Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Nachgeburt.
der in einer Nachgeburt gelegen/ und nur ein Netze/ wie gebräuch-
lich/ darzwischen gewesen/ und das dritte Kind in einer abson-
derlichen Nachgeburt alleine. Es geschiehet auch/ daß ein jedes
Kind seine eigene Nachgeburt hat/ als mußt du dich/ wie schon
gemeldet/ die Nachgeburt zu fördern wol in acht nehmen/ weil
viel Gefahr dabey folgen kan. Wo du des Angriffes nicht ge-
wiß bist/ so mußt du es gehen lassen/ wie es gehet; Aber wenn
du Grund und rechten Verstand des Angriffes hast/ so kanst du
alle vorerwehnre Gefahr verhüten.
Christ. Es ist zu verwundern/ wie so viel unwissen-
de Wehe-Mütter/ unter so vielen Gefahren können zu rech-
te kommen/ daß nicht mehr unglückliche Geburten zu hö-
ren seyn/ wenn ich alle diese deine erklärete und beschriebe-
ne Zufälle und übele Geburten recht betrachte/ so solte ich
dencken/ daß keine Geburt ohne einen oder den andern Zu-
fall unter so mancherley Gefahr geschehen könte. Ich
dürffte bald in die Gedancken derer gerathen/ die über dich
sagen: Die
Justina hat ein gutes Maul/ die kan den Leu-
ten wol was weiß machen. Ich sage es dir nur zur Nach-
richt/ und hoffe nicht/ daß du es übel aufnehmen werdest.
Ja sie sagen wol noch mehr/ und wil dich nur damit nicht
kräncken. Weil du (GOtt lob) in deinem Beruff mehren-
theils glücklich bist; so kan ich leichte glauben/ daß es aus
Neid geschicht von mißgünstigen Leuten/ die dir nicht wol
wollen. Aber es heißet: Fürchte GOtt/ thue Recht und
scheue memand,
Just. Mein Vorsatz ist nicht/ dir die guten und rechten
Geburten zu zeigen/ denn diese zeigen sich (GOtt sey ewig Danck)
täglich von sich selber ohne alle Hülffe oder Wissenschafft der
Wehe-Mütter. Wenn das auch nicht wäre/ so würden frey-
lich so viel unwissende Wehe-Mütter nicht können zu rechte kom-
men/ und würden wenig Frauen ihr Leben und Gesundheit be-
hal-
Q 2
Von der Nachgeburt.
der in einer Nachgeburt gelegen/ und nur ein Netze/ wie gebraͤuch-
lich/ darzwiſchen geweſen/ und das dritte Kind in einer abſon-
derlichen Nachgeburt alleine. Es geſchiehet auch/ daß ein jedes
Kind ſeine eigene Nachgeburt hat/ als mußt du dich/ wie ſchon
gemeldet/ die Nachgeburt zu foͤrdern wol in acht nehmen/ weil
viel Gefahr dabey folgen kan. Wo du des Angriffes nicht ge-
wiß biſt/ ſo mußt du es gehen laſſen/ wie es gehet; Aber wenn
du Grund und rechten Verſtand des Angriffes haſt/ ſo kanſt du
alle vorerwehnre Gefahr verhuͤten.
Chriſt. Es iſt zu verwundern/ wie ſo viel unwiſſen-
de Wehe-Muͤtter/ unter ſo vielen Gefahren koͤnnen zu rech-
te kommen/ daß nicht mehr ungluͤckliche Geburten zu hoͤ-
ren ſeyn/ wenn ich alle dieſe deine erklaͤrete und beſchriebe-
ne Zufaͤlle und uͤbele Geburten recht betrachte/ ſo ſolte ich
dencken/ daß keine Geburt ohne einen oder den andern Zu-
fall unter ſo mancherley Gefahr geſchehen koͤnte. Ich
duͤrffte bald in die Gedancken derer gerathen/ die uͤber dich
ſagen: Die
Juſtina hat ein gutes Maul/ die kan den Leu-
ten wol was weiß machen. Ich ſage es dir nur zur Nach-
richt/ und hoffe nicht/ daß du es uͤbel aufnehmen werdeſt.
Ja ſie ſagen wol noch mehr/ und wil dich nur damit nicht
kraͤncken. Weil du (GOtt lob) in deinem Beruff mehren-
theils gluͤcklich biſt; ſo kan ich leichte glauben/ daß es aus
Neid geſchicht von mißguͤnſtigen Leuten/ die dir nicht wol
wollen. Aber es heißet: Fuͤrchte GOtt/ thue Recht und
ſcheue memand,
Juſt. Mein Vorſatz iſt nicht/ dir die guten und rechten
Geburten zu zeigen/ denn dieſe zeigen ſich (GOtt ſey ewig Danck)
taͤglich von ſich ſelber ohne alle Huͤlffe oder Wiſſenſchafft der
Wehe-Muͤtter. Wenn das auch nicht waͤre/ ſo wuͤrden frey-
lich ſo viel unwiſſende Wehe-Muͤtter nicht koͤnnen zu rechte kom-
men/ und wuͤrden wenig Frauen ihr Leben und Geſundheit be-
hal-
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#just">
            <p><pb facs="#f0250" n="123"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Von der Nachgeburt.</hi></fw><lb/>
der in einer Nachgeburt gelegen/ und nur ein Netze/ wie gebra&#x0364;uch-<lb/>
lich/ darzwi&#x017F;chen gewe&#x017F;en/ und das dritte Kind in einer ab&#x017F;on-<lb/>
derlichen Nachgeburt alleine. Es ge&#x017F;chiehet auch/ daß ein jedes<lb/>
Kind &#x017F;eine eigene Nachgeburt hat/ als mußt du dich/ wie &#x017F;chon<lb/>
gemeldet/ die Nachgeburt zu fo&#x0364;rdern wol in acht nehmen/ weil<lb/>
viel Gefahr dabey folgen kan. Wo du des Angriffes nicht ge-<lb/>
wiß bi&#x017F;t/ &#x017F;o mußt du es gehen la&#x017F;&#x017F;en/ wie es gehet; Aber wenn<lb/>
du Grund und rechten Ver&#x017F;tand des Angriffes ha&#x017F;t/ &#x017F;o kan&#x017F;t du<lb/>
alle vorerwehnre Gefahr verhu&#x0364;ten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#christ">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;t.</hi> </speaker>
            <p> <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t zu verwundern/ wie &#x017F;o viel unwi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
de Wehe-Mu&#x0364;tter/ unter &#x017F;o vielen Gefahren ko&#x0364;nnen zu rech-<lb/>
te kommen/ daß nicht mehr unglu&#x0364;ckliche Geburten zu ho&#x0364;-<lb/>
ren &#x017F;eyn/ wenn ich alle die&#x017F;e deine erkla&#x0364;rete und be&#x017F;chriebe-<lb/>
ne Zufa&#x0364;lle und u&#x0364;bele Geburten recht betrachte/ &#x017F;o &#x017F;olte ich<lb/>
dencken/ daß keine Geburt ohne einen oder den andern Zu-<lb/>
fall unter &#x017F;o mancherley Gefahr ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nte. Ich<lb/>
du&#x0364;rffte bald in die Gedancken derer gerathen/ die u&#x0364;ber dich<lb/>
&#x017F;agen: Die</hi> <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;tina</hi> <hi rendition="#fr">hat ein gutes Maul/ die kan den Leu-<lb/>
ten wol was weiß machen. Ich &#x017F;age es dir nur zur Nach-<lb/>
richt/ und hoffe nicht/ daß du es u&#x0364;bel aufnehmen werde&#x017F;t.<lb/>
Ja &#x017F;ie &#x017F;agen wol noch mehr/ und wil dich nur damit nicht<lb/>
kra&#x0364;ncken. Weil du (GOtt lob) in deinem Beruff mehren-<lb/>
theils glu&#x0364;cklich bi&#x017F;t; &#x017F;o kan ich leichte glauben/ daß es aus<lb/>
Neid ge&#x017F;chicht von mißgu&#x0364;n&#x017F;tigen Leuten/ die dir nicht wol<lb/>
wollen. Aber es heißet: Fu&#x0364;rchte GOtt/ thue Recht und<lb/>
&#x017F;cheue memand,</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#just">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;t.</hi> </speaker>
            <p>Mein Vor&#x017F;atz i&#x017F;t nicht/ dir die guten und rechten<lb/>
Geburten zu zeigen/ denn die&#x017F;e zeigen &#x017F;ich (GOtt &#x017F;ey ewig Danck)<lb/>
ta&#x0364;glich von &#x017F;ich &#x017F;elber ohne alle Hu&#x0364;lffe oder Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft der<lb/>
Wehe-Mu&#x0364;tter. Wenn das auch nicht wa&#x0364;re/ &#x017F;o wu&#x0364;rden frey-<lb/>
lich &#x017F;o viel unwi&#x017F;&#x017F;ende Wehe-Mu&#x0364;tter nicht ko&#x0364;nnen zu rechte kom-<lb/>
men/ und wu&#x0364;rden wenig Frauen ihr Leben und Ge&#x017F;undheit be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">hal-</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0250] Von der Nachgeburt. der in einer Nachgeburt gelegen/ und nur ein Netze/ wie gebraͤuch- lich/ darzwiſchen geweſen/ und das dritte Kind in einer abſon- derlichen Nachgeburt alleine. Es geſchiehet auch/ daß ein jedes Kind ſeine eigene Nachgeburt hat/ als mußt du dich/ wie ſchon gemeldet/ die Nachgeburt zu foͤrdern wol in acht nehmen/ weil viel Gefahr dabey folgen kan. Wo du des Angriffes nicht ge- wiß biſt/ ſo mußt du es gehen laſſen/ wie es gehet; Aber wenn du Grund und rechten Verſtand des Angriffes haſt/ ſo kanſt du alle vorerwehnre Gefahr verhuͤten. Chriſt. Es iſt zu verwundern/ wie ſo viel unwiſſen- de Wehe-Muͤtter/ unter ſo vielen Gefahren koͤnnen zu rech- te kommen/ daß nicht mehr ungluͤckliche Geburten zu hoͤ- ren ſeyn/ wenn ich alle dieſe deine erklaͤrete und beſchriebe- ne Zufaͤlle und uͤbele Geburten recht betrachte/ ſo ſolte ich dencken/ daß keine Geburt ohne einen oder den andern Zu- fall unter ſo mancherley Gefahr geſchehen koͤnte. Ich duͤrffte bald in die Gedancken derer gerathen/ die uͤber dich ſagen: Die Juſtina hat ein gutes Maul/ die kan den Leu- ten wol was weiß machen. Ich ſage es dir nur zur Nach- richt/ und hoffe nicht/ daß du es uͤbel aufnehmen werdeſt. Ja ſie ſagen wol noch mehr/ und wil dich nur damit nicht kraͤncken. Weil du (GOtt lob) in deinem Beruff mehren- theils gluͤcklich biſt; ſo kan ich leichte glauben/ daß es aus Neid geſchicht von mißguͤnſtigen Leuten/ die dir nicht wol wollen. Aber es heißet: Fuͤrchte GOtt/ thue Recht und ſcheue memand, Juſt. Mein Vorſatz iſt nicht/ dir die guten und rechten Geburten zu zeigen/ denn dieſe zeigen ſich (GOtt ſey ewig Danck) taͤglich von ſich ſelber ohne alle Huͤlffe oder Wiſſenſchafft der Wehe-Muͤtter. Wenn das auch nicht waͤre/ ſo wuͤrden frey- lich ſo viel unwiſſende Wehe-Muͤtter nicht koͤnnen zu rechte kom- men/ und wuͤrden wenig Frauen ihr Leben und Geſundheit be- hal- Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/250
Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/250>, abgerufen am 09.11.2024.