Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Nöthiger Vorbericht.
krancket/ Chirurgi, die niemahln Wunden gehabt/ doch an-
deren Kranckheiten können rathen/ und Wunden heilen/
durch Gottes Gnade/ vermittelst ihrer Wissenschafft
und Erfahrung) kan alles Widerreden und Grübeln
aufheben/ daß nehmlich: eine Heb-Amme/ ob sie
GOtt zwar nie zu Kinder zu gebähren in ih-
rem Ehestande hat beruffen wollen/
doch durch
vieler Jahren Erfahrung/ schweren Geburten zu rathen
geschickt und tüchtig machen könne. Haben wir nicht
Exempel/ daß kluge und verständige Medici und Chirur-
gi,
durch gründliche Wissenschafft und Erfahrung in
schweren Geburten selbst Hand anlegen/ und die Kreis-
senden glücklich erlösen helffen; Wo bleibt dann der
grundlose Vorwurff: Die selbst keine Kinder ge-
bohren/ kan auch nicht in schweren Geburten
helffen:
Den Einfältigen habe ich dieses so deutlich
müssen vorstellen/ daß sie sich durch die alberne Reden
der Eigensinnigen nicht lassen irre machen.

Was noch mehr: Ich setze den Fall; Es habe eine Frau
GOtt in ihrem Ehestande zehen/ zwölff und mehr mahlen
gesegnet und Kinder gebähren lassen/ würde drauß folgen/
diese wäre darum geschickt/ in schweren Geburthen zu
rathen/ und Hand anzulegen/ wann sie sonst davon kei-
ne Wissenschafft und Erfahrung hätte. Entweder sie
hat leichte Geburten gehabt/ wie kan sie denn von schwe-
ren urtheilen/ wie es dann mehrentheils geschicht/ daß
die so leicht gebähren/ offt nicht glauben noch begreiffen

wol-

Noͤthiger Vorbericht.
krancket/ Chirurgi, die niemahln Wunden gehabt/ doch an-
deren Kranckheiten koͤnnen rathen/ und Wunden heilen/
durch Gottes Gnade/ vermittelſt ihrer Wiſſenſchafft
und Erfahrung) kan alles Widerreden und Gruͤbeln
aufheben/ daß nehmlich: eine Heb-Amme/ ob ſie
GOtt zwar nie zu Kinder zu gebaͤhren in ih-
rem Eheſtande hat beruffen wollen/
doch durch
vieler Jahren Erfahrung/ ſchweren Geburten zu rathen
geſchickt und tuͤchtig machen koͤnne. Haben wir nicht
Exempel/ daß kluge und verſtaͤndige Medici und Chirur-
gi,
durch gruͤndliche Wiſſenſchafft und Erfahrung in
ſchweren Geburten ſelbſt Hand anlegen/ und die Kreiſ-
ſenden gluͤcklich erloͤſen helffen; Wo bleibt dann der
grundloſe Vorwurff: Die ſelbſt keine Kinder ge-
bohren/ kan auch nicht in ſchweren Geburten
helffen:
Den Einfaͤltigen habe ich dieſes ſo deutlich
muͤſſen vorſtellen/ daß ſie ſich durch die alberne Reden
der Eigenſinnigen nicht laſſen irre machen.

Was noch mehr: Ich ſetze den Fall; Es habe eine Frau
GOtt in ihrem Eheſtande zehen/ zwoͤlff und mehr mahlen
geſegnet und Kindeꝛ gebaͤhren laſſen/ wuͤrde drauß folgen/
dieſe waͤre darum geſchickt/ in ſchweren Geburthen zu
rathen/ und Hand anzulegen/ wann ſie ſonſt davon kei-
ne Wiſſenſchafft und Erfahrung haͤtte. Entweder ſie
hat leichte Geburten gehabt/ wie kan ſie denn von ſchwe-
ren urtheilen/ wie es dann mehrentheils geſchicht/ daß
die ſo leicht gebaͤhren/ offt nicht glauben noch begreiffen

wol-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">No&#x0364;thiger Vorbericht.</hi></fw><lb/>
krancket/ <hi rendition="#aq">Chirurgi,</hi> die niemahln Wunden gehabt/ doch an-<lb/>
deren Kranckheiten ko&#x0364;nnen rathen/ und Wunden heilen/<lb/>
durch Gottes Gnade/ vermittel&#x017F;t ihrer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
und Erfahrung) kan alles Widerreden und Gru&#x0364;beln<lb/>
aufheben/ daß nehmlich: <hi rendition="#fr">eine Heb-Amme/ ob &#x017F;ie<lb/>
GOtt zwar nie zu Kinder zu geba&#x0364;hren in ih-<lb/>
rem Ehe&#x017F;tande hat beruffen wollen/</hi> doch durch<lb/>
vieler Jahren Erfahrung/ &#x017F;chweren Geburten zu rathen<lb/>
ge&#x017F;chickt und tu&#x0364;chtig machen ko&#x0364;nne. Haben wir nicht<lb/>
Exempel/ daß kluge und ver&#x017F;ta&#x0364;ndige <hi rendition="#aq">Medici</hi> und <hi rendition="#aq">Chirur-<lb/>
gi,</hi> durch gru&#x0364;ndliche Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft und Erfahrung in<lb/>
&#x017F;chweren Geburten &#x017F;elb&#x017F;t Hand anlegen/ und die Krei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enden glu&#x0364;cklich erlo&#x0364;&#x017F;en helffen; Wo bleibt dann der<lb/>
grundlo&#x017F;e Vorwurff: <hi rendition="#fr">Die &#x017F;elb&#x017F;t keine Kinder ge-<lb/>
bohren/ kan auch nicht in &#x017F;chweren Geburten<lb/>
helffen:</hi> Den Einfa&#x0364;ltigen habe ich die&#x017F;es &#x017F;o deutlich<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en vor&#x017F;tellen/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich durch die alberne Reden<lb/>
der Eigen&#x017F;innigen nicht la&#x017F;&#x017F;en irre machen.</p><lb/>
          <p>Was noch mehr: Ich &#x017F;etze den Fall; Es habe eine Frau<lb/>
GOtt in ihrem Ehe&#x017F;tande zehen/ zwo&#x0364;lff und mehr mahlen<lb/>
ge&#x017F;egnet und Kinde&#xA75B; geba&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en/ wu&#x0364;rde drauß folgen/<lb/>
die&#x017F;e wa&#x0364;re darum ge&#x017F;chickt/ in &#x017F;chweren Geburthen zu<lb/>
rathen/ und Hand anzulegen/ wann &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t davon kei-<lb/>
ne Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft und Erfahrung ha&#x0364;tte. Entweder &#x017F;ie<lb/>
hat leichte Geburten gehabt/ wie kan &#x017F;ie denn von &#x017F;chwe-<lb/>
ren urtheilen/ wie es dann mehrentheils ge&#x017F;chicht/ daß<lb/>
die &#x017F;o leicht geba&#x0364;hren/ offt nicht glauben noch begreiffen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wol-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0018] Noͤthiger Vorbericht. krancket/ Chirurgi, die niemahln Wunden gehabt/ doch an- deren Kranckheiten koͤnnen rathen/ und Wunden heilen/ durch Gottes Gnade/ vermittelſt ihrer Wiſſenſchafft und Erfahrung) kan alles Widerreden und Gruͤbeln aufheben/ daß nehmlich: eine Heb-Amme/ ob ſie GOtt zwar nie zu Kinder zu gebaͤhren in ih- rem Eheſtande hat beruffen wollen/ doch durch vieler Jahren Erfahrung/ ſchweren Geburten zu rathen geſchickt und tuͤchtig machen koͤnne. Haben wir nicht Exempel/ daß kluge und verſtaͤndige Medici und Chirur- gi, durch gruͤndliche Wiſſenſchafft und Erfahrung in ſchweren Geburten ſelbſt Hand anlegen/ und die Kreiſ- ſenden gluͤcklich erloͤſen helffen; Wo bleibt dann der grundloſe Vorwurff: Die ſelbſt keine Kinder ge- bohren/ kan auch nicht in ſchweren Geburten helffen: Den Einfaͤltigen habe ich dieſes ſo deutlich muͤſſen vorſtellen/ daß ſie ſich durch die alberne Reden der Eigenſinnigen nicht laſſen irre machen. Was noch mehr: Ich ſetze den Fall; Es habe eine Frau GOtt in ihrem Eheſtande zehen/ zwoͤlff und mehr mahlen geſegnet und Kindeꝛ gebaͤhren laſſen/ wuͤrde drauß folgen/ dieſe waͤre darum geſchickt/ in ſchweren Geburthen zu rathen/ und Hand anzulegen/ wann ſie ſonſt davon kei- ne Wiſſenſchafft und Erfahrung haͤtte. Entweder ſie hat leichte Geburten gehabt/ wie kan ſie denn von ſchwe- ren urtheilen/ wie es dann mehrentheils geſchicht/ daß die ſo leicht gebaͤhren/ offt nicht glauben noch begreiffen wol-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/18
Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/18>, abgerufen am 21.11.2024.