Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.Familie: Salmonoidei. deren erste Entwicklungszustände als sogenannter vegetabilischer oder thieri-scher Schleim den Grund der Seen und die dort befindlichen festen Gegen- stände überwachsen 1). Ich kann es hier nicht mit Stillschweigen übergehen, dass man bei der Untersuchung und Beschreibung des Verdauungsapparates der Salmoneer es bisher ganz unbeachtet gelassen hat, dass diese Fische vor und während ihrer Laichzeit wochenlang nichts fressen und nur dem Fort- pflanzungsgeschäfte nachgehen, wobei sich ihr leerer Magen ungemein eng zusammenzieht und die Appendices pyloricae, sowie der Darm selbst sich nur mit den verschiedenen Secreten der Verdauungswerkzeuge anfüllen. In einem solchen Zustande der Unthätigkeit der Verdauungswerkzeuge nehmen sich die Dimensionen und Zustände der einzelnen Abschnitte derselben ganz anders aus als zu anderen Zeiten, in welchen diese Salmoneer ihrem Frass nachgehen. Ueber die Laichzeit der Renken findet man in den ichthyologischen 1) Dergleichen organische Körper werden von den Fischern des Bodensees "Fischbrod" genannt. Ich erkenne in diesem Fischbrod, dessen Untersuchung von Wartmann (in dem Naturforscher. Stück 21. pag 113 und Stück 22. pag. 113. Taf. VI) zu verschiedenen Malen versucht wurde, abgestorbene Bryozoen-Gehäuse, welche von verschiedenen anderen nie- deren Thieren und von Algen zum Wohnort benutzt werden. 2) Es finden sich hierüber sehr ausführliche Mittheilungen in der bereits erwähnten
Beschreibung des Blaufelchen von Wartmann (Nr. 37 a: pag. 205), welcher überhaupt die Geschichte dieses Fisches am zuverlässigsten auseinander gesetzt hat. Familie: Salmonoidei. deren erste Entwicklungszustände als sogenannter vegetabilischer oder thieri-scher Schleim den Grund der Seen und die dort befindlichen festen Gegen- stände überwachsen 1). Ich kann es hier nicht mit Stillschweigen übergehen, dass man bei der Untersuchung und Beschreibung des Verdauungsapparates der Salmoneer es bisher ganz unbeachtet gelassen hat, dass diese Fische vor und während ihrer Laichzeit wochenlang nichts fressen und nur dem Fort- pflanzungsgeschäfte nachgehen, wobei sich ihr leerer Magen ungemein eng zusammenzieht und die Appendices pyloricae, sowie der Darm selbst sich nur mit den verschiedenen Secreten der Verdauungswerkzeuge anfüllen. In einem solchen Zustande der Unthätigkeit der Verdauungswerkzeuge nehmen sich die Dimensionen und Zustände der einzelnen Abschnitte derselben ganz anders aus als zu anderen Zeiten, in welchen diese Salmoneer ihrem Frass nachgehen. Ueber die Laichzeit der Renken findet man in den ichthyologischen 1) Dergleichen organische Körper werden von den Fischern des Bodensees »Fischbrod« genannt. Ich erkenne in diesem Fischbrod, dessen Untersuchung von Wartmann (in dem Naturforscher. Stück 21. pag 113 und Stück 22. pag. 113. Taf. VI) zu verschiedenen Malen versucht wurde, abgestorbene Bryozoën-Gehäuse, welche von verschiedenen anderen nie- deren Thieren und von Algen zum Wohnort benutzt werden. 2) Es finden sich hierüber sehr ausführliche Mittheilungen in der bereits erwähnten
Beschreibung des Blaufelchen von Wartmann (Nr. 37 a: pag. 205), welcher überhaupt die Geschichte dieses Fisches am zuverlässigsten auseinander gesetzt hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0259" n="246"/><fw place="top" type="header">Familie: Salmonoidei.</fw><lb/> deren erste Entwicklungszustände als sogenannter vegetabilischer oder thieri-<lb/> scher Schleim den Grund der Seen und die dort befindlichen festen Gegen-<lb/> stände überwachsen <note place="foot" n="1)">Dergleichen organische Körper werden von den Fischern des Bodensees »Fischbrod«<lb/> genannt. Ich erkenne in diesem Fischbrod, dessen Untersuchung von <hi rendition="#k">Wartmann</hi> (in dem<lb/> Naturforscher. Stück 21. pag 113 und Stück 22. pag. 113. Taf. VI) zu verschiedenen Malen<lb/> versucht wurde, abgestorbene Bryozoën-Gehäuse, welche von verschiedenen anderen nie-<lb/> deren Thieren und von Algen zum Wohnort benutzt werden.</note>. Ich kann es hier nicht mit Stillschweigen übergehen,<lb/> dass man bei der Untersuchung und Beschreibung des Verdauungsapparates<lb/> der <hi rendition="#i">Salmoneer</hi> es bisher ganz unbeachtet gelassen hat, dass diese Fische vor<lb/> und während ihrer Laichzeit wochenlang nichts fressen und nur dem Fort-<lb/> pflanzungsgeschäfte nachgehen, wobei sich ihr leerer Magen ungemein eng<lb/> zusammenzieht und die Appendices pyloricae, sowie der Darm selbst sich nur<lb/> mit den verschiedenen Secreten der Verdauungswerkzeuge anfüllen. In<lb/> einem solchen Zustande der Unthätigkeit der Verdauungswerkzeuge nehmen<lb/> sich die Dimensionen und Zustände der einzelnen Abschnitte derselben ganz<lb/> anders aus als zu anderen Zeiten, in welchen diese <hi rendition="#i">Salmoneer</hi> ihrem Frass<lb/> nachgehen.</p><lb/> <p>Ueber die Laichzeit der Renken findet man in den ichthyologischen<lb/> Schriften die verschiedensten Angaben. Nach <hi rendition="#k">Hartmann</hi> sollen die Renken<lb/> vom October bis December laichen, nach <hi rendition="#k">Rapp</hi> dagegen fällt die Laichzeit der<lb/> Renken in die zweite Hälfte des November oder in den December. Von <hi rendition="#k">Heckel</hi><lb/> und <hi rendition="#k">Kner</hi> werden die Monate Februar und März und von <hi rendition="#k">Weber</hi> die Monate<lb/> März, April bis Anfang Mai als Laichzeit der Renken angegeben. Nach den<lb/> Erkundigungen, welche ich in Bezug auf die Fortpflanzungszeit der Renken<lb/> bei den Fischern des Bodensees und Chiemsees eingezogen, und nach meinen<lb/> eigenen, aus den Zergliederungen der Renken geschöpften Erfahrungen lai-<lb/> chen diese Fische von der Mitte des November an bis in den December hinein<lb/> etwa drei Wochen lang <note place="foot" n="2)">Es finden sich hierüber sehr ausführliche Mittheilungen in der bereits erwähnten<lb/> Beschreibung des Blaufelchen von <hi rendition="#k">Wartmann</hi> (Nr. 37 a: pag. 205), welcher überhaupt die<lb/> Geschichte dieses Fisches am zuverlässigsten auseinander gesetzt hat.</note>. Es bleibt sich der Eintritt der Laichzeit jedoch<lb/> nicht gleich, indem sich derselbe je nach den Witterungsverhältnissen etwas<lb/> verfrühen oder verspäten kann. Um zu laichen erheben sich die Renken in<lb/> grossen Gesellschaften vereinigt aus der Tiefe der Seen und nähern sich je<lb/> nach den Witterungszuständen mehr oder weniger der Wasseroberfläche, in-<lb/> dem sie Schneewasser sowie kaltes Wasser überhaupt scheuen. Haben sich<lb/> nun die brünstigen Renken in grossen Massen zusammengefunden, so lassen<lb/> sie dicht aneinander gedrängt Samen und Eier in das freie Wasser austreten<lb/> und von da zu Boden sinken. Der Hautausschlag, welcher sich zur Zeit der<lb/> Brunst sowohl an den männlichen wie weiblichen Renken entwickelt, und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246/0259]
Familie: Salmonoidei.
deren erste Entwicklungszustände als sogenannter vegetabilischer oder thieri-
scher Schleim den Grund der Seen und die dort befindlichen festen Gegen-
stände überwachsen 1). Ich kann es hier nicht mit Stillschweigen übergehen,
dass man bei der Untersuchung und Beschreibung des Verdauungsapparates
der Salmoneer es bisher ganz unbeachtet gelassen hat, dass diese Fische vor
und während ihrer Laichzeit wochenlang nichts fressen und nur dem Fort-
pflanzungsgeschäfte nachgehen, wobei sich ihr leerer Magen ungemein eng
zusammenzieht und die Appendices pyloricae, sowie der Darm selbst sich nur
mit den verschiedenen Secreten der Verdauungswerkzeuge anfüllen. In
einem solchen Zustande der Unthätigkeit der Verdauungswerkzeuge nehmen
sich die Dimensionen und Zustände der einzelnen Abschnitte derselben ganz
anders aus als zu anderen Zeiten, in welchen diese Salmoneer ihrem Frass
nachgehen.
Ueber die Laichzeit der Renken findet man in den ichthyologischen
Schriften die verschiedensten Angaben. Nach Hartmann sollen die Renken
vom October bis December laichen, nach Rapp dagegen fällt die Laichzeit der
Renken in die zweite Hälfte des November oder in den December. Von Heckel
und Kner werden die Monate Februar und März und von Weber die Monate
März, April bis Anfang Mai als Laichzeit der Renken angegeben. Nach den
Erkundigungen, welche ich in Bezug auf die Fortpflanzungszeit der Renken
bei den Fischern des Bodensees und Chiemsees eingezogen, und nach meinen
eigenen, aus den Zergliederungen der Renken geschöpften Erfahrungen lai-
chen diese Fische von der Mitte des November an bis in den December hinein
etwa drei Wochen lang 2). Es bleibt sich der Eintritt der Laichzeit jedoch
nicht gleich, indem sich derselbe je nach den Witterungsverhältnissen etwas
verfrühen oder verspäten kann. Um zu laichen erheben sich die Renken in
grossen Gesellschaften vereinigt aus der Tiefe der Seen und nähern sich je
nach den Witterungszuständen mehr oder weniger der Wasseroberfläche, in-
dem sie Schneewasser sowie kaltes Wasser überhaupt scheuen. Haben sich
nun die brünstigen Renken in grossen Massen zusammengefunden, so lassen
sie dicht aneinander gedrängt Samen und Eier in das freie Wasser austreten
und von da zu Boden sinken. Der Hautausschlag, welcher sich zur Zeit der
Brunst sowohl an den männlichen wie weiblichen Renken entwickelt, und
1) Dergleichen organische Körper werden von den Fischern des Bodensees »Fischbrod«
genannt. Ich erkenne in diesem Fischbrod, dessen Untersuchung von Wartmann (in dem
Naturforscher. Stück 21. pag 113 und Stück 22. pag. 113. Taf. VI) zu verschiedenen Malen
versucht wurde, abgestorbene Bryozoën-Gehäuse, welche von verschiedenen anderen nie-
deren Thieren und von Algen zum Wohnort benutzt werden.
2) Es finden sich hierüber sehr ausführliche Mittheilungen in der bereits erwähnten
Beschreibung des Blaufelchen von Wartmann (Nr. 37 a: pag. 205), welcher überhaupt die
Geschichte dieses Fisches am zuverlässigsten auseinander gesetzt hat.
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