Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.Von der Natur. also achten/ erinnern wollen/ sie sollen doch ihremVerstand und Spitzfindigkeit nicht allzu wol trauen/ ob hätten sie die gantze Natur/ das ist/ alle Werck und Weißheit GOttes vollkommen ergründet. Viel mehr gedencken/ daß wie in diesem Buch Hiobs am 26. stehet/ sie kaum ein geringes Wörtlein darvon vernommen/ über welchem noch so geringen Wörtlein sie sich doch auch nicht vereinigen können/ sondern immerhin in einem grossen Streit und Misverstand unter sich stehen. Es meinen zwar die Sternseher/ sie haben den Himmel/ und an demselben die Ei- genschafften des Gestirns/ dessen Grösse/ und Würckungen eigentlich ergründet. Man lässet diese opinion auch in seinem Wehrt beruhen; und mus sich über die subtile Ingenia verwun- dern. Doch wird auch der bey Gott gewislich für kein Jumentum und Narren geachtet seyn/ der die Wort des Propheten Jeremiae wird gelten lassen/ da GOtt im 31. Capitel also redet: Wann man den Himmel oben kan messen/ und den Grund der Erden kan erforschen/ das ist/ daß solches allen Menschen unmöglich seyn und bleiben werde/ es geschehe dann in Mitwürckung des Geistes GOttes/ der alle Ding durchforschet und auch die Tieffe des Schöpffers durchgründet/ dahin zielet GOTT selbsten in vorangezogenen Ge- spräch mit Hiob/ da er ihn auch fraget: Wer gibt die Weißheit ins Verborgen? Wer gibt ver- C v
Von der Natur. alſo achten/ erinnern wollen/ ſie ſollen doch ihremVerſtand und Spitzfindigkeit nicht allzu wol trauen/ ob hätten ſie die gantze Natur/ das iſt/ alle Werck und Weißheit GOttes vollkommen ergründet. Viel mehr gedencken/ daß wie in dieſem Buch Hiobs am 26. ſtehet/ ſie kaum ein geringes Wörtlein darvon vernommen/ über welchem noch ſo geringen Wörtlein ſie ſich doch auch nicht vereinigen können/ ſondern immerhin in einem groſſen Streit und Misverſtand unter ſich ſtehen. Es meinen zwar die Sternſeher/ ſie haben den Himmel/ und an demſelben die Ei- genſchafften des Geſtirns/ deſſen Gröſſe/ und Würckungen eigentlich ergründet. Man läſſet dieſe opinion auch in ſeinem Wehrt beruhen; und mus ſich über die ſubtile Ingenia verwun- dern. Doch wird auch der bey Gott gewislich für kein Jumentum und Narꝛen geachtet ſeyn/ der die Wort des Propheten Jeremiæ wiꝛd gelten laſſen/ da GOtt im 31. Capitel alſo redet: Wann man den Himmel oben kan meſſen/ und den Grund der Erden kan erforſchen/ das iſt/ daß ſolches allen Menſchen unmöglich ſeyn und bleiben werde/ es geſchehe dann in Mitwürckung des Geiſtes GOttes/ der alle Ding durchforſchet und auch die Tieffe des Schöpffers durchgründet/ dahin zielet GOTT ſelbſten in vorangezogenen Ge- ſpräch mit Hiob/ da er ihn auch fraget: Wer gibt die Weißheit ins Verborgen? Wer gibt ver- C v
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Von der Natur.
alſo achten/ erinnern wollen/ ſie ſollen doch ihrem
Verſtand und Spitzfindigkeit nicht allzu wol
trauen/ ob hätten ſie die gantze Natur/ das iſt/
alle Werck und Weißheit GOttes vollkommen
ergründet. Viel mehr gedencken/ daß wie in
dieſem Buch Hiobs am 26. ſtehet/ ſie kaum ein
geringes Wörtlein darvon vernommen/ über
welchem noch ſo geringen Wörtlein ſie ſich doch
auch nicht vereinigen können/ ſondern immerhin
in einem groſſen Streit und Misverſtand unter
ſich ſtehen. Es meinen zwar die Sternſeher/ ſie
haben den Himmel/ und an demſelben die Ei-
genſchafften des Geſtirns/ deſſen Gröſſe/ und
Würckungen eigentlich ergründet. Man läſſet
dieſe opinion auch in ſeinem Wehrt beruhen;
und mus ſich über die ſubtile Ingenia verwun-
dern. Doch wird auch der bey Gott gewislich für
kein Jumentum und Narꝛen geachtet ſeyn/ der die
Wort des Propheten Jeremiæ wiꝛd gelten laſſen/
da GOtt im 31. Capitel alſo redet: Wann man
den Himmel oben kan meſſen/ und den Grund der
Erden kan erforſchen/ das iſt/ daß ſolches allen
Menſchen unmöglich ſeyn und bleiben werde/
es geſchehe dann in Mitwürckung des Geiſtes
GOttes/ der alle Ding durchforſchet und auch
die Tieffe des Schöpffers durchgründet/ dahin
zielet GOTT ſelbſten in vorangezogenen Ge-
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Zitationshilfe: | Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/131>, abgerufen am 16.08.2024. |