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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Von Gannewitz aus ist ein hoher furchtbar steiler
Berg, weit steiler als der Sömmering; so dass vier und
dreyssig Ochsen und sechs Pferde an einem Frachtwa¬
gen zogen, den die sechs Pferde auf gewöhnlichen
Wegen allein fort brachten. Die Berge sind hier mei¬
stens mit schönen Buchen bewachsen, da sie an der
Murr fast durchaus mit Schwarzwald bedeckt sind.

In Cilly kam ich ziemlich spät an, und that mir güt¬
lich in sehr gutem Bier, das nun ziemlich selten zu wer¬
den anfängt. Ich muss aus Verzweiflung Wein trin¬
ken, und zwar viel; denn sonst würde man mich ohne
Barmherzigkeit auf ein Strohlager weisen, und wenn
ich auch noch so sehr mit dem Gelde klingelte. Es
wurde hier bey meiner späten Ankunft so stark ge¬
schossen und geschrien, dass ich glaubte es wäre Re¬
volution im Lande. Wie ich näher kam hörte ich,
dass es Schlittenfahrten waren. In Cilly hätte ich
auch bald meine Laufbahn geschlossen: das ging so
zu. Ich ass gut und viel, wie gewöhnlich, in der
Wirthsstube, und hatte bestellt, mir ein gutes Zimmer
recht warm zu machen, weil es fürchterlich kalt war:
denn die steyermärkischen und krainerischen Winter
halten sich in gutem Kredit, und der jetzige ist vor¬
züglich strenge. Nach der Mahlzeit ging ich auf das
Zimmer, zog mich aus, stellte mich einige Minuten an
den Ofen, und legte mich zu Bette. Du weisst dass
ich ein gar gesunder Kerl bin und jeden Tag gut esse,
und jede Nacht gut schlafe. So auch hier. Aber es
mochte vielleicht gegen vier Uhr des Morgens seyn,
als ich durch eine furchtbare Angst geweckt wurde
und den Kopf kaum heben konnte. So viel hatte ich

Von Gannewitz aus ist ein hoher furchtbar steiler
Berg, weit steiler als der Sömmering; so daſs vier und
dreyſsig Ochsen und sechs Pferde an einem Frachtwa¬
gen zogen, den die sechs Pferde auf gewöhnlichen
Wegen allein fort brachten. Die Berge sind hier mei¬
stens mit schönen Buchen bewachsen, da sie an der
Murr fast durchaus mit Schwarzwald bedeckt sind.

In Cilly kam ich ziemlich spät an, und that mir güt¬
lich in sehr gutem Bier, das nun ziemlich selten zu wer¬
den anfängt. Ich muſs aus Verzweiflung Wein trin¬
ken, und zwar viel; denn sonst würde man mich ohne
Barmherzigkeit auf ein Strohlager weisen, und wenn
ich auch noch so sehr mit dem Gelde klingelte. Es
wurde hier bey meiner späten Ankunft so stark ge¬
schossen und geschrien, daſs ich glaubte es wäre Re¬
volution im Lande. Wie ich näher kam hörte ich,
daſs es Schlittenfahrten waren. In Cilly hätte ich
auch bald meine Laufbahn geschlossen: das ging so
zu. Ich aſs gut und viel, wie gewöhnlich, in der
Wirthsstube, und hatte bestellt, mir ein gutes Zimmer
recht warm zu machen, weil es fürchterlich kalt war:
denn die steyermärkischen und krainerischen Winter
halten sich in gutem Kredit, und der jetzige ist vor¬
züglich strenge. Nach der Mahlzeit ging ich auf das
Zimmer, zog mich aus, stellte mich einige Minuten an
den Ofen, und legte mich zu Bette. Du weiſst daſs
ich ein gar gesunder Kerl bin und jeden Tag gut esse,
und jede Nacht gut schlafe. So auch hier. Aber es
mochte vielleicht gegen vier Uhr des Morgens seyn,
als ich durch eine furchtbare Angst geweckt wurde
und den Kopf kaum heben konnte. So viel hatte ich

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[61/0087] Von Gannewitz aus ist ein hoher furchtbar steiler Berg, weit steiler als der Sömmering; so daſs vier und dreyſsig Ochsen und sechs Pferde an einem Frachtwa¬ gen zogen, den die sechs Pferde auf gewöhnlichen Wegen allein fort brachten. Die Berge sind hier mei¬ stens mit schönen Buchen bewachsen, da sie an der Murr fast durchaus mit Schwarzwald bedeckt sind. In Cilly kam ich ziemlich spät an, und that mir güt¬ lich in sehr gutem Bier, das nun ziemlich selten zu wer¬ den anfängt. Ich muſs aus Verzweiflung Wein trin¬ ken, und zwar viel; denn sonst würde man mich ohne Barmherzigkeit auf ein Strohlager weisen, und wenn ich auch noch so sehr mit dem Gelde klingelte. Es wurde hier bey meiner späten Ankunft so stark ge¬ schossen und geschrien, daſs ich glaubte es wäre Re¬ volution im Lande. Wie ich näher kam hörte ich, daſs es Schlittenfahrten waren. In Cilly hätte ich auch bald meine Laufbahn geschlossen: das ging so zu. Ich aſs gut und viel, wie gewöhnlich, in der Wirthsstube, und hatte bestellt, mir ein gutes Zimmer recht warm zu machen, weil es fürchterlich kalt war: denn die steyermärkischen und krainerischen Winter halten sich in gutem Kredit, und der jetzige ist vor¬ züglich strenge. Nach der Mahlzeit ging ich auf das Zimmer, zog mich aus, stellte mich einige Minuten an den Ofen, und legte mich zu Bette. Du weiſst daſs ich ein gar gesunder Kerl bin und jeden Tag gut esse, und jede Nacht gut schlafe. So auch hier. Aber es mochte vielleicht gegen vier Uhr des Morgens seyn, als ich durch eine furchtbare Angst geweckt wurde und den Kopf kaum heben konnte. So viel hatte ich

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/87>, abgerufen am 24.11.2024.