimmten Ton; der nach dem Notenſyſteme und der mathematiſchen Eintheilung der Toͤne eines Inſtruments z. B. der Taſtatur des Forte Piano, ſtets unveraͤndert bleibt, benennen will, als c, d, e, f, g, a, h, c. Dieſe Benennung iſt allgemein eingefuͤhrt und leicht zu mer- ken, weil nur einige auf zweierlei Art die Namen erhalten, z. B. c. Cis und d. Des ꝛc. welche doppelte Benennung im Grunde auch nur das Noten Syſtem und nicht die Na- men der Toͤne eines Inſtruments ſelbſt, betrift. Auf den vollkommenen Inſtrumenten finden naͤmlich 12 Toͤne ſtatt, die eingetheilt werden in 7 ganze und 5 halbe. Daß dieſe Benennungen falſch ſind, bedarf wohl keines weitern Streits, denn dieje- nigen Toͤne, die in der Tonart C dur, ganze genannt werden, veraͤndern ſich in Cis dur oder moll ꝛc. zum Theil in halbe. Dieſe Verwirrung betrifft daher mehr die Ver- wechſelung des Noten Syſtems mit den Toͤnen des Inſtruments. Alle 12 Toͤne ſind im allgemeinen als halbe zu betrachten, von welchen immer 7, zu einer Tonart gebildet werden, und man mag die Tonarten betrachten wie man will, ſo findet man, daß dieſe Eintheilung ganz uͤbereinſtimmt. Bei einer harten Tonart liegen zwiſchen den 7 Toͤnen jedesmal halbe, außer zwi- ſchen den 3ten und 4ten, und zwiſchen den 7ten und 8ten aufwaͤrts, (welcher letztere wieder als der 1ſte der Tonart zu betrachten iſt) nicht. Bei einer Moll Tonart iſt die Scala aufwaͤrts anders als herunterwaͤrts. Aufwaͤrts naͤmlich, liegen zwiſchen den 7 Toͤnen jedesmal wieder halbe Toͤne, außer zwi- ſchen den 2ten und 3ten und zwiſchen den 7ten und 8ten, (inſofern der 8te wieder als Anfang zu betrachten iſt) nicht. Herunterwaͤrts aͤndert ſich aber die Lage derſelben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/38
Zitationshilfe: Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/38>, abgerufen am 22.12.2024.