Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.Gattung: Bliccopsis. der Würm von Dachau, aus der Amper und aus dem Chiemsee. Dieser Fischist aber noch weiter nach Osten verbreitet, da ich denselben auch einmal auf dem Salzburger Fischmarkte aus dem Wallersee angetroffen habe. Nach einem Exemplare, welches ich von Basel aus dem Rhein erhalten habe, zeigt es sich, dass die Verbreitung dieses Fisches sich bis zu dem Mittelrhein hinaufer- streckt und nicht bloss zufolge der Beobachtungen von Holandre, Selys- Longchamps und Schaefer auf den Niederrhein, auf die Mosel und Maas be- schränkt ist. Aber auch in den Flussgebieten der Weser, Elbe, Oder und Weichsel fehlt diese Fischform nicht, wie ich mich auf meiner im Jahre 1860 und 1861 durch Norddeutschland unternommenen ichthyologischen Reise überzeugt habe. Zu meiner grössten Ueberraschung wurde mir auch dieser Fisch theils als Bastard, theils als "Leiter" bezeichnet, so dass ich auf diese Weise den seit lange gesuchten "Leitfisch" des Buggenhagen sogar in zwei ver- schiedenen Formen als Abramidopsis Leuckartii und als Bliccopsis abramo- rutilus in die Hände bekam. Diese Gelegenheit liess ich daher nicht unge- nützt, um endlich einmal über die Existenz und Verbreitung des von so vielen Ichthyologen besprochenen und stets zweifelhaft gelassenen Cyprinus Buggen- hagii des Bloch nähere Auskunft zu erhalten. Bloch wurde bekanntlich die- ser Fisch unter dem Namen "Leiter" durch Herrn v. Buggenhagen aus Pom- mern zugesendet; leider hat Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische Deutschlands (Th. III. pag. 137) diesen Fisch unvollständig beschrieben und auf Tafel 95 noch unkenntlicher abgebildet. Da von Bloch die Beschaffenheit der Schlundknochen und Schlundzähne v. Siebold, Fische. 10
Gattung: Bliccopsis. der Würm von Dachau, aus der Amper und aus dem Chiemsee. Dieser Fischist aber noch weiter nach Osten verbreitet, da ich denselben auch einmal auf dem Salzburger Fischmarkte aus dem Wallersee angetroffen habe. Nach einem Exemplare, welches ich von Basel aus dem Rhein erhalten habe, zeigt es sich, dass die Verbreitung dieses Fisches sich bis zu dem Mittelrhein hinaufer- streckt und nicht bloss zufolge der Beobachtungen von Holandre, Selys- Longchamps und Schaefer auf den Niederrhein, auf die Mosel und Maas be- schränkt ist. Aber auch in den Flussgebieten der Weser, Elbe, Oder und Weichsel fehlt diese Fischform nicht, wie ich mich auf meiner im Jahre 1860 und 1861 durch Norddeutschland unternommenen ichthyologischen Reise überzeugt habe. Zu meiner grössten Ueberraschung wurde mir auch dieser Fisch theils als Bastard, theils als »Leiter« bezeichnet, so dass ich auf diese Weise den seit lange gesuchten »Leitfisch« des Buggenhagen sogar in zwei ver- schiedenen Formen als Abramidopsis Leuckartii und als Bliccopsis abramo- rutilus in die Hände bekam. Diese Gelegenheit liess ich daher nicht unge- nützt, um endlich einmal über die Existenz und Verbreitung des von so vielen Ichthyologen besprochenen und stets zweifelhaft gelassenen Cyprinus Buggen- hagii des Bloch nähere Auskunft zu erhalten. Bloch wurde bekanntlich die- ser Fisch unter dem Namen »Leiter« durch Herrn v. Buggenhagen aus Pom- mern zugesendet; leider hat Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische Deutschlands (Th. III. pag. 137) diesen Fisch unvollständig beschrieben und auf Tafel 95 noch unkenntlicher abgebildet. Da von Bloch die Beschaffenheit der Schlundknochen und Schlundzähne v. Siebold, Fische. 10
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Gattung: Bliccopsis.
der Würm von Dachau, aus der Amper und aus dem Chiemsee. Dieser Fisch
ist aber noch weiter nach Osten verbreitet, da ich denselben auch einmal auf
dem Salzburger Fischmarkte aus dem Wallersee angetroffen habe. Nach einem
Exemplare, welches ich von Basel aus dem Rhein erhalten habe, zeigt es sich,
dass die Verbreitung dieses Fisches sich bis zu dem Mittelrhein hinaufer-
streckt und nicht bloss zufolge der Beobachtungen von Holandre, Selys-
Longchamps und Schaefer auf den Niederrhein, auf die Mosel und Maas be-
schränkt ist. Aber auch in den Flussgebieten der Weser, Elbe, Oder und
Weichsel fehlt diese Fischform nicht, wie ich mich auf meiner im Jahre 1860
und 1861 durch Norddeutschland unternommenen ichthyologischen Reise
überzeugt habe. Zu meiner grössten Ueberraschung wurde mir auch dieser
Fisch theils als Bastard, theils als »Leiter« bezeichnet, so dass ich auf diese
Weise den seit lange gesuchten »Leitfisch« des Buggenhagen sogar in zwei ver-
schiedenen Formen als Abramidopsis Leuckartii und als Bliccopsis abramo-
rutilus in die Hände bekam. Diese Gelegenheit liess ich daher nicht unge-
nützt, um endlich einmal über die Existenz und Verbreitung des von so vielen
Ichthyologen besprochenen und stets zweifelhaft gelassenen Cyprinus Buggen-
hagii des Bloch nähere Auskunft zu erhalten. Bloch wurde bekanntlich die-
ser Fisch unter dem Namen »Leiter« durch Herrn v. Buggenhagen aus Pom-
mern zugesendet; leider hat Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische
Deutschlands (Th. III. pag. 137) diesen Fisch unvollständig beschrieben und
auf Tafel 95 noch unkenntlicher abgebildet.
Da von Bloch die Beschaffenheit der Schlundknochen und Schlundzähne
des Leiters ganz unbeachtet geblieben sind, so hat es derselbe den späteren
Ichthyologen unmöglich gemacht, darüber zu entscheiden, ob dieser Fisch den
Abramiden mit einreihigen oder den Abramiden mit zweireihigen Schlundzähnen
angehöre. Jedenfalls wird der Leiter zu den Abramiden mit mässig langer
Afterflosse gerechnet werden müssen, da von Bloch ausdrücklich angegeben
worden ist, dass der Leiter in seiner Afterflosse nur 19 Strahlen enthalte.
Nachdem später zwei andere Abramiden bekannt geworden sind, nämlich
Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-rutilus, welche sich, wie Cypri-
nus Buggenhagii, durch eine kürzere Afterflosse auszeichnen, so frägt es sich,
ob nicht der Leitfisch des Bloch mit einem der genannten Abramiden identisch
sei. Um mir hierüber Aufschluss zu verschaffen, habe ich in Berlin die ich-
thyologische Sammlung des dortigen zoologischen Cabinets, welches die
Original-Exemplare der Bloch’schen Fischsammlung enthält, gemustert und
mit Erlaubniss des Directors jenes Cabinets, des Herrn Professor Peters das
dortselbst aufbewahrte Original-Exemplar von Cyprinus Buggenhagii einer
genaueren Untersuchung unterworfen. Es war das einzige vorhandene Exem-
plar des Leiters 8 Zoll lang und sehr ausgebleicht, die Schwanzflosse erschien
sehr beschädigt und abgestossen, auch fehlten auf beiden Seiten des Körpers
v. Siebold, Fische. 10
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