Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Stürtzung der Frauen.
eine gebährende Frau um sich hat: als die Haar-Bänder
ausflechten: die Schürtz-Bänder/ Strümpf-Bänder/ und
was sie verknüpffetes um sich hat/ aufknüpffen/ und in die-
ser irrigen Meinung seyn/ so lange diese Knoten an der
Frauen nicht alle aufgeknüpffet würden/ so lange könte
die gebährende Frau nicht genesen.
Dieses ist eine abergläu-
bische Meinung/ und ist denen unverständigen Leuten nöthig zu
benehmen: Denn/ wir gläuben/ daß GOtt die Geburt regie-
re/ und alles in seinen Händen habe/ was sollen denn die elen-
den Bande oder Knoten aufhalten? auf solche Weise müßten sie
GOtt halten/ das wäre eine unchristliche Meinung; Abersol-
che Bänder und Knoten/ welche zu feste gebunden sind/
sonderlich umb den Leib/ oder auch die Beine/ daß sie
Schmertzen der Frauen verursachen/ solche können wohl
aufgebunden werden/ der Ungelegenheit wegen/ aber um
des Aberglaubens wegen nicht/ daß die Frau wegen solcher
Auflösung der Bänder oder Knoten eher genesen solle/
das sey ferne von mir/ und dir/ und allenrecht-gläubenden
Christen.
Darum rathe ich dir/ daß du auf meine dir gege-
bene Lehre recht Achtung giebest/ da wirst du die rechten Irrthü-
mer der Geburten finden/ was dabey zu thun ist/ und wie du
helffen kanst/ durch Gottes Gnade und Segen/ auch deine ge-
schickte Hand/ die es leiblich regieren muß. Nun wil ich dir zum
Beschluß dieses Ersten Theils/ auch ein beqvemes Kreiß-Bette
im Kupffer-Bilde vorstellen/ und sattsam durch Ziffern erklären/
welches nöthig und nützlich ist/ in schweren und allen Gebur-
ten nach Belieben zu brauchen/ insonderheit für unwillige Frau-
en/ die bald sitzen/ bald liegen wollen; GOtt gebe nur seine Ge-
nade zu deinem und meinem Vorhaben/ daß es ihm zu Ehren
und unserm Nechsten zum Besten gelangen möge!
Vor-
D d
Von Stürtzung der Frauen.
eine gebaͤhrende Frau um ſich hat: als die Haar-Baͤnder
ausflechten: die Schuͤrtz-Baͤnder/ Struͤmpf-Baͤnder/ und
was ſie verknuͤpffetes um ſich hat/ aufknuͤpffen/ und in die-
ſer irrigen Meinung ſeyn/ ſo lange dieſe Knoten an der
Frauen nicht alle aufgeknuͤpffet wuͤrden/ ſo lange koͤnte
die gebaͤhrende Frau nicht geneſen.
Dieſes iſt eine aberglaͤu-
biſche Meinung/ und iſt denen unverſtaͤndigen Leuten noͤthig zu
benehmen: Denn/ wir glaͤuben/ daß GOtt die Geburt regie-
re/ und alles in ſeinen Haͤnden habe/ was ſollen denn die elen-
den Bande oder Knoten aufhalten? auf ſolche Weiſe muͤßten ſie
GOtt halten/ das waͤre eine unchriſtliche Meinung; Aberſol-
che Baͤnder und Knoten/ welche zu feſte gebunden ſind/
ſonderlich umb den Leib/ oder auch die Beine/ daß ſie
Schmertzen der Frauen verurſachen/ ſolche koͤnnen wohl
aufgebunden werden/ der Ungelegenheit wegen/ aber um
des Aberglaubens wegen nicht/ daß die Frau wegen ſolcher
Aufloͤſung der Baͤnder oder Knoten eher geneſen ſolle/
das ſey ferne von mir/ und dir/ und allenrecht-glaͤubenden
Chriſten.
Darum rathe ich dir/ daß du auf meine dir gege-
bene Lehre recht Achtung giebeſt/ da wirſt du die rechten Irrthuͤ-
mer der Geburten finden/ was dabey zu thun iſt/ und wie du
helffen kanſt/ durch Gottes Gnade und Segen/ auch deine ge-
ſchickte Hand/ die es leiblich regieren muß. Nun wil ich dir zum
Beſchluß dieſes Erſten Theils/ auch ein beqvemes Kreiß-Bette
im Kupffer-Bilde vorſtellen/ und ſattſam durch Ziffern erklaͤren/
welches noͤthig und nuͤtzlich iſt/ in ſchweren und allen Gebur-
ten nach Belieben zu brauchen/ inſonderheit fuͤr unwillige Frau-
en/ die bald ſitzen/ bald liegen wollen; GOtt gebe nur ſeine Ge-
nade zu deinem und meinem Vorhaben/ daß es ihm zu Ehren
und unſerm Nechſten zum Beſten gelangen moͤge!
Vor-
D d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#just">
            <p><pb facs="#f0336" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Von Stürtzung der Frauen.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">eine geba&#x0364;hrende Frau um &#x017F;ich hat: als die Haar-Ba&#x0364;nder<lb/>
ausflechten: die Schu&#x0364;rtz-Ba&#x0364;nder/ Stru&#x0364;mpf-Ba&#x0364;nder/ und<lb/>
was &#x017F;ie verknu&#x0364;pffetes um &#x017F;ich hat/ aufknu&#x0364;pffen/ und in die-<lb/>
&#x017F;er irrigen Meinung &#x017F;eyn/ &#x017F;o lange die&#x017F;e Knoten an der<lb/>
Frauen nicht alle aufgeknu&#x0364;pffet wu&#x0364;rden/ &#x017F;o lange ko&#x0364;nte<lb/>
die geba&#x0364;hrende Frau nicht gene&#x017F;en.</hi> Die&#x017F;es i&#x017F;t eine abergla&#x0364;u-<lb/>
bi&#x017F;che Meinung/ und i&#x017F;t denen unver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Leuten no&#x0364;thig zu<lb/>
benehmen: Denn/ wir gla&#x0364;uben/ daß GOtt die Geburt regie-<lb/>
re/ und alles in &#x017F;einen Ha&#x0364;nden habe/ was &#x017F;ollen denn die elen-<lb/>
den Bande oder Knoten aufhalten? auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e mu&#x0364;ßten &#x017F;ie<lb/>
GOtt halten/ das wa&#x0364;re eine unchri&#x017F;tliche Meinung; <hi rendition="#fr">Aber&#x017F;ol-<lb/>
che Ba&#x0364;nder und Knoten/ welche zu fe&#x017F;te gebunden &#x017F;ind/<lb/>
&#x017F;onderlich umb den Leib/ oder auch die Beine/ daß &#x017F;ie<lb/>
Schmertzen der Frauen verur&#x017F;achen/ &#x017F;olche ko&#x0364;nnen wohl<lb/>
aufgebunden werden/ der Ungelegenheit wegen/ aber um<lb/>
des Aberglaubens wegen nicht/ daß die Frau wegen &#x017F;olcher<lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Ba&#x0364;nder oder Knoten eher gene&#x017F;en &#x017F;olle/<lb/>
das &#x017F;ey ferne von mir/ und dir/ und allenrecht-gla&#x0364;ubenden<lb/>
Chri&#x017F;ten.</hi> Darum rathe ich dir/ daß du auf meine dir gege-<lb/>
bene Lehre recht Achtung giebe&#x017F;t/ da wir&#x017F;t du die rechten Irrthu&#x0364;-<lb/>
mer der Geburten finden/ was dabey zu thun i&#x017F;t/ und wie du<lb/>
helffen kan&#x017F;t/ durch Gottes Gnade und Segen/ auch deine ge-<lb/>
&#x017F;chickte Hand/ die es leiblich regieren muß. Nun wil ich dir zum<lb/>
Be&#x017F;chluß die&#x017F;es Er&#x017F;ten Theils/ auch ein beqvemes Kreiß-Bette<lb/>
im Kupffer-Bilde vor&#x017F;tellen/ und &#x017F;att&#x017F;am durch Ziffern erkla&#x0364;ren/<lb/>
welches no&#x0364;thig und nu&#x0364;tzlich i&#x017F;t/ in &#x017F;chweren und allen Gebur-<lb/>
ten nach Belieben zu brauchen/ in&#x017F;onderheit fu&#x0364;r unwillige Frau-<lb/>
en/ die bald &#x017F;itzen/ bald liegen wollen; GOtt gebe nur &#x017F;eine Ge-<lb/>
nade zu deinem und meinem Vorhaben/ daß es ihm zu Ehren<lb/>
und un&#x017F;erm Nech&#x017F;ten zum Be&#x017F;ten gelangen mo&#x0364;ge!</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">D d</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Vor-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0336] Von Stürtzung der Frauen. eine gebaͤhrende Frau um ſich hat: als die Haar-Baͤnder ausflechten: die Schuͤrtz-Baͤnder/ Struͤmpf-Baͤnder/ und was ſie verknuͤpffetes um ſich hat/ aufknuͤpffen/ und in die- ſer irrigen Meinung ſeyn/ ſo lange dieſe Knoten an der Frauen nicht alle aufgeknuͤpffet wuͤrden/ ſo lange koͤnte die gebaͤhrende Frau nicht geneſen. Dieſes iſt eine aberglaͤu- biſche Meinung/ und iſt denen unverſtaͤndigen Leuten noͤthig zu benehmen: Denn/ wir glaͤuben/ daß GOtt die Geburt regie- re/ und alles in ſeinen Haͤnden habe/ was ſollen denn die elen- den Bande oder Knoten aufhalten? auf ſolche Weiſe muͤßten ſie GOtt halten/ das waͤre eine unchriſtliche Meinung; Aberſol- che Baͤnder und Knoten/ welche zu feſte gebunden ſind/ ſonderlich umb den Leib/ oder auch die Beine/ daß ſie Schmertzen der Frauen verurſachen/ ſolche koͤnnen wohl aufgebunden werden/ der Ungelegenheit wegen/ aber um des Aberglaubens wegen nicht/ daß die Frau wegen ſolcher Aufloͤſung der Baͤnder oder Knoten eher geneſen ſolle/ das ſey ferne von mir/ und dir/ und allenrecht-glaͤubenden Chriſten. Darum rathe ich dir/ daß du auf meine dir gege- bene Lehre recht Achtung giebeſt/ da wirſt du die rechten Irrthuͤ- mer der Geburten finden/ was dabey zu thun iſt/ und wie du helffen kanſt/ durch Gottes Gnade und Segen/ auch deine ge- ſchickte Hand/ die es leiblich regieren muß. Nun wil ich dir zum Beſchluß dieſes Erſten Theils/ auch ein beqvemes Kreiß-Bette im Kupffer-Bilde vorſtellen/ und ſattſam durch Ziffern erklaͤren/ welches noͤthig und nuͤtzlich iſt/ in ſchweren und allen Gebur- ten nach Belieben zu brauchen/ inſonderheit fuͤr unwillige Frau- en/ die bald ſitzen/ bald liegen wollen; GOtt gebe nur ſeine Ge- nade zu deinem und meinem Vorhaben/ daß es ihm zu Ehren und unſerm Nechſten zum Beſten gelangen moͤge! Vor- D d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/336
Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/336>, abgerufen am 23.11.2024.