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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Von der Natur.
Chur-Fürsten in Bayern übersandt/ und zu
München drey Tag lang öffentlich zuschauen aus-
gestellt: Unter dessen aber durch die angezogene
Lufft sehr befeuchtet; endlich auch gar und gantz
in Wasser resolviret.Kircherus.

13. Jm Jahr 967. begab es sich/ als
Grav Otto in Oldenburg regierete/ daß einsten
er auf der Jagd/ an deme so genandten Berne-
Feuers-Holtz ein Wild angetroffen/ und dasselbe
biß an den Ofen-Berg gantz allein verfolget hat.
Als nun der Grav mitten auf dem Berge still
hielte/ und nach seinem Wind-Spielen sich um
sahe; auch wegen Hitze/ nach einem kühlen
Trunck verlangete: Tratt aus einer Klufft am
Berge/ eine schöne wolgekleidete Jungfrau/ in
fliegenden Haaren/ und einem aufhabenden
Kräntzlein für ihne/ in der Hand haltend/ ein
köstlich/ Silber vergultes Jäger-Horn/ mit ei-
nem besondern Tranck angefüllet/ die ersuchte
den Graven/ daß zu seiner Erlabung er davon
trincken wolte. Der Grav empfieng von ihr
das Horn mit dem Tranck/ besahe denselben/
schüttelte ihn durch einander/ wolte aber nicht
trincken. Die Jungfrau da sie solches mercke-
te/ redete ihm zu/ er solte auf guten Trauen trin-
cken/ sintemal dieser Tranck ihme/ und seinen
Nachkommen wol erspriessen/ auch hierdurch/
das gantze Gräveliche Oldenburgische Haus zu
mercklicher Aufnahm gedeyen würde. Wo-
fern aber er ihren Worten nicht glauben beymes-

sen/

Von der Natur.
Chur-Fürſten in Bayern überſandt/ und zu
München dꝛey Tag lang öffentlich zuſchauẽ aus-
geſtellt: Unter deſſen aber durch die angezogene
Lufft ſehr befeuchtet; endlich auch gar und gantz
in Waſſer reſolviret.Kircherus.

13. Jm Jahr 967. begab es ſich/ als
Grav Otto in Oldenburg regierete/ daß einſten
er auf der Jagd/ an deme ſo genandten Berne-
Feuers-Holtz ein Wild angetroffen/ und daſſelbe
biß an den Ofen-Berg gantz allein verfolget hat.
Als nun der Grav mitten auf dem Berge ſtill
hielte/ und nach ſeinem Wind-Spielen ſich um
ſahe; auch wegen Hitze/ nach einem kühlen
Trunck verlangete: Tratt aus einer Klufft am
Berge/ eine ſchöne wolgekleidete Jungfrau/ in
fliegenden Haaren/ und einem aufhabenden
Kräntzlein für ihne/ in der Hand haltend/ ein
köſtlich/ Silber vergultes Jäger-Horn/ mit ei-
nem beſondern Tranck angefüllet/ die erſuchte
den Graven/ daß zu ſeiner Erlabung er davon
trincken wolte. Der Grav empfieng von ihr
das Horn mit dem Tranck/ beſahe denſelben/
ſchüttelte ihn durch einander/ wolte aber nicht
trincken. Die Jungfrau da ſie ſolches mercke-
te/ redete ihm zu/ er ſolte auf guten Trauen trin-
cken/ ſintemal dieſer Tranck ihme/ und ſeinen
Nachkommen wol erſprieſſen/ auch hierdurch/
das gantze Gräveliche Oldenburgiſche Haus zu
mercklicher Aufnahm gedeyen würde. Wo-
fern aber er ihren Worten nicht glauben beymeſ-

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[443/0559] Von der Natur. Chur-Fürſten in Bayern überſandt/ und zu München dꝛey Tag lang öffentlich zuſchauẽ aus- geſtellt: Unter deſſen aber durch die angezogene Lufft ſehr befeuchtet; endlich auch gar und gantz in Waſſer reſolviret.Kircherus. 13. Jm Jahr 967. begab es ſich/ als Grav Otto in Oldenburg regierete/ daß einſten er auf der Jagd/ an deme ſo genandten Berne- Feuers-Holtz ein Wild angetroffen/ und daſſelbe biß an den Ofen-Berg gantz allein verfolget hat. Als nun der Grav mitten auf dem Berge ſtill hielte/ und nach ſeinem Wind-Spielen ſich um ſahe; auch wegen Hitze/ nach einem kühlen Trunck verlangete: Tratt aus einer Klufft am Berge/ eine ſchöne wolgekleidete Jungfrau/ in fliegenden Haaren/ und einem aufhabenden Kräntzlein für ihne/ in der Hand haltend/ ein köſtlich/ Silber vergultes Jäger-Horn/ mit ei- nem beſondern Tranck angefüllet/ die erſuchte den Graven/ daß zu ſeiner Erlabung er davon trincken wolte. Der Grav empfieng von ihr das Horn mit dem Tranck/ beſahe denſelben/ ſchüttelte ihn durch einander/ wolte aber nicht trincken. Die Jungfrau da ſie ſolches mercke- te/ redete ihm zu/ er ſolte auf guten Trauen trin- cken/ ſintemal dieſer Tranck ihme/ und ſeinen Nachkommen wol erſprieſſen/ auch hierdurch/ das gantze Gräveliche Oldenburgiſche Haus zu mercklicher Aufnahm gedeyen würde. Wo- fern aber er ihren Worten nicht glauben beymeſ- ſen/

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/559>, abgerufen am 22.11.2024.