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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Von der Natur.
Stein gewordenen Wasser/ wie auch eine Orgel
mit Pfeiffen-Werck die einen Laut von sich ge-
ben/ formiret hätte zu sehen. Hierauf geschahe
ein Zulauffen zu dieser Höle/ viele wolten die
steinerne Bilder und Orgel sehen. Es befand
sich aber auf eingenommenen Augenschein meh-
res nicht/ denn daß zwar verscheidene ledige
Stein-Stücke die aus dem abtropffenden Was-
ser entstanden/ da stunden; sie hatten zwar aller-
hand seltzame/ aber darum keine Menschliche
Form: Also auch war es mit der Orgel be-
schaffen: Man sahe eine Anzahl schmaler/ kaum
drey Finger dücker/ ungleicher Länge gelb-glat-
ter Steine mit dem spitzigen Ort über sich/ neben
einander aufrecht stehen. Wann man an einen
mit einem Stecken schluge/ gab er ein ziemlichen
Laut/ gröber oder kleiner/ dunckler oder heller/
etliche/ so abgeschlagen worden/ befand man im
Kern mit einem subtilen Löchlein durchboret.
Wann man alsdann daran schluge/ gaben sie
einen Thon wie eine zerbrochene Schelle/ doch
etwas heller. Woraus zu schliessen/ daß die in
dergleichen finstern Hölen enthaltene Wunder
GOttes in der Natur/ mit genauerer Aufmer-
ckung wollen beschauet seyn; will nachmal in
deren Beschreibung der Sachen/ man nicht zu
viel thun.

40. Jn erst-erwähnten Italien/ am Ge-
bürg Apennino, bey dem Ursprung des Flusses
Aniano, unweit Vicouaro, hat es im Gebürge

etliche

Von der Natur.
Stein gewordenen Waſſer/ wie auch eine Orgel
mit Pfeiffen-Werck die einen Laut von ſich ge-
ben/ formiret hätte zu ſehen. Hierauf geſchahe
ein Zulauffen zu dieſer Höle/ viele wolten die
ſteinerne Bilder und Orgel ſehen. Es befand
ſich aber auf eingenommenen Augenſchein meh-
res nicht/ denn daß zwar verſcheidene ledige
Stein-Stücke die aus dem abtropffenden Waſ-
ſer entſtanden/ da ſtunden; ſie hatten zwar aller-
hand ſeltzame/ aber darum keine Menſchliche
Form: Alſo auch war es mit der Orgel be-
ſchaffen: Man ſahe eine Anzahl ſchmaler/ kaum
drey Finger dücker/ ungleicher Länge gelb-glat-
ter Steine mit dem ſpitzigen Ort über ſich/ neben
einander aufrecht ſtehen. Wann man an einen
mit einem Stecken ſchluge/ gab er ein ziemlichen
Laut/ gröber oder kleiner/ dunckler oder heller/
etliche/ ſo abgeſchlagen worden/ befand man im
Kern mit einem ſubtilen Löchlein durchboret.
Wann man alsdann daran ſchluge/ gaben ſie
einen Thon wie eine zerbrochene Schelle/ doch
etwas heller. Woraus zu ſchlieſſen/ daß die in
dergleichen finſtern Hölen enthaltene Wunder
GOttes in der Natur/ mit genauerer Aufmer-
ckung wollen beſchauet ſeyn; will nachmal in
deren Beſchreibung der Sachen/ man nicht zu
viel thun.

40. Jn erſt-erwähnten Italien/ am Ge-
bürg Apennino, bey dem Urſprung des Fluſſes
Aniano, unweit Vicouaro, hat es im Gebürge

etliche
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[507/0635] Von der Natur. Stein gewordenen Waſſer/ wie auch eine Orgel mit Pfeiffen-Werck die einen Laut von ſich ge- ben/ formiret hätte zu ſehen. Hierauf geſchahe ein Zulauffen zu dieſer Höle/ viele wolten die ſteinerne Bilder und Orgel ſehen. Es befand ſich aber auf eingenommenen Augenſchein meh- res nicht/ denn daß zwar verſcheidene ledige Stein-Stücke die aus dem abtropffenden Waſ- ſer entſtanden/ da ſtunden; ſie hatten zwar aller- hand ſeltzame/ aber darum keine Menſchliche Form: Alſo auch war es mit der Orgel be- ſchaffen: Man ſahe eine Anzahl ſchmaler/ kaum drey Finger dücker/ ungleicher Länge gelb-glat- ter Steine mit dem ſpitzigen Ort über ſich/ neben einander aufrecht ſtehen. Wann man an einen mit einem Stecken ſchluge/ gab er ein ziemlichen Laut/ gröber oder kleiner/ dunckler oder heller/ etliche/ ſo abgeſchlagen worden/ befand man im Kern mit einem ſubtilen Löchlein durchboret. Wann man alsdann daran ſchluge/ gaben ſie einen Thon wie eine zerbrochene Schelle/ doch etwas heller. Woraus zu ſchlieſſen/ daß die in dergleichen finſtern Hölen enthaltene Wunder GOttes in der Natur/ mit genauerer Aufmer- ckung wollen beſchauet ſeyn; will nachmal in deren Beſchreibung der Sachen/ man nicht zu viel thun. 40. Jn erſt-erwähnten Italien/ am Ge- bürg Apennino, bey dem Urſprung des Fluſſes Aniano, unweit Vicouaro, hat es im Gebürge etliche

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/635>, abgerufen am 16.07.2024.