Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.des vorgegangenen Unterrichts. henden/ oder schon gegenwärtigen Wehen. Es ist einer Wehe-Mutter am besten der Angriff ehe die Wehen kommen/ und ge- linde ausgedauret/ bis die Wehen vorbey/ dann kan sie wissen wie das Kind stehet vor den Wehen/ und ihm desto besser zu rechte helffen. Sie kan auch wissen/ wie starck die Wehen sind/ und ob die Frau viel oder wenig helffen sol. Ingleichen kan sie wissen/ wie das Kind nach den Wehen sich stellet/ ob es sich än- dern kan/ oder ob es recht stehen bleibet/ welches wenn es nechst Got- tes Hülffe recht in acht genommen wird/ ein großes Mittel ist/ vor Mütter und Kinder/ sie bey Leben und Gesundheit zuerhalten. XVI. Fr. Just. Ich höre mit Freuden/ wie du meinen Unterricht so wol in acht genommen und gefasset/ aber sage mir doch/ hat denn die Natur zum Gebähren eine gewisse Zeit? Christ. GOtt hat der Natur eine gewisse Zeit zu Gebäh- ren bestimmet; XVII. Fr. Just. Ist solche Zeit auch möglich bis auf den Tag und Stunde zu treffen/ oder auszurechnen? Christ. Diese Zeit ist unmöglich bis auf den Tag und die Stunde gewiß aus zurechnen oder zu treffen/ aus folgenden Ur- sachen: (1.) Kan GOtt die Gewißheit verrücken/ wie und wel- cher Gestalt Er wil/ damit kein Mensch auf eigene Wissenschaft trotzen dörffe. (2.) Es hat auch eine Frau ihre Reinigung oft wol noch einmahl nach ihrer Empfängniß/ und ist doch schwan- ger. (3.) Etliche haben solche Reinigung gar nicht/ als wenn sie sich verterben und sind nicht schwanger. (4.) Etliche werden auch wol schwanger/ unter solchem Verterben/ daß sie nicht wis- sen/ wenn sie sind schwanger worden. (5.) Auch haben unter- schiedene Frauen ihre Reinigung ordentlich/ bis zu der Entbin- dung/ wie wohl selten/ und sind doch schwanger: Etliche un- ordentlich bis zur Helffte ihres Schwergehens/ etliche noch un- ordentlicher/ und sind auch schwanger. Wie ist nun bey solcher Be- E e 2
des vorgegangenen Unterrichts. henden/ oder ſchon gegenwaͤrtigen Wehen. Es iſt einer Wehe-Mutter am beſten der Angriff ehe die Wehen kommen/ und ge- linde ausgedauret/ bis die Wehen vorbey/ dann kan ſie wiſſen wie das Kind ſtehet vor den Wehen/ und ihm deſto beſſer zu rechte helffen. Sie kan auch wiſſen/ wie ſtarck die Wehen ſind/ und ob die Frau viel oder wenig helffen ſol. Ingleichen kan ſie wiſſen/ wie das Kind nach den Wehen ſich ſtellet/ ob es ſich aͤn- dern kan/ oder ob es recht ſtehen bleibet/ welches wenn es nechſt Got- tes Huͤlffe recht in acht genommen wird/ ein großes Mittel iſt/ vor Muͤtter und Kinder/ ſie bey Leben und Geſundheit zuerhalten. XVI. Fr. Juſt. Ich hoͤre mit Freuden/ wie du meinen Unterricht ſo wol in acht genommen und gefaſſet/ aber ſage mir doch/ hat denn die Natur zum Gebaͤhren eine gewiſſe Zeit? Chriſt. GOtt hat der Natur eine gewiſſe Zeit zu Gebaͤh- ren beſtimmet; XVII. Fr. Juſt. Iſt ſolche Zeit auch moͤglich bis auf den Tag und Stunde zu treffen/ oder auszurechnen? Chriſt. Dieſe Zeit iſt unmoͤglich bis auf den Tag und die Stunde gewiß aus zurechnen oder zu treffen/ aus folgenden Ur- ſachen: (1.) Kan GOtt die Gewißheit verruͤcken/ wie und wel- cher Geſtalt Er wil/ damit kein Menſch auf eigene Wiſſenſchaft trotzen doͤrffe. (2.) Es hat auch eine Frau ihre Reinigung oft wol noch einmahl nach ihrer Empfaͤngniß/ und iſt doch ſchwan- ger. (3.) Etliche haben ſolche Reinigung gar nicht/ als wenn ſie ſich verterben und ſind nicht ſchwanger. (4.) Etliche werden auch wol ſchwanger/ unter ſolchem Verterben/ daß ſie nicht wiſ- ſen/ wenn ſie ſind ſchwanger worden. (5.) Auch haben unter- ſchiedene Frauen ihre Reinigung ordentlich/ bis zu der Entbin- dung/ wie wohl ſelten/ und ſind doch ſchwanger: Etliche un- ordentlich bis zur Helffte ihres Schwergehens/ etliche noch un- ordentlicher/ und ſind auch ſchwanger. Wie iſt nun bey ſolcher Be- E e 2
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Mutter am beſten der Angriff ehe die Wehen kommen/ und ge-
linde ausgedauret/ bis die Wehen vorbey/ dann kan ſie wiſſen
wie das Kind ſtehet vor den Wehen/ und ihm deſto beſſer zu
rechte helffen. Sie kan auch wiſſen/ wie ſtarck die Wehen ſind/
und ob die Frau viel oder wenig helffen ſol. Ingleichen kan ſie
wiſſen/ wie das Kind nach den Wehen ſich ſtellet/ ob es ſich aͤn-
dern kan/ oder ob es recht ſtehen bleibet/ welches wenn es nechſt Got-
tes Huͤlffe recht in acht genommen wird/ ein großes Mittel iſt/ vor
Muͤtter und Kinder/ ſie bey Leben und Geſundheit zuerhalten.
XVI. Fr.
Juſt. Ich hoͤre mit Freuden/ wie du meinen
Unterricht ſo wol in acht genommen und gefaſſet/ aber
ſage mir doch/ hat denn die Natur zum Gebaͤhren eine
gewiſſe Zeit?
Chriſt. GOtt hat der Natur eine gewiſſe Zeit zu Gebaͤh-
ren beſtimmet;
XVII. Fr.
Juſt. Iſt ſolche Zeit auch moͤglich bis auf den
Tag und Stunde zu treffen/ oder auszurechnen?
Chriſt. Dieſe Zeit iſt unmoͤglich bis auf den Tag und die
Stunde gewiß aus zurechnen oder zu treffen/ aus folgenden Ur-
ſachen: (1.) Kan GOtt die Gewißheit verruͤcken/ wie und wel-
cher Geſtalt Er wil/ damit kein Menſch auf eigene Wiſſenſchaft
trotzen doͤrffe. (2.) Es hat auch eine Frau ihre Reinigung oft
wol noch einmahl nach ihrer Empfaͤngniß/ und iſt doch ſchwan-
ger. (3.) Etliche haben ſolche Reinigung gar nicht/ als wenn ſie
ſich verterben und ſind nicht ſchwanger. (4.) Etliche werden
auch wol ſchwanger/ unter ſolchem Verterben/ daß ſie nicht wiſ-
ſen/ wenn ſie ſind ſchwanger worden. (5.) Auch haben unter-
ſchiedene Frauen ihre Reinigung ordentlich/ bis zu der Entbin-
dung/ wie wohl ſelten/ und ſind doch ſchwanger: Etliche un-
ordentlich bis zur Helffte ihres Schwergehens/ etliche noch un-
ordentlicher/ und ſind auch ſchwanger. Wie iſt nun bey ſolcher
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Zitationshilfe: | Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/348>, abgerufen am 30.07.2024. |