ziehung interessant sind. Der Garten und vorzüglich die Orangerie wird in guter Ordnung gehalten. Sie ist schön, und es ist wohl wahrscheinlich, was man sagt, dass Bäume dabey sind, die schon unter Hein¬ rich dem Vierten hier gestanden haben. Die Parthien nach Trianon hinüber sind noch eben so schön, als sie vor zwanzig Jahren waren. Die Versailler, welche unstreitig von allen am meisten durch die Revolution verloren haben und bey denen das monarchische We¬ sen vielleicht noch am festesten sitzt, schmeicheln sich, dass der Hof wieder hierher kommen werde, damit sie doch nicht gänzlich zu Grunde gehen. Das ist ge¬ radezu ihre Sprache und ihr Ausdruck; und sie haben wohl daran nicht Unrecht. Wenn sie vom Grosskon¬ sul sprechen, nennen sie sein Gefolge seinen Hof; und wenn man die Sache recht ohne Vorurtheil nimmt, ist er absoluter und despotischer als irgend ein König von Frankreich war, von Hugo Kapet bis zum letzten unglück¬ lichen Ludwig. Jetzt wird St. Cloud für ihn eingerichtet.
Gestern habe ich ihn auch endlich gesehen, den Korsen, der der grossen Nation mit zehnfachem Wucher zurück giebt, was die grosse Nation seine kleine seit langer Zeit hatte empfinden lassen. Es war der vier¬ zehnte July und ein grosses Volksfest, wo der ganze Pomp der seligen Republik hinter ihm herzog. Früh hielt er grosse Parade auf dem Hofe der Tuilerien, wo alles Militär in Paris und einige Regimenter in der Nachbarschaft die Revüe passierten. Ich hatte daher Gelegenheit zugleich die schönsten Truppen von Frank¬ reich zu sehen. Die Konsulargarde ist unstreitig ein Korps von den schönsten Männern, die man an Ei¬
ziehung interessant sind. Der Garten und vorzüglich die Orangerie wird in guter Ordnung gehalten. Sie ist schön, und es ist wohl wahrscheinlich, was man sagt, daſs Bäume dabey sind, die schon unter Hein¬ rich dem Vierten hier gestanden haben. Die Parthien nach Trianon hinüber sind noch eben so schön, als sie vor zwanzig Jahren waren. Die Versailler, welche unstreitig von allen am meisten durch die Revolution verloren haben und bey denen das monarchische We¬ sen vielleicht noch am festesten sitzt, schmeicheln sich, daſs der Hof wieder hierher kommen werde, damit sie doch nicht gänzlich zu Grunde gehen. Das ist ge¬ radezu ihre Sprache und ihr Ausdruck; und sie haben wohl daran nicht Unrecht. Wenn sie vom Groſskon¬ sul sprechen, nennen sie sein Gefolge seinen Hof; und wenn man die Sache recht ohne Vorurtheil nimmt, ist er absoluter und despotischer als irgend ein König von Frankreich war, von Hugo Kapet bis zum letzten unglück¬ lichen Ludwig. Jetzt wird St. Cloud für ihn eingerichtet.
Gestern habe ich ihn auch endlich gesehen, den Korsen, der der groſsen Nation mit zehnfachem Wucher zurück giebt, was die groſse Nation seine kleine seit langer Zeit hatte empfinden lassen. Es war der vier¬ zehnte July und ein groſses Volksfest, wo der ganze Pomp der seligen Republik hinter ihm herzog. Früh hielt er groſse Parade auf dem Hofe der Tuilerien, wo alles Militär in Paris und einige Regimenter in der Nachbarschaft die Revüe passierten. Ich hatte daher Gelegenheit zugleich die schönsten Truppen von Frank¬ reich zu sehen. Die Konsulargarde ist unstreitig ein Korps von den schönsten Männern, die man an Ei¬
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[454 /0482]
ziehung interessant sind. Der Garten und vorzüglich
die Orangerie wird in guter Ordnung gehalten. Sie
ist schön, und es ist wohl wahrscheinlich, was man
sagt, daſs Bäume dabey sind, die schon unter Hein¬
rich dem Vierten hier gestanden haben. Die Parthien
nach Trianon hinüber sind noch eben so schön, als
sie vor zwanzig Jahren waren. Die Versailler, welche
unstreitig von allen am meisten durch die Revolution
verloren haben und bey denen das monarchische We¬
sen vielleicht noch am festesten sitzt, schmeicheln sich,
daſs der Hof wieder hierher kommen werde, damit
sie doch nicht gänzlich zu Grunde gehen. Das ist ge¬
radezu ihre Sprache und ihr Ausdruck; und sie haben
wohl daran nicht Unrecht. Wenn sie vom Groſskon¬
sul sprechen, nennen sie sein Gefolge seinen Hof; und
wenn man die Sache recht ohne Vorurtheil nimmt,
ist er absoluter und despotischer als irgend ein König von
Frankreich war, von Hugo Kapet bis zum letzten unglück¬
lichen Ludwig. Jetzt wird St. Cloud für ihn eingerichtet.
Gestern habe ich ihn auch endlich gesehen, den
Korsen, der der groſsen Nation mit zehnfachem Wucher
zurück giebt, was die groſse Nation seine kleine seit
langer Zeit hatte empfinden lassen. Es war der vier¬
zehnte July und ein groſses Volksfest, wo der ganze
Pomp der seligen Republik hinter ihm herzog. Früh
hielt er groſse Parade auf dem Hofe der Tuilerien,
wo alles Militär in Paris und einige Regimenter in der
Nachbarschaft die Revüe passierten. Ich hatte daher
Gelegenheit zugleich die schönsten Truppen von Frank¬
reich zu sehen. Die Konsulargarde ist unstreitig ein
Korps von den schönsten Männern, die man an Ei¬
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 454 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/482>, abgerufen am 25.11.2024.
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