Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.und Uneigennützigkeit der königlichen Freundschaften; In Weimar freute ich mich einige Männer wie¬ und Uneigennützigkeit der königlichen Freundschaften; In Weimar freute ich mich einige Männer wie¬ <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0516" n="488 "/> und Uneigennützigkeit der königlichen Freundschaften;<lb/> ich verglich den Verlust des Königs mit seinem Ge¬<lb/> winn; ich überdachte die alten, rechtlichen Ansprü¬<lb/> che, die Sachsen wirklich noch machen konnte und<lb/> machen muſste. Wenn Sachsen eine Macht von hun¬<lb/> dert tausend Mann wäre, so würde die gewöhnliche<lb/> Politik das Verfahren rechtfertigen. Jetzt mag es alles<lb/> seyn was Du willst, nur ist es nicht freundschaftlich.<lb/> Mich däucht, daſs man in Dresden doch wohl etwas<lb/> lebendigere wirksamere Maſsregeln hätte nehmen kön¬<lb/> nen und sollen. Es war voraus zu sehen. Die Leipzi¬<lb/> ger werden die Folgen spüren. Freylich wird man<lb/> vielleicht die ersten zehn Jahre nichts oder wenig<lb/> thun; aber man hat doch nun die Kneipzange von<lb/> beyden Seiten in den Händen, und kann sicher das<lb/><hi rendition="#i">festina lente</hi> spielen. Politisch muſs man immer den¬<lb/> ken, was geschehen kann wird geschehen. Der ge¬<lb/> genwärtige Schritt rechtfertigt die Furcht vor dem<lb/> künftigen. Zutrauen giebt das nicht. Ich hätte von<lb/> Berlin in diesen Verhältnissen zu Dresden solche Re¬<lb/> sultate nicht erwartet.</p><lb/> <p>In Weimar freute ich mich einige Männer wie¬<lb/> der zu sehen, die das ganze Vaterland ehrt. Der Pa¬<lb/> triarch Wieland und der wirklich wackere Böttiger em¬<lb/> pfingen mich mit freundschaftlicher Wärme zurück.<lb/> Die Herzogin Mutter hatte die Güte, mit vieler Theil¬<lb/> nahme sich nach ihren Freunden diesseit und jenseit<lb/> der Pontinen zu erkundigen und den unbefangenen<lb/> Pilger mit Freundlichkeit zu sich zu laden. Jeder¬<lb/> mann kennt und schätzt sie als die verehrungswürdig¬<lb/> ste Matrone, wenn sie auch nicht Fürstin wäre.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [488 /0516]
und Uneigennützigkeit der königlichen Freundschaften;
ich verglich den Verlust des Königs mit seinem Ge¬
winn; ich überdachte die alten, rechtlichen Ansprü¬
che, die Sachsen wirklich noch machen konnte und
machen muſste. Wenn Sachsen eine Macht von hun¬
dert tausend Mann wäre, so würde die gewöhnliche
Politik das Verfahren rechtfertigen. Jetzt mag es alles
seyn was Du willst, nur ist es nicht freundschaftlich.
Mich däucht, daſs man in Dresden doch wohl etwas
lebendigere wirksamere Maſsregeln hätte nehmen kön¬
nen und sollen. Es war voraus zu sehen. Die Leipzi¬
ger werden die Folgen spüren. Freylich wird man
vielleicht die ersten zehn Jahre nichts oder wenig
thun; aber man hat doch nun die Kneipzange von
beyden Seiten in den Händen, und kann sicher das
festina lente spielen. Politisch muſs man immer den¬
ken, was geschehen kann wird geschehen. Der ge¬
genwärtige Schritt rechtfertigt die Furcht vor dem
künftigen. Zutrauen giebt das nicht. Ich hätte von
Berlin in diesen Verhältnissen zu Dresden solche Re¬
sultate nicht erwartet.
In Weimar freute ich mich einige Männer wie¬
der zu sehen, die das ganze Vaterland ehrt. Der Pa¬
triarch Wieland und der wirklich wackere Böttiger em¬
pfingen mich mit freundschaftlicher Wärme zurück.
Die Herzogin Mutter hatte die Güte, mit vieler Theil¬
nahme sich nach ihren Freunden diesseit und jenseit
der Pontinen zu erkundigen und den unbefangenen
Pilger mit Freundlichkeit zu sich zu laden. Jeder¬
mann kennt und schätzt sie als die verehrungswürdig¬
ste Matrone, wenn sie auch nicht Fürstin wäre.
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