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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Petromyzonini.

Die Färbung der Seelamprete ist dadurch sehr charakteristisch, dass der
Rücken und die Seiten des Körpers auf weisslichem Grunde schwarzbraun oder
dunkelolivengrün marmorirt erscheinen, während die Bauchseite einfach weiss
bleibt. Es erreicht die Seelamprete oder Meerpricke von allen Petromyzon-
Arten die ansehnlichste Grösse, indem dieselbe gewöhnlich in einer Länge von
20 bis 25 Zoll vorkömmt, aber auch bis zu einer Länge von 3 Fuss aus-
wachsen kann. Das Fleisch dieses Fisches wird als sehr wohlschmeckend ge-
schätzt, aber auch für sehr schwer verdaulich gehalten. Die meiste Zeit ihres
Lebens bringt die Seelamprete im Meere zu, nur im Frühjahre bemerkt man
einzelne Individuen die Flüsse hinaufsteigen, bei welcher Gelegenheit dieser
Fisch schon bis Strassburg, ja bis Basel den Rhein und bis Heilbronn den Neckar
hinaufgelangt ist. Man findet mit Ausnahme des schwarzen Meeres alle, die Küsten
Europa's bespülenden Meere von der Seelamprete bewohnt. Fast alle Ichthyo-
logen und Faunisten stimmen in der Angabe überein, dass die Seelampreten
im Frühjahre das Meer verlassen und die Flüsse hinaufwandern, um in diesen
zu laichen, wobei dieselben zum Ablegen der Eier Gruben anfertigen, indem
sie an einer gewissen Stelle vom Boden des fliessenden Wassers alle Steine
mit dem Saugmunde forttragen. Ich berufe mich vor allen auf den erfahrenen
Baldner, welcher (a. a. O.) von den Seelampreten erzählt: "Kommen im
Mertzen das Wasser herauf, sind dann zum besten und voll Rogen. Laichen
im April im strengen Wasser auf Steinboden. Machen Gruben, tragen mit
den Mäulern zweipfündige Stein um die Gruben herum". Allen diesen Angaben
gegenüber könnte man einwenden, dass, wenn wirklich die Seelamprete dazu
bestimmt ist, in den Flüssen zu laichen, dieser Fisch immer nur selten und
vereinzelt an diesen vermeintlichen Laichstellen angetroffen wird, und dass
überhaupt noch keine Brut und keine Jungen der Seelamprete weder in grösse-
rer Anzahl noch einzeln in den oberen Theilen der Flussgebiete, wo die See-
lampreten laichen sollen, beobachtet worden sind. Hiernach erscheint es mir
nicht unangemessen, einige Bemerkungen zu wiederholen, welche Günther
(Nr. 47: pag. 133) über die Wanderung und Fortpflanzung der Seelamprete
in folgender Weise ausgesprochen hat: "Beinahe jedes Jahr fängt man diesen
Fisch im Frühjahre bei Heilbronn und sogar in der Enz, zum Theil von be-
trächtlicher Grösse. Allgemein behauptet man, dass das (See-)Neunauge um
diese Zeit in die Flüsse steige, um zu laichen. Es schwimmt jedoch zu schlecht,
als dass man begreifen könnte, wie es in so kurzer Zeit den bedeutenden Weg
zurückzulegen vermag. Ich halte es daher für nicht unwahrscheinlich, dass
die so hoch in den Flüssen gefangenen (See-)Neunaugen sich an andere Meer-
fische angesaugt haben, und mit diesen heraufgekommen sind. Dafür spricht,
dass das (See-)Neunauge immer zugleich mit dem Lachse und dem Maifische
ankommt und dass man meines Wissens noch nie eine Brut von ihm im Neckar
angetroffen hat". Ich glaube, dass diese Aeusserungen nicht unbeachtet blei-

Familie: Petromyzonini.

Die Färbung der Seelamprete ist dadurch sehr charakteristisch, dass der
Rücken und die Seiten des Körpers auf weisslichem Grunde schwarzbraun oder
dunkelolivengrün marmorirt erscheinen, während die Bauchseite einfach weiss
bleibt. Es erreicht die Seelamprete oder Meerpricke von allen Petromyzon-
Arten die ansehnlichste Grösse, indem dieselbe gewöhnlich in einer Länge von
20 bis 25 Zoll vorkömmt, aber auch bis zu einer Länge von 3 Fuss aus-
wachsen kann. Das Fleisch dieses Fisches wird als sehr wohlschmeckend ge-
schätzt, aber auch für sehr schwer verdaulich gehalten. Die meiste Zeit ihres
Lebens bringt die Seelamprete im Meere zu, nur im Frühjahre bemerkt man
einzelne Individuen die Flüsse hinaufsteigen, bei welcher Gelegenheit dieser
Fisch schon bis Strassburg, ja bis Basel den Rhein und bis Heilbronn den Neckar
hinaufgelangt ist. Man findet mit Ausnahme des schwarzen Meeres alle, die Küsten
Europa’s bespülenden Meere von der Seelamprete bewohnt. Fast alle Ichthyo-
logen und Faunisten stimmen in der Angabe überein, dass die Seelampreten
im Frühjahre das Meer verlassen und die Flüsse hinaufwandern, um in diesen
zu laichen, wobei dieselben zum Ablegen der Eier Gruben anfertigen, indem
sie an einer gewissen Stelle vom Boden des fliessenden Wassers alle Steine
mit dem Saugmunde forttragen. Ich berufe mich vor allen auf den erfahrenen
Baldner, welcher (a. a. O.) von den Seelampreten erzählt: »Kommen im
Mertzen das Wasser herauf, sind dann zum besten und voll Rogen. Laichen
im April im strengen Wasser auf Steinboden. Machen Gruben, tragen mit
den Mäulern zweipfündige Stein um die Gruben herum«. Allen diesen Angaben
gegenüber könnte man einwenden, dass, wenn wirklich die Seelamprete dazu
bestimmt ist, in den Flüssen zu laichen, dieser Fisch immer nur selten und
vereinzelt an diesen vermeintlichen Laichstellen angetroffen wird, und dass
überhaupt noch keine Brut und keine Jungen der Seelamprete weder in grösse-
rer Anzahl noch einzeln in den oberen Theilen der Flussgebiete, wo die See-
lampreten laichen sollen, beobachtet worden sind. Hiernach erscheint es mir
nicht unangemessen, einige Bemerkungen zu wiederholen, welche Günther
(Nr. 47: pag. 133) über die Wanderung und Fortpflanzung der Seelamprete
in folgender Weise ausgesprochen hat: »Beinahe jedes Jahr fängt man diesen
Fisch im Frühjahre bei Heilbronn und sogar in der Enz, zum Theil von be-
trächtlicher Grösse. Allgemein behauptet man, dass das (See-)Neunauge um
diese Zeit in die Flüsse steige, um zu laichen. Es schwimmt jedoch zu schlecht,
als dass man begreifen könnte, wie es in so kurzer Zeit den bedeutenden Weg
zurückzulegen vermag. Ich halte es daher für nicht unwahrscheinlich, dass
die so hoch in den Flüssen gefangenen (See-)Neunaugen sich an andere Meer-
fische angesaugt haben, und mit diesen heraufgekommen sind. Dafür spricht,
dass das (See-)Neunauge immer zugleich mit dem Lachse und dem Maifische
ankommt und dass man meines Wissens noch nie eine Brut von ihm im Neckar
angetroffen hat«. Ich glaube, dass diese Aeusserungen nicht unbeachtet blei-

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[370/0383] Familie: Petromyzonini. Die Färbung der Seelamprete ist dadurch sehr charakteristisch, dass der Rücken und die Seiten des Körpers auf weisslichem Grunde schwarzbraun oder dunkelolivengrün marmorirt erscheinen, während die Bauchseite einfach weiss bleibt. Es erreicht die Seelamprete oder Meerpricke von allen Petromyzon- Arten die ansehnlichste Grösse, indem dieselbe gewöhnlich in einer Länge von 20 bis 25 Zoll vorkömmt, aber auch bis zu einer Länge von 3 Fuss aus- wachsen kann. Das Fleisch dieses Fisches wird als sehr wohlschmeckend ge- schätzt, aber auch für sehr schwer verdaulich gehalten. Die meiste Zeit ihres Lebens bringt die Seelamprete im Meere zu, nur im Frühjahre bemerkt man einzelne Individuen die Flüsse hinaufsteigen, bei welcher Gelegenheit dieser Fisch schon bis Strassburg, ja bis Basel den Rhein und bis Heilbronn den Neckar hinaufgelangt ist. Man findet mit Ausnahme des schwarzen Meeres alle, die Küsten Europa’s bespülenden Meere von der Seelamprete bewohnt. Fast alle Ichthyo- logen und Faunisten stimmen in der Angabe überein, dass die Seelampreten im Frühjahre das Meer verlassen und die Flüsse hinaufwandern, um in diesen zu laichen, wobei dieselben zum Ablegen der Eier Gruben anfertigen, indem sie an einer gewissen Stelle vom Boden des fliessenden Wassers alle Steine mit dem Saugmunde forttragen. Ich berufe mich vor allen auf den erfahrenen Baldner, welcher (a. a. O.) von den Seelampreten erzählt: »Kommen im Mertzen das Wasser herauf, sind dann zum besten und voll Rogen. Laichen im April im strengen Wasser auf Steinboden. Machen Gruben, tragen mit den Mäulern zweipfündige Stein um die Gruben herum«. Allen diesen Angaben gegenüber könnte man einwenden, dass, wenn wirklich die Seelamprete dazu bestimmt ist, in den Flüssen zu laichen, dieser Fisch immer nur selten und vereinzelt an diesen vermeintlichen Laichstellen angetroffen wird, und dass überhaupt noch keine Brut und keine Jungen der Seelamprete weder in grösse- rer Anzahl noch einzeln in den oberen Theilen der Flussgebiete, wo die See- lampreten laichen sollen, beobachtet worden sind. Hiernach erscheint es mir nicht unangemessen, einige Bemerkungen zu wiederholen, welche Günther (Nr. 47: pag. 133) über die Wanderung und Fortpflanzung der Seelamprete in folgender Weise ausgesprochen hat: »Beinahe jedes Jahr fängt man diesen Fisch im Frühjahre bei Heilbronn und sogar in der Enz, zum Theil von be- trächtlicher Grösse. Allgemein behauptet man, dass das (See-)Neunauge um diese Zeit in die Flüsse steige, um zu laichen. Es schwimmt jedoch zu schlecht, als dass man begreifen könnte, wie es in so kurzer Zeit den bedeutenden Weg zurückzulegen vermag. Ich halte es daher für nicht unwahrscheinlich, dass die so hoch in den Flüssen gefangenen (See-)Neunaugen sich an andere Meer- fische angesaugt haben, und mit diesen heraufgekommen sind. Dafür spricht, dass das (See-)Neunauge immer zugleich mit dem Lachse und dem Maifische ankommt und dass man meines Wissens noch nie eine Brut von ihm im Neckar angetroffen hat«. Ich glaube, dass diese Aeusserungen nicht unbeachtet blei-

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/383>, abgerufen am 22.11.2024.