Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.Von der Natur. stet hatte/ vom Sathan versucht ward; dieseHöle bestehet gleichsam in drey Gemächern also von der Natur unterschieden. Der Eingang oder die erste Abtheilung ist rond/ hält ungefehr dreyssig Schritt im Umgang; die andere Höle ist länglicht/ ziemlich schmal und finster/ mag in viertzig Schritt lang seyn; das hinterste/ oder innerste Gemach/ ist klein/ und viereckigt/ allda siehet man annoch/ nicht ohne sonderbare Ge- müths-Bewegung/ die gantze Gestalt des HErrn Christi/ mit Kopff/ Schultern/ und Lenden/ also in den harten Felsen höchst verwun- derlich eingetruckt/ gleich ob es in Wachs gethan wäre. Zu oberst auf dem Felsen aber/ ist noch eine andere ziemlich geraume Höle/ zu welcher doch/ ohne äusserste Lebens-Gefahr nicht wol zu gelangen/ weilen der Enge/ an den Felß- Wänden über sich lauffende Fuß-Pfad/ kaum anderhalb Spannen breit ist. Jn dieser Höle/ siehet man eine Anzahl Personen/ welche ob sie verschieden/ oder nur entzucket sind/ niemand weiß/ weniger/ wer sie sind. Etliche stehen: Etliche liegen an den Wänden: Andere sitzen. Jhnen mangelt kein Haar/ und nichts als die Bewegung. Hiervon gedencket ein Geistli- cher Namens Bonifacius, in seinem Buch/ de perenni cultu Terrae Sanctae. In eodem Mon- te (schreibt er:) est etiam quaedam magna spelunca, sepulchrum poenitentium, id est, Anachoritarum vocata. Ibi enim innumera sunt
Von der Natur. ſtet hatte/ vom Sathan verſucht ward; dieſeHöle beſtehet gleichſam in drey Gemächern alſo von der Natur unterſchieden. Der Eingang oder die erſte Abtheilung iſt rond/ hält ungefehr dreyſſig Schritt im Umgang; die andere Höle iſt länglicht/ ziemlich ſchmal und finſter/ mag in viertzig Schritt lang ſeyn; das hinterſte/ oder innerſte Gemach/ iſt klein/ und viereckigt/ allda ſiehet man annoch/ nicht ohne ſonderbare Ge- müths-Bewegung/ die gantze Geſtalt des HErꝛn Chriſti/ mit Kopff/ Schultern/ und Lenden/ alſo in den harten Felſen höchſt verwun- derlich eingetruckt/ gleich ob es in Wachs gethan wäre. Zu oberſt auf dem Felſen aber/ iſt noch eine andere ziemlich geraume Höle/ zu welcher doch/ ohne äuſſerſte Lebens-Gefahr nicht wol zu gelangen/ weilen der Enge/ an den Felß- Wänden über ſich lauffende Fuß-Pfad/ kaum anderhalb Spannen breit iſt. Jn dieſer Höle/ ſiehet man eine Anzahl Perſonen/ welche ob ſie verſchieden/ oder nur entzucket ſind/ niemand weiß/ weniger/ wer ſie ſind. Etliche ſtehen: Etliche liegen an den Wänden: Andere ſitzen. Jhnen mangelt kein Haar/ und nichts als die Bewegung. Hiervon gedencket ein Geiſtli- cher Namens Bonifacius, in ſeinem Buch/ de perenni cultu Terræ Sanctæ. In eodem Mon- te (ſchreibt er:) eſt etiam quædam magna ſpelunca, ſepulchrum pœnitentium, id eſt, Anachoritarum vocata. Ibi enim innumera ſunt
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Von der Natur.
ſtet hatte/ vom Sathan verſucht ward; dieſe
Höle beſtehet gleichſam in drey Gemächern alſo
von der Natur unterſchieden. Der Eingang
oder die erſte Abtheilung iſt rond/ hält ungefehr
dreyſſig Schritt im Umgang; die andere Höle
iſt länglicht/ ziemlich ſchmal und finſter/ mag in
viertzig Schritt lang ſeyn; das hinterſte/ oder
innerſte Gemach/ iſt klein/ und viereckigt/ allda
ſiehet man annoch/ nicht ohne ſonderbare Ge-
müths-Bewegung/ die gantze Geſtalt des
HErꝛn Chriſti/ mit Kopff/ Schultern/ und
Lenden/ alſo in den harten Felſen höchſt verwun-
derlich eingetruckt/ gleich ob es in Wachs gethan
wäre. Zu oberſt auf dem Felſen aber/ iſt noch
eine andere ziemlich geraume Höle/ zu welcher
doch/ ohne äuſſerſte Lebens-Gefahr nicht wol
zu gelangen/ weilen der Enge/ an den Felß-
Wänden über ſich lauffende Fuß-Pfad/ kaum
anderhalb Spannen breit iſt. Jn dieſer Höle/
ſiehet man eine Anzahl Perſonen/ welche ob ſie
verſchieden/ oder nur entzucket ſind/ niemand
weiß/ weniger/ wer ſie ſind. Etliche ſtehen:
Etliche liegen an den Wänden: Andere ſitzen.
Jhnen mangelt kein Haar/ und nichts als die
Bewegung. Hiervon gedencket ein Geiſtli-
cher Namens Bonifacius, in ſeinem Buch/ de
perenni cultu Terræ Sanctæ. In eodem Mon-
te (ſchreibt er:) eſt etiam quædam magna
ſpelunca, ſepulchrum pœnitentium, id eſt,
Anachoritarum vocata. Ibi enim innumera
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Zitationshilfe: | Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/639>, abgerufen am 16.07.2024. |