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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Eingangs-Unterredung
JUSTINA. Ja/ sie kan auff gewisse Art und Weise helffen/
nemlich/ wenn sie verständig/ und bey mancherley Geburten Be-
dienung gehabt/ auch eine geschickte Hand hat.
Christ. Ich weiß/ daß du/ durch viel-Jährige Ubung
erfahren bist/ darum bitt ich nochmals/ du wollest/ GOtt
zu Ehren/ und dem Nechsten zu Nutz/ deine Wissenschafft
mir mit theilen.
Just. Gantz gerne. Zeige mir nur dein Verlangen/ und
was du insonderheit zu wissen begierig bist/ hast du denn schon
viel Frauen in Kindes-Nöhten bedienet?
Christ. Ohngefähr/ bey nahe zwey hundert.
Just. So mußt du auch schon ziemlichen Grund haben.
Sage mir doch/ hast du dann bey solcher Anzahl Frauen allezeit
rechte Geburten gehabt?
Christ. Nein/ ich habe viel unrechte Geburten dabey
gehabt/ da es schwer/ und gefährlich zu gegangen ist.
Just. Melde mir doch solche unrechte Geburten: Ob die
Kinder mit den Händen oder Füssen gestanden/ oder wie denn/
wann die Wehen/ als bey angehender Geburt anhalten/ da du
anfassen mußt/ ob es rechte Wehen seyn/ und ob das Kind zu rech-
ter Geburt stehet?
Christ. Das ist wol eine wunderbare Frage! wer
kan bey- oder durch den so frühen Angriff bey anfangenden
Wehen wissen/ wie ein Kind stehet/ da noch kein Wasser
gesprungen ist: da ist das Kind noch hoch im Leibe/ und
man kan es nicht erreichen/ bis das Wasser springet/ denn
kömmt es erst in die Geburt/ und wenn die Kinder unrecht
stehen/ so kömmt dasselbe Glied des Kindes heraus vor
die Geburt/ es sey nun Hand oder Fuß/ offters auch wol
die Nabel-Schnur.
Just. Gesetzt/ die Hand/ oder die Nabel-Schnur käme mit
dem Wasser hervor/ wie liegt denn das Kind im Mutter-Leibe?
Christ.
Eingangs-Unterredung
JUSTINA. Ja/ ſie kan auff gewiſſe Art und Weiſe helffen/
nemlich/ wenn ſie verſtaͤndig/ und bey mancherley Geburten Be-
dienung gehabt/ auch eine geſchickte Hand hat.
Chriſt. Ich weiß/ daß du/ durch viel-Jaͤhrige Ubung
erfahren biſt/ darum bitt ich nochmals/ du wolleſt/ GOtt
zu Ehren/ und dem Nechſten zu Nutz/ deine Wiſſenſchafft
mir mit theilen.
Juſt. Gantz gerne. Zeige mir nur dein Verlangen/ und
was du inſonderheit zu wiſſen begierig biſt/ haſt du denn ſchon
viel Frauen in Kindes-Noͤhten bedienet?
Chriſt. Ohngefaͤhr/ bey nahe zwey hundert.
Juſt. So mußt du auch ſchon ziemlichen Grund haben.
Sage mir doch/ haſt du dann bey ſolcher Anzahl Frauen allezeit
rechte Geburten gehabt?
Chriſt. Nein/ ich habe viel unrechte Geburten dabey
gehabt/ da es ſchwer/ und gefaͤhrlich zu gegangen iſt.
Juſt. Melde mir doch ſolche unrechte Geburten: Ob die
Kinder mit den Haͤnden oder Fuͤſſen geſtanden/ oder wie denn/
wann die Wehen/ als bey angehender Geburt anhalten/ da du
anfaſſen mußt/ ob es rechte Wehen ſeyn/ und ob das Kind zu rech-
ter Geburt ſtehet?
Chriſt. Das iſt wol eine wunderbare Frage! wer
kan bey- oder durch den ſo fruͤhen Angriff bey anfangenden
Wehen wiſſen/ wie ein Kind ſtehet/ da noch kein Waſſer
geſprungen iſt: da iſt das Kind noch hoch im Leibe/ und
man kan es nicht erreichen/ bis das Waſſer ſpringet/ denn
koͤmmt es erſt in die Geburt/ und wenn die Kinder unrecht
ſtehen/ ſo koͤmmt dasſelbe Glied des Kindes heraus vor
die Geburt/ es ſey nun Hand oder Fuß/ offters auch wol
die Nabel-Schnur.
Juſt. Geſetzt/ die Hand/ oder die Nabel-Schnur kaͤme mit
dem Waſſer hervor/ wie liegt denn das Kind im Mutter-Leibe?
Chriſt.
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[2/0049] Eingangs-Unterredung JUSTINA. Ja/ ſie kan auff gewiſſe Art und Weiſe helffen/ nemlich/ wenn ſie verſtaͤndig/ und bey mancherley Geburten Be- dienung gehabt/ auch eine geſchickte Hand hat. Chriſt. Ich weiß/ daß du/ durch viel-Jaͤhrige Ubung erfahren biſt/ darum bitt ich nochmals/ du wolleſt/ GOtt zu Ehren/ und dem Nechſten zu Nutz/ deine Wiſſenſchafft mir mit theilen. Juſt. Gantz gerne. Zeige mir nur dein Verlangen/ und was du inſonderheit zu wiſſen begierig biſt/ haſt du denn ſchon viel Frauen in Kindes-Noͤhten bedienet? Chriſt. Ohngefaͤhr/ bey nahe zwey hundert. Juſt. So mußt du auch ſchon ziemlichen Grund haben. Sage mir doch/ haſt du dann bey ſolcher Anzahl Frauen allezeit rechte Geburten gehabt? Chriſt. Nein/ ich habe viel unrechte Geburten dabey gehabt/ da es ſchwer/ und gefaͤhrlich zu gegangen iſt. Juſt. Melde mir doch ſolche unrechte Geburten: Ob die Kinder mit den Haͤnden oder Fuͤſſen geſtanden/ oder wie denn/ wann die Wehen/ als bey angehender Geburt anhalten/ da du anfaſſen mußt/ ob es rechte Wehen ſeyn/ und ob das Kind zu rech- ter Geburt ſtehet? Chriſt. Das iſt wol eine wunderbare Frage! wer kan bey- oder durch den ſo fruͤhen Angriff bey anfangenden Wehen wiſſen/ wie ein Kind ſtehet/ da noch kein Waſſer geſprungen iſt: da iſt das Kind noch hoch im Leibe/ und man kan es nicht erreichen/ bis das Waſſer ſpringet/ denn koͤmmt es erſt in die Geburt/ und wenn die Kinder unrecht ſtehen/ ſo koͤmmt dasſelbe Glied des Kindes heraus vor die Geburt/ es ſey nun Hand oder Fuß/ offters auch wol die Nabel-Schnur. Juſt. Geſetzt/ die Hand/ oder die Nabel-Schnur kaͤme mit dem Waſſer hervor/ wie liegt denn das Kind im Mutter-Leibe? Chriſt.

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/49>, abgerufen am 24.11.2024.