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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Das andere Buch.
cher Verlust alles appetits zum Essen. Und
bezeuget hierbey die Erfahrung/ daß die sonst dem
Gifft widerstehende Mittel/ als da ist/ der The-
riak/ Mithridat/ Bezoar/ und dergleichen Anti-
dota,
gemeiniglich vergebens gebraucht werden;
wofern nicht zugleich ein/ der Eigenschafft des
Giffts proportionirter Klang/ der den gebisse-
nen durch einen verwunderlichen Consens, er
wolle/ oder wolle nicht/ zum Tantzen nöthiget/
biß er von Schwitzen gantz naß/ müde/ und abge-
mattet/ hinzu kompt. Welcher Schall dann
bey dem Verwundten so viel würcket/ daß der
hüpffende Patient/ nach Entgehung aller Kräff-
ten/ endlich gleichsam todt darnieder fället: biß
er über eine kleine Zeit durch Wein ein wenig auf-
gefrischt/ nach Erholung seiner Kräfften/ inner-
halb drey oder vier Tagen solche Täntze noch
viel hefftiger widerholet/ welches dann bey theils
drey/ vier/ sechs/ bey etlichen wol achtmalen ge-
schiehet.

Uber diese jetzt-erzehlte Sympathi von einer
zu dem Gifft sich schickenden Music/ spüret man
an den Verletzten/ noch eine andere/ nicht weni-
ger seltzame Eigenschafft/ die sie zu verscheidenen
dem Gifft ebenfals proportionirten Farben
tragen/ und an solchen ihre Augen belustigen.
Dann man siehet/ daß etliche an gelber/ andere
aber an rother Farbe eine sonderbare Beliebung
bezeigen: und so bald sie etwas/ welches die ihnen
gefällige Farbe hat/ erblicken/ fallen sie dasselbe

gantz

Das andere Buch.
cher Verluſt alles appetits zum Eſſen. Und
bezeuget hierbey die Erfahrung/ daß die ſonſt dem
Gifft widerſtehende Mittel/ als da iſt/ der The-
riak/ Mithridat/ Bezoar/ und dergleichen Anti-
dota,
gemeiniglich vergebens gebraucht werden;
wofern nicht zugleich ein/ der Eigenſchafft des
Giffts proportionirter Klang/ der den gebiſſe-
nen durch einen verwunderlichen Conſens, er
wolle/ oder wolle nicht/ zum Tantzen nöthiget/
biß er von Schwitzen gantz naß/ müde/ und abge-
mattet/ hinzu kompt. Welcher Schall dann
bey dem Verwundten ſo viel würcket/ daß der
hüpffende Patient/ nach Entgehung aller Kräff-
ten/ endlich gleichſam todt darnieder fället: biß
er über eine kleine Zeit durch Wein ein wenig auf-
gefriſcht/ nach Erholung ſeiner Kräfften/ inner-
halb drey oder vier Tagen ſolche Täntze noch
viel hefftiger widerholet/ welches dann bey theils
drey/ vier/ ſechs/ bey etlichen wol achtmalen ge-
ſchiehet.

Uber dieſe jetzt-erzehlte Sympathi von einer
zu dem Gifft ſich ſchickenden Muſic/ ſpüret man
an den Verletzten/ noch eine andere/ nicht weni-
ger ſeltzame Eigenſchafft/ die ſie zu verſcheidenen
dem Gifft ebenfals proportionirten Farben
tragen/ und an ſolchen ihre Augen beluſtigen.
Dann man ſiehet/ daß etliche an gelber/ andere
aber an rother Farbe eine ſonderbare Beliebung
bezeigen: und ſo bald ſie etwas/ welches die ihnen
gefällige Farbe hat/ erblicken/ fallen ſie daſſelbe

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[654/0820] Das andere Buch. cher Verluſt alles appetits zum Eſſen. Und bezeuget hierbey die Erfahrung/ daß die ſonſt dem Gifft widerſtehende Mittel/ als da iſt/ der The- riak/ Mithridat/ Bezoar/ und dergleichen Anti- dota, gemeiniglich vergebens gebraucht werden; wofern nicht zugleich ein/ der Eigenſchafft des Giffts proportionirter Klang/ der den gebiſſe- nen durch einen verwunderlichen Conſens, er wolle/ oder wolle nicht/ zum Tantzen nöthiget/ biß er von Schwitzen gantz naß/ müde/ und abge- mattet/ hinzu kompt. Welcher Schall dann bey dem Verwundten ſo viel würcket/ daß der hüpffende Patient/ nach Entgehung aller Kräff- ten/ endlich gleichſam todt darnieder fället: biß er über eine kleine Zeit durch Wein ein wenig auf- gefriſcht/ nach Erholung ſeiner Kräfften/ inner- halb drey oder vier Tagen ſolche Täntze noch viel hefftiger widerholet/ welches dann bey theils drey/ vier/ ſechs/ bey etlichen wol achtmalen ge- ſchiehet. Uber dieſe jetzt-erzehlte Sympathi von einer zu dem Gifft ſich ſchickenden Muſic/ ſpüret man an den Verletzten/ noch eine andere/ nicht weni- ger ſeltzame Eigenſchafft/ die ſie zu verſcheidenen dem Gifft ebenfals proportionirten Farben tragen/ und an ſolchen ihre Augen beluſtigen. Dann man ſiehet/ daß etliche an gelber/ andere aber an rother Farbe eine ſonderbare Beliebung bezeigen: und ſo bald ſie etwas/ welches die ihnen gefällige Farbe hat/ erblicken/ fallen ſie daſſelbe gantz

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/820>, abgerufen am 25.11.2024.