Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite
Familie: Acanthopsides.

Die Zeichnung des Steinbeissers ist sehr auffallend und giebt dem Fische
ein sehr artiges Ansehen. Die Grundfarbe ist blassgelb oder weisslich, der
Rücken und die obere Hälfte der Seiten erscheinen sehr fein braun punctirt,
über die Mittellinie des Rückens erstreckt sich eine grossfleckige braune Binde
bis zum Schwanze, welche zu beiden Seiten von einer kleinfleckigen braunen
Binde begleitet wird. Die Körperseiten zeichnen sich durch eine Binde von
12 bis 17 sehr grossen schwarzen Flecken aus, nach oben wird diese Flecken-
binde an der Stelle der Seitenlinie durch einen geraden durch die Haut hin-
durchschimmernden bläulichen Längsstreif abgegrenzt. Am Kopfe treten sehr
häufig durch das Zusammenfliessen vieler brauner Puncte drei schmale braune
Streifen jederseits hervor, welche alle von den Augen ausgehen und von wel-
chen der eine sich bis zum Mundwinkel herabzieht, der andere sich schräge
über den Kiemendeckel-Apparat hin erstreckt und der dritte nach oben bis
zum Hinterkopf hinaufsteigt. Die graue Rücken- und Schwanzflosse sind fein
schwarz punctirt, während die übrigen blassen Flossen ungefleckt bleiben.
An der Basis der Schwanzflosse und zwar an deren oberen Hälfte macht sich
ein senkrecht stehender tiefschwarzer Streifen bemerkbar.

Der Steinbeisser ist die kleinste unter unseren Cobitis-Arten, da er höch-
stens die Länge von 4 Zoll erreicht. Seine Verbreitung hat er mit der Biss-
gurre gemein, auch lebt er ebenso verborgen wie diese, nur mit dem Unter-
schiede, dass er sich nicht so stark wie die Bissgurre vermehrt und ausser
stehendem Gewässer auch Bäche und Flüsse zu seinem Aufenthalte auswählt.

Die Laichzeit tritt auch bei dieser Cobitis-Art in den wärmeren Frühlings-
monaten ein.

Die drei oben beschriebenen Cobitis-Arten zeichnen sich durch eine Eigen-
schaft aus, die bis jetzt bei keinem anderen Fische wahrgenommen wurde.
Es sind nämlich diese drei Cobitis-Arten unter gewissen Verhältnissen im
Stande, statt der Kiemen sich des Darms als Athmungswerkzeug zu bedienen.
Sie begeben sich zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken.
indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge
atmosphärischer Luft, die sie unter starkem Zusammenpressen ihres Kiemen-
deckel-Apparates in den kurzen und ganz gerade verlaufenden Verdauungs-
canal hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luft-
perlen unter Geräusch hervorpressen. Dass diese Einnahme und Ausgabe von
Luft mit einem Darmathmungsprocesse zusammenhängt, wurde zuerst von
Professor Erman in Berlin erkannt 1). Erman hatte hauptsächlich Cobitis fossi-
lis
zu seinen Untersuchungen benutzt, welche mit um so grösserem Interesse

1) S. dessen Untersuchungen über das Gas in der Schwimmblase der Fische und über
die Mitwirkung des Darmkanals zum Respirationsgeschäfte der Fischart Cobitis fossilis
Schlammpitzger), in Gilbert's Annalen der Physik. Bd. 30. 1808. pag. 140.
Familie: Acanthopsides.

Die Zeichnung des Steinbeissers ist sehr auffallend und giebt dem Fische
ein sehr artiges Ansehen. Die Grundfarbe ist blassgelb oder weisslich, der
Rücken und die obere Hälfte der Seiten erscheinen sehr fein braun punctirt,
über die Mittellinie des Rückens erstreckt sich eine grossfleckige braune Binde
bis zum Schwanze, welche zu beiden Seiten von einer kleinfleckigen braunen
Binde begleitet wird. Die Körperseiten zeichnen sich durch eine Binde von
12 bis 17 sehr grossen schwarzen Flecken aus, nach oben wird diese Flecken-
binde an der Stelle der Seitenlinie durch einen geraden durch die Haut hin-
durchschimmernden bläulichen Längsstreif abgegrenzt. Am Kopfe treten sehr
häufig durch das Zusammenfliessen vieler brauner Puncte drei schmale braune
Streifen jederseits hervor, welche alle von den Augen ausgehen und von wel-
chen der eine sich bis zum Mundwinkel herabzieht, der andere sich schräge
über den Kiemendeckel-Apparat hin erstreckt und der dritte nach oben bis
zum Hinterkopf hinaufsteigt. Die graue Rücken- und Schwanzflosse sind fein
schwarz punctirt, während die übrigen blassen Flossen ungefleckt bleiben.
An der Basis der Schwanzflosse und zwar an deren oberen Hälfte macht sich
ein senkrecht stehender tiefschwarzer Streifen bemerkbar.

Der Steinbeisser ist die kleinste unter unseren Cobitis-Arten, da er höch-
stens die Länge von 4 Zoll erreicht. Seine Verbreitung hat er mit der Biss-
gurre gemein, auch lebt er ebenso verborgen wie diese, nur mit dem Unter-
schiede, dass er sich nicht so stark wie die Bissgurre vermehrt und ausser
stehendem Gewässer auch Bäche und Flüsse zu seinem Aufenthalte auswählt.

Die Laichzeit tritt auch bei dieser Cobitis-Art in den wärmeren Frühlings-
monaten ein.

Die drei oben beschriebenen Cobitis-Arten zeichnen sich durch eine Eigen-
schaft aus, die bis jetzt bei keinem anderen Fische wahrgenommen wurde.
Es sind nämlich diese drei Cobitis-Arten unter gewissen Verhältnissen im
Stande, statt der Kiemen sich des Darms als Athmungswerkzeug zu bedienen.
Sie begeben sich zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken.
indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge
atmosphärischer Luft, die sie unter starkem Zusammenpressen ihres Kiemen-
deckel-Apparates in den kurzen und ganz gerade verlaufenden Verdauungs-
canal hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luft-
perlen unter Geräusch hervorpressen. Dass diese Einnahme und Ausgabe von
Luft mit einem Darmathmungsprocesse zusammenhängt, wurde zuerst von
Professor Erman in Berlin erkannt 1). Erman hatte hauptsächlich Cobitis fossi-
lis
zu seinen Untersuchungen benutzt, welche mit um so grösserem Interesse

1) S. dessen Untersuchungen über das Gas in der Schwimmblase der Fische und über
die Mitwirkung des Darmkanals zum Respirationsgeschäfte der Fischart Cobitis fossilis
Schlammpitzger), in Gilbert’s Annalen der Physik. Bd. 30. 1808. pag. 140.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0353" n="340"/>
                <fw place="top" type="header">Familie: Acanthopsides.</fw><lb/>
                <p>Die Zeichnung des Steinbeissers ist sehr auffallend und giebt dem Fische<lb/>
ein sehr artiges Ansehen. Die Grundfarbe ist blassgelb oder weisslich, der<lb/>
Rücken und die obere Hälfte der Seiten erscheinen sehr fein braun punctirt,<lb/>
über die Mittellinie des Rückens erstreckt sich eine grossfleckige braune Binde<lb/>
bis zum Schwanze, welche zu beiden Seiten von einer kleinfleckigen braunen<lb/>
Binde begleitet wird. Die Körperseiten zeichnen sich durch eine Binde von<lb/>
12 bis 17 sehr grossen schwarzen Flecken aus, nach oben wird diese Flecken-<lb/>
binde an der Stelle der Seitenlinie durch einen geraden durch die Haut hin-<lb/>
durchschimmernden bläulichen Längsstreif abgegrenzt. Am Kopfe treten sehr<lb/>
häufig durch das Zusammenfliessen vieler brauner Puncte drei schmale braune<lb/>
Streifen jederseits hervor, welche alle von den Augen ausgehen und von wel-<lb/>
chen der eine sich bis zum Mundwinkel herabzieht, der andere sich schräge<lb/>
über den Kiemendeckel-Apparat hin erstreckt und der dritte nach oben bis<lb/>
zum Hinterkopf hinaufsteigt. Die graue Rücken- und Schwanzflosse sind fein<lb/>
schwarz punctirt, während die übrigen blassen Flossen ungefleckt bleiben.<lb/>
An der Basis der Schwanzflosse und zwar an deren oberen Hälfte macht sich<lb/>
ein senkrecht stehender tiefschwarzer Streifen bemerkbar.</p><lb/>
                <p>Der Steinbeisser ist die kleinste unter unseren <hi rendition="#i">Cobitis</hi>-Arten, da er höch-<lb/>
stens die Länge von 4 Zoll erreicht. Seine Verbreitung hat er mit der Biss-<lb/>
gurre gemein, auch lebt er ebenso verborgen wie diese, nur mit dem Unter-<lb/>
schiede, dass er sich nicht so stark wie die Bissgurre vermehrt und ausser<lb/>
stehendem Gewässer auch Bäche und Flüsse zu seinem Aufenthalte auswählt.</p><lb/>
                <p>Die Laichzeit tritt auch bei dieser <hi rendition="#i">Cobitis</hi>-Art in den wärmeren Frühlings-<lb/>
monaten ein.</p><lb/>
                <p>Die drei oben beschriebenen <hi rendition="#i">Cobitis</hi>-Arten zeichnen sich durch eine Eigen-<lb/>
schaft aus, die bis jetzt bei keinem anderen Fische wahrgenommen wurde.<lb/>
Es sind nämlich diese drei <hi rendition="#i">Cobitis</hi>-Arten unter gewissen Verhältnissen im<lb/>
Stande, statt der Kiemen sich des Darms als Athmungswerkzeug zu bedienen.<lb/>
Sie begeben sich zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken.<lb/>
indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge<lb/>
atmosphärischer Luft, die sie unter starkem Zusammenpressen ihres Kiemen-<lb/>
deckel-Apparates in den kurzen und ganz gerade verlaufenden Verdauungs-<lb/>
canal hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luft-<lb/>
perlen unter Geräusch hervorpressen. Dass diese Einnahme und Ausgabe von<lb/>
Luft mit einem Darmathmungsprocesse zusammenhängt, wurde zuerst von<lb/>
Professor <hi rendition="#k">Erman</hi> in Berlin erkannt <note place="foot" n="1)">S. dessen Untersuchungen über das Gas in der Schwimmblase der Fische und über<lb/>
die Mitwirkung des Darmkanals zum Respirationsgeschäfte der Fischart <hi rendition="#i">Cobitis fossilis</hi><lb/>
Schlammpitzger), in <hi rendition="#k">Gilbert</hi>&#x2019;s Annalen der Physik. Bd. 30. 1808. pag. 140.</note>. <hi rendition="#k">Erman</hi> hatte hauptsächlich <hi rendition="#i">Cobitis fossi-<lb/>
lis</hi> zu seinen Untersuchungen benutzt, welche mit um so grösserem Interesse<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0353] Familie: Acanthopsides. Die Zeichnung des Steinbeissers ist sehr auffallend und giebt dem Fische ein sehr artiges Ansehen. Die Grundfarbe ist blassgelb oder weisslich, der Rücken und die obere Hälfte der Seiten erscheinen sehr fein braun punctirt, über die Mittellinie des Rückens erstreckt sich eine grossfleckige braune Binde bis zum Schwanze, welche zu beiden Seiten von einer kleinfleckigen braunen Binde begleitet wird. Die Körperseiten zeichnen sich durch eine Binde von 12 bis 17 sehr grossen schwarzen Flecken aus, nach oben wird diese Flecken- binde an der Stelle der Seitenlinie durch einen geraden durch die Haut hin- durchschimmernden bläulichen Längsstreif abgegrenzt. Am Kopfe treten sehr häufig durch das Zusammenfliessen vieler brauner Puncte drei schmale braune Streifen jederseits hervor, welche alle von den Augen ausgehen und von wel- chen der eine sich bis zum Mundwinkel herabzieht, der andere sich schräge über den Kiemendeckel-Apparat hin erstreckt und der dritte nach oben bis zum Hinterkopf hinaufsteigt. Die graue Rücken- und Schwanzflosse sind fein schwarz punctirt, während die übrigen blassen Flossen ungefleckt bleiben. An der Basis der Schwanzflosse und zwar an deren oberen Hälfte macht sich ein senkrecht stehender tiefschwarzer Streifen bemerkbar. Der Steinbeisser ist die kleinste unter unseren Cobitis-Arten, da er höch- stens die Länge von 4 Zoll erreicht. Seine Verbreitung hat er mit der Biss- gurre gemein, auch lebt er ebenso verborgen wie diese, nur mit dem Unter- schiede, dass er sich nicht so stark wie die Bissgurre vermehrt und ausser stehendem Gewässer auch Bäche und Flüsse zu seinem Aufenthalte auswählt. Die Laichzeit tritt auch bei dieser Cobitis-Art in den wärmeren Frühlings- monaten ein. Die drei oben beschriebenen Cobitis-Arten zeichnen sich durch eine Eigen- schaft aus, die bis jetzt bei keinem anderen Fische wahrgenommen wurde. Es sind nämlich diese drei Cobitis-Arten unter gewissen Verhältnissen im Stande, statt der Kiemen sich des Darms als Athmungswerkzeug zu bedienen. Sie begeben sich zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken. indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge atmosphärischer Luft, die sie unter starkem Zusammenpressen ihres Kiemen- deckel-Apparates in den kurzen und ganz gerade verlaufenden Verdauungs- canal hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luft- perlen unter Geräusch hervorpressen. Dass diese Einnahme und Ausgabe von Luft mit einem Darmathmungsprocesse zusammenhängt, wurde zuerst von Professor Erman in Berlin erkannt 1). Erman hatte hauptsächlich Cobitis fossi- lis zu seinen Untersuchungen benutzt, welche mit um so grösserem Interesse 1) S. dessen Untersuchungen über das Gas in der Schwimmblase der Fische und über die Mitwirkung des Darmkanals zum Respirationsgeschäfte der Fischart Cobitis fossilis Schlammpitzger), in Gilbert’s Annalen der Physik. Bd. 30. 1808. pag. 140.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/353
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/353>, abgerufen am 24.11.2024.